Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Fuß nach Inverneß zurück. Am Abend desselben Tages ist er in Glengarry-Castle. Er weiß, was kommen wird, und thut seine Schritte. Der erste Tag vergeht, ein zweiter, endlich am Mittag des dritten Tages sieht er vom Schloß aus, daß Truppen über den Garry-Fluß kommen; etwa hundert Mann stark umstellen sie sein Haus. Es sind Rothröcke vom Fort Augustus her; ein Besuch, den er seit drei Tagen erwartet hat. Lieutenant Collingwood läßt sich melden, bedauert seinen Auftrag und überreicht den Verhaftsbefehl. Glengarry dankt, überfliegt die Ordre und sagt dann: ,es sei; - darf ich noch an's Fenster treten, um Abschied zu nehmen von meinem Thal?' Der junge Offizier verbeugt sich zustimmend. Glengarry tritt in die Nische, öffnet das Fenster, blickt scharf hinaus, als such' er noch einen bestimmten Punkt, zieht dann ein roth und weißes Seidentuch aus der Tasche und weht damit dreimal, wie zum Abschied. ,Wie schön dies Bild', ruft er dem jungen Offizier zu und zeigt auf das Thal. Lieutenant Collingwood tritt an's Fenster, blickt hinaus und - sieht, daß er gefangen ist. Hinter dem kleinen Trupp seiner Soldaten wachsen die Gestalten der Mac-Donells zu Hunderten rasch aus dem Boden; wenige Minuten noch, und der Kreis hat sich geschlossen. ,Sie sehen', sagt Glengarry ruhig, ,Sie sind in meiner Gewalt, nicht ich in der Ihrigen. Fern sei es von mir, das Recht des Stärkeren gegen Sie auszubeuten. Sie haben freien Abzug. Gehen Sie nach Fort Augustus zu- Fuß nach Inverneß zurück. Am Abend desselben Tages ist er in Glengarry-Castle. Er weiß, was kommen wird, und thut seine Schritte. Der erste Tag vergeht, ein zweiter, endlich am Mittag des dritten Tages sieht er vom Schloß aus, daß Truppen über den Garry-Fluß kommen; etwa hundert Mann stark umstellen sie sein Haus. Es sind Rothröcke vom Fort Augustus her; ein Besuch, den er seit drei Tagen erwartet hat. Lieutenant Collingwood läßt sich melden, bedauert seinen Auftrag und überreicht den Verhaftsbefehl. Glengarry dankt, überfliegt die Ordre und sagt dann: ‚es sei; – darf ich noch an’s Fenster treten, um Abschied zu nehmen von meinem Thal?‘ Der junge Offizier verbeugt sich zustimmend. Glengarry tritt in die Nische, öffnet das Fenster, blickt scharf hinaus, als such’ er noch einen bestimmten Punkt, zieht dann ein roth und weißes Seidentuch aus der Tasche und weht damit dreimal, wie zum Abschied. ‚Wie schön dies Bild‘, ruft er dem jungen Offizier zu und zeigt auf das Thal. Lieutenant Collingwood tritt an’s Fenster, blickt hinaus und – sieht, daß er gefangen ist. Hinter dem kleinen Trupp seiner Soldaten wachsen die Gestalten der Mac-Donèlls zu Hunderten rasch aus dem Boden; wenige Minuten noch, und der Kreis hat sich geschlossen. ‚Sie sehen‘, sagt Glengarry ruhig, ‚Sie sind in meiner Gewalt, nicht ich in der Ihrigen. Fern sei es von mir, das Recht des Stärkeren gegen Sie auszubeuten. Sie haben freien Abzug. Gehen Sie nach Fort Augustus zu- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0269" n="255"/> Fuß nach Inverneß zurück. Am Abend desselben Tages ist er in Glengarry-Castle. Er weiß, was kommen wird, und thut seine Schritte.</p><lb/> <p>Der erste Tag vergeht, ein zweiter, endlich am Mittag des dritten Tages sieht er vom Schloß aus, daß Truppen über den Garry-Fluß kommen; etwa hundert Mann stark umstellen sie sein Haus. Es sind Rothröcke vom Fort Augustus her; ein Besuch, den er seit drei Tagen erwartet hat. Lieutenant Collingwood läßt sich melden, bedauert seinen Auftrag und überreicht den Verhaftsbefehl. Glengarry dankt, überfliegt die Ordre und sagt dann: ‚es sei; – darf ich noch an’s Fenster treten, um Abschied zu nehmen von meinem Thal?‘ Der junge Offizier verbeugt sich zustimmend. Glengarry tritt in die Nische, öffnet das Fenster, blickt scharf hinaus, als such’ er noch einen bestimmten Punkt, zieht dann ein roth und weißes Seidentuch aus der Tasche und weht damit dreimal, wie zum Abschied. ‚Wie schön dies Bild‘, ruft er dem jungen Offizier zu und zeigt auf das Thal. Lieutenant Collingwood tritt an’s Fenster, blickt hinaus und – sieht, daß er gefangen ist. Hinter dem kleinen Trupp seiner Soldaten wachsen die Gestalten der Mac-Donèlls zu Hunderten rasch aus dem Boden; wenige Minuten noch, und der Kreis hat sich geschlossen. ‚Sie sehen‘, sagt Glengarry ruhig, ‚Sie sind in meiner Gewalt, nicht ich in der Ihrigen. Fern sei es von mir, das Recht des Stärkeren gegen Sie auszubeuten. Sie haben freien Abzug. Gehen Sie nach Fort Augustus zu-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0269]
Fuß nach Inverneß zurück. Am Abend desselben Tages ist er in Glengarry-Castle. Er weiß, was kommen wird, und thut seine Schritte.
Der erste Tag vergeht, ein zweiter, endlich am Mittag des dritten Tages sieht er vom Schloß aus, daß Truppen über den Garry-Fluß kommen; etwa hundert Mann stark umstellen sie sein Haus. Es sind Rothröcke vom Fort Augustus her; ein Besuch, den er seit drei Tagen erwartet hat. Lieutenant Collingwood läßt sich melden, bedauert seinen Auftrag und überreicht den Verhaftsbefehl. Glengarry dankt, überfliegt die Ordre und sagt dann: ‚es sei; – darf ich noch an’s Fenster treten, um Abschied zu nehmen von meinem Thal?‘ Der junge Offizier verbeugt sich zustimmend. Glengarry tritt in die Nische, öffnet das Fenster, blickt scharf hinaus, als such’ er noch einen bestimmten Punkt, zieht dann ein roth und weißes Seidentuch aus der Tasche und weht damit dreimal, wie zum Abschied. ‚Wie schön dies Bild‘, ruft er dem jungen Offizier zu und zeigt auf das Thal. Lieutenant Collingwood tritt an’s Fenster, blickt hinaus und – sieht, daß er gefangen ist. Hinter dem kleinen Trupp seiner Soldaten wachsen die Gestalten der Mac-Donèlls zu Hunderten rasch aus dem Boden; wenige Minuten noch, und der Kreis hat sich geschlossen. ‚Sie sehen‘, sagt Glengarry ruhig, ‚Sie sind in meiner Gewalt, nicht ich in der Ihrigen. Fern sei es von mir, das Recht des Stärkeren gegen Sie auszubeuten. Sie haben freien Abzug. Gehen Sie nach Fort Augustus zu-
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/269>, abgerufen am 29.06.2024. |