Und willst Du des Zaubers sicher sein, So besuche Melros' bei Mondenschein; Die goldne Sonne, des Tages Licht, Sie passen zu seinen Trümmern nicht. Wenn die Bögen und Nischen im Schatten stehn, Die Ecken und Pfeiler wie Silber sehn, Wenn das weiße, kalte, zitternde Licht Um den Mittelthurm seine Guirlanden flicht, Wenn die Strebepfeiler sich wechselnd reihn, Halb Ebenholz, halb Elfenbein, Wenn's schneeig auf allen Gräbern liegt Und die weißen Figuren noch weißer umschmiegt, Wenn das Rauschen des Tweed, weitab gehört, Wie Summen die nächtige Stille stört, - Ja, dann tritt ein; bei Mondenschein Besuche Melros' und - thu' es allein.
Wir konnten diesem guten Rathe Walter Scott's (Gesang 2 in the lay of the last Minstrel) leider nicht nachkommen; denn es dämmerte kaum, als wir von Edinburg aufbrachen und schon um 10 Uhr Vormittags trafen wir an Ort und Stelle ein. Das Städtchen Melrose, nur etwa vier deutsche Meilen von der englischen Grenze entfernt, liegt am Tweed, zum Theil an
XXVI Melrose-Abbey.
Und willst Du des Zaubers sicher sein, So besuche Melros’ bei Mondenschein; Die goldne Sonne, des Tages Licht, Sie passen zu seinen Trümmern nicht. Wenn die Bögen und Nischen im Schatten stehn, Die Ecken und Pfeiler wie Silber sehn, Wenn das weiße, kalte, zitternde Licht Um den Mittelthurm seine Guirlanden flicht, Wenn die Strebepfeiler sich wechselnd reihn, Halb Ebenholz, halb Elfenbein, Wenn’s schneeig auf allen Gräbern liegt Und die weißen Figuren noch weißer umschmiegt, Wenn das Rauschen des Tweed, weitab gehört, Wie Summen die nächtige Stille stört, – Ja, dann tritt ein; bei Mondenschein Besuche Melros’ und – thu’ es allein.
Wir konnten diesem guten Rathe Walter Scott’s (Gesang 2 in the lay of the last Minstrel) leider nicht nachkommen; denn es dämmerte kaum, als wir von Edinburg aufbrachen und schon um 10 Uhr Vormittags trafen wir an Ort und Stelle ein. Das Städtchen Melrose, nur etwa vier deutsche Meilen von der englischen Grenze entfernt, liegt am Tweed, zum Theil an
<TEI><text><body><div><pbfacs="#f0334"/><div><head><hirendition="#aq">XXVI</hi><lb/><hirendition="#b">Melrose-Abbey.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><epigraph><quote><lgtype="poem"><l>Und willst Du des Zaubers sicher sein,</l><lb/><l>So besuche Melros’ bei Mondenschein;</l><lb/><l>Die goldne Sonne, des Tages Licht,</l><lb/><l>Sie passen zu seinen Trümmern nicht.</l><lb/><l>Wenn die Bögen und Nischen im Schatten stehn,</l><lb/><l>Die Ecken und Pfeiler wie Silber sehn,</l><lb/><l>Wenn das weiße, kalte, zitternde Licht</l><lb/><l>Um den Mittelthurm seine Guirlanden flicht,</l><lb/><l>Wenn die Strebepfeiler sich wechselnd reihn,</l><lb/><l>Halb Ebenholz, halb Elfenbein,</l><lb/><l>Wenn’s schneeig auf allen Gräbern liegt</l><lb/><l>Und die weißen Figuren noch weißer umschmiegt,</l><lb/><l>Wenn das Rauschen des Tweed, weitab gehört,</l><lb/><l>Wie Summen die nächtige Stille stört, –</l><lb/><l>Ja, dann tritt ein; bei <hirendition="#g">Mondenschein</hi></l><lb/><l>Besuche Melros’ und –<hirendition="#g">thu’ es allein</hi>.</l><lb/></lg></quote></epigraph><p>Wir konnten diesem guten Rathe Walter Scott’s (Gesang 2 in <hirendition="#aq"><foreignxml:lang="eng">the lay of the last Minstrel</foreign></hi>) leider nicht nachkommen; denn es dämmerte kaum, als wir von Edinburg aufbrachen und schon um 10 Uhr Vormittags trafen wir an Ort und Stelle ein. Das Städtchen Melrose, nur etwa vier deutsche Meilen von der englischen Grenze entfernt, liegt am Tweed, zum Theil an<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[0334]
XXVI
Melrose-Abbey.
Und willst Du des Zaubers sicher sein,
So besuche Melros’ bei Mondenschein;
Die goldne Sonne, des Tages Licht,
Sie passen zu seinen Trümmern nicht.
Wenn die Bögen und Nischen im Schatten stehn,
Die Ecken und Pfeiler wie Silber sehn,
Wenn das weiße, kalte, zitternde Licht
Um den Mittelthurm seine Guirlanden flicht,
Wenn die Strebepfeiler sich wechselnd reihn,
Halb Ebenholz, halb Elfenbein,
Wenn’s schneeig auf allen Gräbern liegt
Und die weißen Figuren noch weißer umschmiegt,
Wenn das Rauschen des Tweed, weitab gehört,
Wie Summen die nächtige Stille stört, –
Ja, dann tritt ein; bei Mondenschein
Besuche Melros’ und – thu’ es allein.
Wir konnten diesem guten Rathe Walter Scott’s (Gesang 2 in the lay of the last Minstrel) leider nicht nachkommen; denn es dämmerte kaum, als wir von Edinburg aufbrachen und schon um 10 Uhr Vormittags trafen wir an Ort und Stelle ein. Das Städtchen Melrose, nur etwa vier deutsche Meilen von der englischen Grenze entfernt, liegt am Tweed, zum Theil an
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/334>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.