Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860."ein Impromptu! Es klingt sehr gut; bitte, übersetzen Sie es mir." Ich wollte eben eine simple Prosaübersetzung beginnen, als mir's durch den Kopf schoß, wohl oder übel die Uebersetzung in ein paar englischen Reimen zu versuchen. Es ging leichter, als ich dachte, und in nicht allzu langen Pausen deklamirte ich: Sie hatte aufmerksam zugehört, lachte schelmisch und sprach dann rasch: Der "He" war Freund B., auf den sie zeigte. Der letztere, begierig sich für die Verlegenheiten zu revanchiren, die ich ihm bereitet hatte, stimmte mit ein, und das vorgehaltene Notizbuch ließ mir zuletzt keine Wahl mehr. Ich schrieb also folgendes oder wenigstens ähnliches: Es hat geklippt, es hat geklappt, Ich seh es wohl, ich bin ertappt; Erst Dichter, Leugner dann - so geht's, Ein Uebel gebiert das andre stets. Impromptuschreiber sind wie Kinder, die beim Spiel nicht müde werden, und wer weiß, wohin diese Vierzeilen geführt und wie viel Notizblätter sie noch gekostet hätten, wenn nicht eben jetzt der würdevolle Mr. Tait an uns „ein Impromptu! Es klingt sehr gut; bitte, übersetzen Sie es mir.“ Ich wollte eben eine simple Prosaübersetzung beginnen, als mir’s durch den Kopf schoß, wohl oder übel die Uebersetzung in ein paar englischen Reimen zu versuchen. Es ging leichter, als ich dachte, und in nicht allzu langen Pausen deklamirte ich: Sie hatte aufmerksam zugehört, lachte schelmisch und sprach dann rasch: Der „He“ war Freund B., auf den sie zeigte. Der letztere, begierig sich für die Verlegenheiten zu revanchiren, die ich ihm bereitet hatte, stimmte mit ein, und das vorgehaltene Notizbuch ließ mir zuletzt keine Wahl mehr. Ich schrieb also folgendes oder wenigstens ähnliches: Es hat geklippt, es hat geklappt, Ich seh es wohl, ich bin ertappt; Erst Dichter, Leugner dann – so geht’s, Ein Uebel gebiert das andre stets. Impromptuschreiber sind wie Kinder, die beim Spiel nicht müde werden, und wer weiß, wohin diese Vierzeilen geführt und wie viel Notizblätter sie noch gekostet hätten, wenn nicht eben jetzt der würdevolle Mr. Tait an uns <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0328" n="314"/> „ein Impromptu! Es klingt sehr gut; bitte, übersetzen Sie es mir.“ Ich wollte eben eine simple Prosaübersetzung beginnen, als mir’s durch den Kopf schoß, wohl oder übel die Uebersetzung in ein paar englischen Reimen zu versuchen. Es ging leichter, als ich dachte, und in nicht allzu langen Pausen deklamirte ich: <foreign xml:lang="eng"><hi rendition="#aq"><lg><l>I ever liked your Thomas Moore,</l><lb/><l>I like him more now than before.</l><lb/><l>The irish harpers full accord</l><lb/><l>Sounds mightier in the <hi rendition="#g">spoken</hi> word.</l><lb/></lg></hi></foreign> </p><lb/> <p>Sie hatte aufmerksam zugehört, lachte schelmisch und sprach dann rasch:<lb/><foreign xml:lang="eng"><hi rendition="#aq"><lg type="poem"><l>Deceiver, deceive no longer me!</l><lb/><l>You are a poët as well as he.</l><lb/></lg></hi></foreign> </p><lb/> <p>Der <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„He“</foreign></hi> war Freund B., auf den sie zeigte. Der letztere, begierig sich für die Verlegenheiten zu revanchiren, die ich ihm bereitet hatte, stimmte mit ein, und das vorgehaltene Notizbuch ließ mir zuletzt keine Wahl mehr. Ich schrieb also folgendes oder wenigstens ähnliches:<lb/><lg type="poem"><l>Es hat geklippt, es hat geklappt,</l><lb/><l>Ich seh es wohl, ich bin ertappt;</l><lb/><l>Erst Dichter, Leugner dann – so geht’s,</l><lb/><l>Ein Uebel gebiert das andre stets.</l><lb/></lg> </p><lb/> <p>Impromptuschreiber sind wie Kinder, die beim Spiel nicht müde werden, und wer weiß, wohin diese Vierzeilen geführt und wie viel Notizblätter sie noch gekostet hätten, wenn nicht eben jetzt der würdevolle Mr. Tait an uns<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [314/0328]
„ein Impromptu! Es klingt sehr gut; bitte, übersetzen Sie es mir.“ Ich wollte eben eine simple Prosaübersetzung beginnen, als mir’s durch den Kopf schoß, wohl oder übel die Uebersetzung in ein paar englischen Reimen zu versuchen. Es ging leichter, als ich dachte, und in nicht allzu langen Pausen deklamirte ich: I ever liked your Thomas Moore,
I like him more now than before.
The irish harpers full accord
Sounds mightier in the spoken word.
Sie hatte aufmerksam zugehört, lachte schelmisch und sprach dann rasch:
Deceiver, deceive no longer me!
You are a poët as well as he.
Der „He“ war Freund B., auf den sie zeigte. Der letztere, begierig sich für die Verlegenheiten zu revanchiren, die ich ihm bereitet hatte, stimmte mit ein, und das vorgehaltene Notizbuch ließ mir zuletzt keine Wahl mehr. Ich schrieb also folgendes oder wenigstens ähnliches:
Es hat geklippt, es hat geklappt,
Ich seh es wohl, ich bin ertappt;
Erst Dichter, Leugner dann – so geht’s,
Ein Uebel gebiert das andre stets.
Impromptuschreiber sind wie Kinder, die beim Spiel nicht müde werden, und wer weiß, wohin diese Vierzeilen geführt und wie viel Notizblätter sie noch gekostet hätten, wenn nicht eben jetzt der würdevolle Mr. Tait an uns
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/328 |
Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/328>, abgerufen am 16.02.2025. |