Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.schottischen Könige, sondern der Sohn Isaaks) sollte darauf geschlafen und seinen Traum von der Himmelsleiter gehabt haben. Jetzt weiß man zur Genüge, daß das vorgebliche Kopfkissen des Patriarchen aus demselben Kalkstein besteht, den die nachbarlichen Felsen von Dunstaffnage-Castle aufweisen, und daß mithin guter Grund vorliegt, den schottischen Königsstein als ächt schottisches Landesprodukt anzusehen. Unser Steamer führt uns zunächst in westlicher Richtung über einen breiten Meerbusen hinüber, der das schottische Festland von der Insel Mull und der Halbinsel Morven trennt. Zwischen den beiden letzteren liegt eine schmale Wasserstraße, der Sund von Mull, in die wir eben auf dem Punkt stehen einzubiegen. Der Capitän tritt freundlich an uns heran, um uns an der Südostspitze der Einfahrt eine nur hausgroße Insel zu zeigen, die den Namen Lady's rock (Lady's Felsen) führt. Auf diesem Felsen, der zur Fluthzeit von den Wellen überschäumt wird, setzte ein Häuptling der Macleans seine Gemahlin aus, um mit Hülfe der nächsten Fluth sich ihrer auf immer entledigt zu sehen. Ihre Brüder indeß erhielten Nachricht von diesem Akt raffinirter Bosheit und erschienen zeitig genug, um die Unglückliche zu retten. Maclean selbst wurde später von einem der Brüder auf offener Straße in Edinburg ermordet. Während der Capitän uns diese Vorgänge mit der Ruhe eines Führers von Fach zum Besten giebt, sind wir in den schmalen Sund hineingesteuert und haben nun schottischen Könige, sondern der Sohn Isaaks) sollte darauf geschlafen und seinen Traum von der Himmelsleiter gehabt haben. Jetzt weiß man zur Genüge, daß das vorgebliche Kopfkissen des Patriarchen aus demselben Kalkstein besteht, den die nachbarlichen Felsen von Dunstaffnage-Castle aufweisen, und daß mithin guter Grund vorliegt, den schottischen Königsstein als ächt schottisches Landesprodukt anzusehen. Unser Steamer führt uns zunächst in westlicher Richtung über einen breiten Meerbusen hinüber, der das schottische Festland von der Insel Mull und der Halbinsel Morven trennt. Zwischen den beiden letzteren liegt eine schmale Wasserstraße, der Sund von Mull, in die wir eben auf dem Punkt stehen einzubiegen. Der Capitän tritt freundlich an uns heran, um uns an der Südostspitze der Einfahrt eine nur hausgroße Insel zu zeigen, die den Namen Lady’s rock (Lady’s Felsen) führt. Auf diesem Felsen, der zur Fluthzeit von den Wellen überschäumt wird, setzte ein Häuptling der Macleans seine Gemahlin aus, um mit Hülfe der nächsten Fluth sich ihrer auf immer entledigt zu sehen. Ihre Brüder indeß erhielten Nachricht von diesem Akt raffinirter Bosheit und erschienen zeitig genug, um die Unglückliche zu retten. Maclean selbst wurde später von einem der Brüder auf offener Straße in Edinburg ermordet. Während der Capitän uns diese Vorgänge mit der Ruhe eines Führers von Fach zum Besten giebt, sind wir in den schmalen Sund hineingesteuert und haben nun <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0290" n="276"/> schottischen Könige, sondern der Sohn Isaaks) sollte darauf geschlafen und seinen Traum von der Himmelsleiter gehabt haben. Jetzt weiß man zur Genüge, daß das vorgebliche Kopfkissen des Patriarchen aus demselben Kalkstein besteht, den die nachbarlichen Felsen von Dunstaffnage-Castle aufweisen, und daß mithin guter Grund vorliegt, den schottischen Königsstein als ächt schottisches Landesprodukt anzusehen.</p><lb/> <p>Unser Steamer führt uns zunächst in westlicher Richtung über einen breiten Meerbusen hinüber, der das schottische Festland von der Insel Mull und der Halbinsel Morven trennt. Zwischen den beiden letzteren liegt eine schmale Wasserstraße, der Sund von Mull, in die wir eben auf dem Punkt stehen einzubiegen. Der Capitän tritt freundlich an uns heran, um uns an der Südostspitze der Einfahrt eine nur hausgroße Insel zu zeigen, die den Namen <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Lady’s rock</foreign></hi> (Lady’s Felsen) führt. Auf diesem Felsen, der zur Fluthzeit von den Wellen überschäumt wird, setzte ein Häuptling der Macleans seine Gemahlin aus, um mit Hülfe der nächsten Fluth sich ihrer auf immer entledigt zu sehen. Ihre Brüder indeß erhielten Nachricht von diesem Akt raffinirter Bosheit und erschienen zeitig genug, um die Unglückliche zu retten<choice><sic> </sic><corr>.</corr></choice> Maclean selbst wurde später von einem der Brüder auf offener Straße in Edinburg ermordet.</p><lb/> <p>Während der Capitän uns diese Vorgänge mit der Ruhe eines Führers von Fach zum Besten giebt, sind wir in den schmalen Sund hineingesteuert und haben nun<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [276/0290]
schottischen Könige, sondern der Sohn Isaaks) sollte darauf geschlafen und seinen Traum von der Himmelsleiter gehabt haben. Jetzt weiß man zur Genüge, daß das vorgebliche Kopfkissen des Patriarchen aus demselben Kalkstein besteht, den die nachbarlichen Felsen von Dunstaffnage-Castle aufweisen, und daß mithin guter Grund vorliegt, den schottischen Königsstein als ächt schottisches Landesprodukt anzusehen.
Unser Steamer führt uns zunächst in westlicher Richtung über einen breiten Meerbusen hinüber, der das schottische Festland von der Insel Mull und der Halbinsel Morven trennt. Zwischen den beiden letzteren liegt eine schmale Wasserstraße, der Sund von Mull, in die wir eben auf dem Punkt stehen einzubiegen. Der Capitän tritt freundlich an uns heran, um uns an der Südostspitze der Einfahrt eine nur hausgroße Insel zu zeigen, die den Namen Lady’s rock (Lady’s Felsen) führt. Auf diesem Felsen, der zur Fluthzeit von den Wellen überschäumt wird, setzte ein Häuptling der Macleans seine Gemahlin aus, um mit Hülfe der nächsten Fluth sich ihrer auf immer entledigt zu sehen. Ihre Brüder indeß erhielten Nachricht von diesem Akt raffinirter Bosheit und erschienen zeitig genug, um die Unglückliche zu retten. Maclean selbst wurde später von einem der Brüder auf offener Straße in Edinburg ermordet.
Während der Capitän uns diese Vorgänge mit der Ruhe eines Führers von Fach zum Besten giebt, sind wir in den schmalen Sund hineingesteuert und haben nun
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/290>, abgerufen am 16.02.2025. |