Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.war, war unter den Geladenen, und mit ihm geladen war Barbara seine Schwester. Das war ein Drängen auf Flur und Treppe! aber es bildete sich Spalier wie von selber, als die Geschwister in den Saal traten. Er trug in Huldigung gegen den Prinzen, der ihm immer ein gnädiger Herr gewesen war, die Uniform der Coldstream-Garden; Barbara aber trat ein für Schottland und trug die Farben ihres Clans. Sie war eine große, prächtige Frau, keine blonde Puppe schmal und schlank, sondern breit, voll, alabastern, mit kleinen Händen und großen Augen, und die Augen klar und dunkel wie das Wasser im Loch Neß. Und schön wie die Frau, so schön war ihr Kleid. Sie trug eine schwarze Sammet-Robe, aus der ihr Nacken stolz hervorwuchs. Eine Tartan-Schärpe, an der linken Schulter durch eine Agraffe zusammengehalten, lief in voller Breite quer über die Brust hin, schürzte sich über der Hüfte zu einem bauschigen Knoten und fiel dann in zwei langen Streifen zur rechten Seite des Kleides herab. Kein Schmuck weder an Hals noch Arm; nur ein Erica-Strauß, die blaue Blume Schottlands, wuchs aus der silbernen Agraffen-Schleife hervor, und ein Haideblumenkranz saß voll und roth auf dem glänzenden schwarzen Haar. Der Ball begann. Der Prinz tanzte dreimal; er tanzte zweimal mit Barbara Mac-Donell. Als das Fest vorüber war, stand er in der Mitte des Saales, und sich verbeugend schritten die Gäste an ihm vorbei. Als Barbara vorüber kam, nahm sie den Strauß aus war, war unter den Geladenen, und mit ihm geladen war Barbara seine Schwester. Das war ein Drängen auf Flur und Treppe! aber es bildete sich Spalier wie von selber, als die Geschwister in den Saal traten. Er trug in Huldigung gegen den Prinzen, der ihm immer ein gnädiger Herr gewesen war, die Uniform der Coldstream-Garden; Barbara aber trat ein für Schottland und trug die Farben ihres Clans. Sie war eine große, prächtige Frau, keine blonde Puppe schmal und schlank, sondern breit, voll, alabastern, mit kleinen Händen und großen Augen, und die Augen klar und dunkel wie das Wasser im Loch Neß. Und schön wie die Frau, so schön war ihr Kleid. Sie trug eine schwarze Sammet-Robe, aus der ihr Nacken stolz hervorwuchs. Eine Tartan-Schärpe, an der linken Schulter durch eine Agraffe zusammengehalten, lief in voller Breite quer über die Brust hin, schürzte sich über der Hüfte zu einem bauschigen Knoten und fiel dann in zwei langen Streifen zur rechten Seite des Kleides herab. Kein Schmuck weder an Hals noch Arm; nur ein Erica-Strauß, die blaue Blume Schottlands, wuchs aus der silbernen Agraffen-Schleife hervor, und ein Haideblumenkranz saß voll und roth auf dem glänzenden schwarzen Haar. Der Ball begann. Der Prinz tanzte dreimal; er tanzte zweimal mit Barbara Mac-Donèll. Als das Fest vorüber war, stand er in der Mitte des Saales, und sich verbeugend schritten die Gäste an ihm vorbei. Als Barbara vorüber kam, nahm sie den Strauß aus <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0266" n="252"/> war, war unter den Geladenen, und mit ihm geladen war Barbara seine Schwester. Das war ein Drängen auf Flur und Treppe! aber es bildete sich Spalier wie von selber, als die Geschwister in den Saal traten. Er trug in Huldigung gegen den Prinzen, der ihm immer ein gnädiger Herr gewesen war, die Uniform der Coldstream-Garden; Barbara aber trat ein für Schottland und trug die Farben ihres Clans. Sie war eine große, prächtige Frau, keine blonde Puppe schmal und schlank, sondern breit, voll, alabastern, mit kleinen Händen und großen Augen, und die Augen klar und dunkel wie das Wasser im Loch Neß. Und schön wie die Frau, so schön war ihr Kleid. Sie trug eine schwarze Sammet-Robe, aus der ihr Nacken stolz hervorwuchs. Eine Tartan-Schärpe, an der linken Schulter durch eine Agraffe zusammengehalten, lief in voller Breite quer über die Brust hin, schürzte sich über der Hüfte zu einem bauschigen Knoten und fiel dann in zwei langen Streifen zur rechten Seite des Kleides herab. Kein Schmuck weder an Hals noch Arm; nur ein Erica-Strauß, die <hi rendition="#g">blaue Blume</hi> Schottlands, wuchs aus der silbernen Agraffen-Schleife hervor, und ein Haideblumenkranz saß voll und roth auf dem glänzenden schwarzen Haar.</p><lb/> <p>Der Ball begann. Der Prinz tanzte dreimal; er tanzte zweimal mit <hi rendition="#g">Barbara Mac-Donèll</hi>. Als das Fest vorüber war, stand er in der Mitte des Saales, und sich verbeugend schritten die Gäste an ihm vorbei. Als Barbara vorüber kam, nahm sie den Strauß aus<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [252/0266]
war, war unter den Geladenen, und mit ihm geladen war Barbara seine Schwester. Das war ein Drängen auf Flur und Treppe! aber es bildete sich Spalier wie von selber, als die Geschwister in den Saal traten. Er trug in Huldigung gegen den Prinzen, der ihm immer ein gnädiger Herr gewesen war, die Uniform der Coldstream-Garden; Barbara aber trat ein für Schottland und trug die Farben ihres Clans. Sie war eine große, prächtige Frau, keine blonde Puppe schmal und schlank, sondern breit, voll, alabastern, mit kleinen Händen und großen Augen, und die Augen klar und dunkel wie das Wasser im Loch Neß. Und schön wie die Frau, so schön war ihr Kleid. Sie trug eine schwarze Sammet-Robe, aus der ihr Nacken stolz hervorwuchs. Eine Tartan-Schärpe, an der linken Schulter durch eine Agraffe zusammengehalten, lief in voller Breite quer über die Brust hin, schürzte sich über der Hüfte zu einem bauschigen Knoten und fiel dann in zwei langen Streifen zur rechten Seite des Kleides herab. Kein Schmuck weder an Hals noch Arm; nur ein Erica-Strauß, die blaue Blume Schottlands, wuchs aus der silbernen Agraffen-Schleife hervor, und ein Haideblumenkranz saß voll und roth auf dem glänzenden schwarzen Haar.
Der Ball begann. Der Prinz tanzte dreimal; er tanzte zweimal mit Barbara Mac-Donèll. Als das Fest vorüber war, stand er in der Mitte des Saales, und sich verbeugend schritten die Gäste an ihm vorbei. Als Barbara vorüber kam, nahm sie den Strauß aus
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/266>, abgerufen am 16.02.2025. |