Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Clane, die noch bis diesen Augenblick um Inverneß herum ihre Sitze haben. Man darf daraus wohl mit einigem Rechte den Schluß ziehen, daß die Gräber in einer späteren Zeit von den Umwohnenden beliebig benannt worden sind, wenn man nicht, vielleicht unmittelbar nach der Schlacht, nur jene Stelle des Schlachtfeldes mit einer Steinmauer umgeben und zu einem Kirchhof hergerichtet hat, wo diejenigen im Blute lagen, die den Bestattern besonders nahe standen. Die Monumente links vom Wege beschränken sich auf einen Haufen Steine. Sie sollten ein Monument werden, liegen aber jetzt nur da als ein Monument der Schmach, der Rohheit und des Betruges. Es hat damit folgende Bewandniß. In der Mitte der vierziger Jahre trat in Inverneß ein Comite zusammen, das die Absicht aussprach, auf dem Schlachtfelde ein Culloden-Denkmal zu errichten. Die Idee fand Anklang; ziemlich bedeutende Summen wurden gezeichnet, Pläne eingesandt und Feldsteine in langen Wagenreihen bereits hinausgefahren, um vorweg Baumaterial und Fundament zu haben. Als die Begeisterung auf ihrer Höhe war, geschah, was in England nur allzuoft geschieht: Secretair und Kassirer wurden unsichtbar. Jetzt erfolgte ein Umschlag in der Stimmung. Das Volk von Clane, die noch bis diesen Augenblick um Inverneß herum ihre Sitze haben. Man darf daraus wohl mit einigem Rechte den Schluß ziehen, daß die Gräber in einer späteren Zeit von den Umwohnenden beliebig benannt worden sind, wenn man nicht, vielleicht unmittelbar nach der Schlacht, nur jene Stelle des Schlachtfeldes mit einer Steinmauer umgeben und zu einem Kirchhof hergerichtet hat, wo diejenigen im Blute lagen, die den Bestattern besonders nahe standen. Die Monumente links vom Wege beschränken sich auf einen Haufen Steine. Sie sollten ein Monument werden, liegen aber jetzt nur da als ein Monument der Schmach, der Rohheit und des Betruges. Es hat damit folgende Bewandniß. In der Mitte der vierziger Jahre trat in Inverneß ein Comité zusammen, das die Absicht aussprach, auf dem Schlachtfelde ein Culloden-Denkmal zu errichten. Die Idee fand Anklang; ziemlich bedeutende Summen wurden gezeichnet, Pläne eingesandt und Feldsteine in langen Wagenreihen bereits hinausgefahren, um vorweg Baumaterial und Fundament zu haben. Als die Begeisterung auf ihrer Höhe war, geschah, was in England nur allzuoft geschieht: Secretair und Kassirer wurden unsichtbar. Jetzt erfolgte ein Umschlag in der Stimmung. Das Volk von <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0259" n="245"/> Clane, die noch bis diesen Augenblick um Inverneß herum ihre Sitze haben. Man darf daraus wohl mit einigem Rechte den Schluß ziehen, daß die Gräber in einer späteren Zeit von den Umwohnenden beliebig benannt worden sind, wenn man nicht, vielleicht unmittelbar nach der Schlacht, nur jene Stelle des Schlachtfeldes mit einer Steinmauer umgeben und zu einem Kirchhof hergerichtet hat, wo diejenigen im Blute lagen, die den Bestattern besonders nahe standen. </p><lb/> <p>Die Monumente links vom Wege beschränken sich auf einen Haufen Steine. Sie <hi rendition="#g">sollten</hi> ein Monument werden, liegen aber jetzt nur da als ein Monument der Schmach, der Rohheit und des Betruges. Es hat damit folgende Bewandniß. In der Mitte der vierziger Jahre trat in Inverneß ein Comité zusammen, das die Absicht aussprach, auf dem Schlachtfelde ein Culloden-Denkmal zu errichten. Die Idee fand Anklang; ziemlich bedeutende Summen wurden gezeichnet, Pläne eingesandt und Feldsteine in langen Wagenreihen bereits hinausgefahren, um vorweg Baumaterial und Fundament zu haben. Als die Begeisterung auf ihrer Höhe war, geschah, was in England nur allzuoft geschieht: Secretair und Kassirer wurden unsichtbar. Jetzt erfolgte ein Umschlag in der Stimmung. Das Volk von<lb/> Inverneß, gleichviel, ob es beigesteuert hatte oder nicht, schickte sich an, wenigstens ein Culloden-<hi rendition="#g">Fest</hi> an Stelle des Culloden-<hi rendition="#g">Denkmals</hi> zu haben und zog zu Tausenden auf das Schlachtfeld hinaus. Die ersten Stunden vergingen ohne Excesse, und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [245/0259]
Clane, die noch bis diesen Augenblick um Inverneß herum ihre Sitze haben. Man darf daraus wohl mit einigem Rechte den Schluß ziehen, daß die Gräber in einer späteren Zeit von den Umwohnenden beliebig benannt worden sind, wenn man nicht, vielleicht unmittelbar nach der Schlacht, nur jene Stelle des Schlachtfeldes mit einer Steinmauer umgeben und zu einem Kirchhof hergerichtet hat, wo diejenigen im Blute lagen, die den Bestattern besonders nahe standen.
Die Monumente links vom Wege beschränken sich auf einen Haufen Steine. Sie sollten ein Monument werden, liegen aber jetzt nur da als ein Monument der Schmach, der Rohheit und des Betruges. Es hat damit folgende Bewandniß. In der Mitte der vierziger Jahre trat in Inverneß ein Comité zusammen, das die Absicht aussprach, auf dem Schlachtfelde ein Culloden-Denkmal zu errichten. Die Idee fand Anklang; ziemlich bedeutende Summen wurden gezeichnet, Pläne eingesandt und Feldsteine in langen Wagenreihen bereits hinausgefahren, um vorweg Baumaterial und Fundament zu haben. Als die Begeisterung auf ihrer Höhe war, geschah, was in England nur allzuoft geschieht: Secretair und Kassirer wurden unsichtbar. Jetzt erfolgte ein Umschlag in der Stimmung. Das Volk von
Inverneß, gleichviel, ob es beigesteuert hatte oder nicht, schickte sich an, wenigstens ein Culloden-Fest an Stelle des Culloden-Denkmals zu haben und zog zu Tausenden auf das Schlachtfeld hinaus. Die ersten Stunden vergingen ohne Excesse, und
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/259>, abgerufen am 16.02.2025. |