Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.und die Niederlage der Hochländer entschieden wurde. Geb' ich eine Beschreibung dieses Platzes. Er ist nicht viel größer als der uns wohlbekannte "große Stern", der auf halbem Wege zwischen Berlin und Charlottenburg liegt. Wie diesen großen Stern die Charlottenburger Chaussee durchschneidet, so führt dort die große Fahrstraße mitten durch die Oase hindurch. Der Platz, wie er der Punkt war, an dem sich der Tag entschied, ist natürlich auch die Hauptbegräbnißstätte geworden und trägt völlig den Charakter eines verödeten und verfallenen Kirchhofes. Eine niedrige Feldsteinmauer umgiebt die ganze Rundung, zu der sich an der einen Seite noch ein seichter Graben und eine Einfassung von Brombeersträuchern gesellt. Jeder Zug hier ist charakteristisch, und man kann diesen Platz, der Schlachtfeld und Kirchhof zugleich ist, nicht passiren, ohne sich das Bild für immer eingeprägt zu fühlen. Ich bin über viele Schlachtfelder gegangen, aber keines hat einen so bestimmten Eindruck in mir zurückgelassen. Das macht, weil es ganz bestimmte Züge hat, die viel größeren und bedeutsameren Schlachtfeldern oftmals fehlen. Ich entsinne mich des Tages, als ich zum ersten Male über das Leipziger Schlachtfeld schritt. Wir kamen von Markleeberg her und passirten das berühmt gewordene Plateau von Wachau. Im Dorfe selbst hatte sich ein alter Todtengräber zu uns gesellt und machte nun unseren Führer. "Ich hab' hier mit begraben helfen - sprach er trocken vor sich hin - immer sechs Pferde und und die Niederlage der Hochländer entschieden wurde. Geb’ ich eine Beschreibung dieses Platzes. Er ist nicht viel größer als der uns wohlbekannte „große Stern“, der auf halbem Wege zwischen Berlin und Charlottenburg liegt. Wie diesen großen Stern die Charlottenburger Chaussee durchschneidet, so führt dort die große Fahrstraße mitten durch die Oase hindurch. Der Platz, wie er der Punkt war, an dem sich der Tag entschied, ist natürlich auch die Hauptbegräbnißstätte geworden und trägt völlig den Charakter eines verödeten und verfallenen Kirchhofes. Eine niedrige Feldsteinmauer umgiebt die ganze Rundung, zu der sich an der einen Seite noch ein seichter Graben und eine Einfassung von Brombeersträuchern gesellt. Jeder Zug hier ist charakteristisch, und man kann diesen Platz, der Schlachtfeld und Kirchhof zugleich ist, nicht passiren, ohne sich das Bild für immer eingeprägt zu fühlen. Ich bin über viele Schlachtfelder gegangen, aber keines hat einen so bestimmten Eindruck in mir zurückgelassen. Das macht, weil es ganz bestimmte Züge hat, die viel größeren und bedeutsameren Schlachtfeldern oftmals fehlen. Ich entsinne mich des Tages, als ich zum ersten Male über das Leipziger Schlachtfeld schritt. Wir kamen von Markleeberg her und passirten das berühmt gewordene Plateau von Wachau. Im Dorfe selbst hatte sich ein alter Todtengräber zu uns gesellt und machte nun unseren Führer. „Ich hab’ hier mit begraben helfen – sprach er trocken vor sich hin – immer sechs Pferde und <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0257" n="243"/> und die Niederlage der Hochländer entschieden wurde. Geb’ ich eine Beschreibung dieses Platzes. Er ist nicht viel größer als der uns wohlbekannte „große Stern“, der auf halbem Wege zwischen Berlin und Charlottenburg liegt. Wie diesen großen Stern die Charlottenburger Chaussee durchschneidet, so führt dort die große Fahrstraße mitten durch die Oase hindurch. Der Platz, wie er der Punkt war, an dem sich der Tag entschied, ist natürlich auch die Hauptbegräbnißstätte geworden und trägt völlig den Charakter eines verödeten und verfallenen Kirchhofes. Eine niedrige Feldsteinmauer umgiebt die ganze Rundung, zu der sich an der einen Seite noch ein seichter Graben und eine Einfassung von Brombeersträuchern gesellt. Jeder Zug hier ist charakteristisch, und man kann diesen Platz, der Schlachtfeld und Kirchhof zugleich ist, nicht passiren, ohne sich das Bild für immer eingeprägt zu fühlen. </p><lb/> <p>Ich bin über viele Schlachtfelder gegangen, aber keines hat einen so bestimmten Eindruck in mir zurückgelassen. Das macht, weil es ganz bestimmte Züge hat, die viel größeren und bedeutsameren Schlachtfeldern oftmals fehlen. Ich entsinne mich des Tages, als ich zum ersten Male über das Leipziger Schlachtfeld schritt. Wir kamen von Markleeberg her und passirten das berühmt gewordene Plateau von Wachau. Im Dorfe selbst hatte sich ein alter Todtengräber zu uns gesellt und machte nun unseren Führer. „Ich hab’ hier mit begraben helfen – sprach er trocken vor sich hin – immer sechs Pferde und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0257]
und die Niederlage der Hochländer entschieden wurde. Geb’ ich eine Beschreibung dieses Platzes. Er ist nicht viel größer als der uns wohlbekannte „große Stern“, der auf halbem Wege zwischen Berlin und Charlottenburg liegt. Wie diesen großen Stern die Charlottenburger Chaussee durchschneidet, so führt dort die große Fahrstraße mitten durch die Oase hindurch. Der Platz, wie er der Punkt war, an dem sich der Tag entschied, ist natürlich auch die Hauptbegräbnißstätte geworden und trägt völlig den Charakter eines verödeten und verfallenen Kirchhofes. Eine niedrige Feldsteinmauer umgiebt die ganze Rundung, zu der sich an der einen Seite noch ein seichter Graben und eine Einfassung von Brombeersträuchern gesellt. Jeder Zug hier ist charakteristisch, und man kann diesen Platz, der Schlachtfeld und Kirchhof zugleich ist, nicht passiren, ohne sich das Bild für immer eingeprägt zu fühlen.
Ich bin über viele Schlachtfelder gegangen, aber keines hat einen so bestimmten Eindruck in mir zurückgelassen. Das macht, weil es ganz bestimmte Züge hat, die viel größeren und bedeutsameren Schlachtfeldern oftmals fehlen. Ich entsinne mich des Tages, als ich zum ersten Male über das Leipziger Schlachtfeld schritt. Wir kamen von Markleeberg her und passirten das berühmt gewordene Plateau von Wachau. Im Dorfe selbst hatte sich ein alter Todtengräber zu uns gesellt und machte nun unseren Führer. „Ich hab’ hier mit begraben helfen – sprach er trocken vor sich hin – immer sechs Pferde und
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/257>, abgerufen am 16.02.2025. |