Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.hübsch genug, ohne etwas besonderes zu sein. Das nach Norden hin liegende Macbethland entzog sich, wenigstens in seinen Einzelheiten, noch durchaus unserem Auge und wir waren auf die üblichen Führerversicherungen angewiesen: "dort hinter jenem Hügel liegt Schloß Glammis, dort Schloß Dunsinan." Unsere Mienen ließen dem unsrigen keinen Zweifel darüber, daß wir ziemlich enttäuscht waren, und bestimmten ihn rasch zu der Frage: ob wir noch geneigt seien, das Wallaceschloß und die Wallacehöhle zu sehen. Unser Ja wurde nach so trüben Erfahrungen natürlich an allerhand Bedingungen geknüpft, und erst nachdem uns mehrfach die Versicherung gegeben war, "daß es nah sei", gaben wir unsern Tischplatz auf, um einer andern Kuppe des Hügels zuzuschreiten. Hier fanden wir denn das ehemalige (überdieß wenig beglaubigte) Wallaceschloß, das jetzt als Bier- und Vorrathskammer dient, wenn an schönen Sommertagen die "schönen Mädchen von Perth" auf den Kinnoulhügel hinausziehen, um daselbst mit ihren Brüdern und Bräutigams bei Reifen- und Zeckspiel den flüchtigen Reiz eines schottischen Sommers zu genießen. Was die Wallacehöhle angeht, so mußten wir uns mit der Versicherung unseres Führers begnügen, daß sie vom Fuß des Berges aus trefflich zu sehen sei, und daß er uns eigens hinabführen wolle, wenn wir seinen Worten mißtrauten. Wir erschracken vor diesem Anerbieten so sehr, daß wir durch ein stillschweigendes Uebereinkommen diesen Punkt nicht wieder berührten und fest entschlossen schienen, jede fer- hübsch genug, ohne etwas besonderes zu sein. Das nach Norden hin liegende Macbethland entzog sich, wenigstens in seinen Einzelheiten, noch durchaus unserem Auge und wir waren auf die üblichen Führerversicherungen angewiesen: „dort hinter jenem Hügel liegt Schloß Glammis, dort Schloß Dunsinan.“ Unsere Mienen ließen dem unsrigen keinen Zweifel darüber, daß wir ziemlich enttäuscht waren, und bestimmten ihn rasch zu der Frage: ob wir noch geneigt seien, das Wallaceschloß und die Wallacehöhle zu sehen. Unser Ja wurde nach so trüben Erfahrungen natürlich an allerhand Bedingungen geknüpft, und erst nachdem uns mehrfach die Versicherung gegeben war, „daß es nah sei“, gaben wir unsern Tischplatz auf, um einer andern Kuppe des Hügels zuzuschreiten. Hier fanden wir denn das ehemalige (überdieß wenig beglaubigte) Wallaceschloß, das jetzt als Bier- und Vorrathskammer dient, wenn an schönen Sommertagen die „schönen Mädchen von Perth“ auf den Kinnoulhügel hinausziehen, um daselbst mit ihren Brüdern und Bräutigams bei Reifen- und Zeckspiel den flüchtigen Reiz eines schottischen Sommers zu genießen. Was die Wallacehöhle angeht, so mußten wir uns mit der Versicherung unseres Führers begnügen, daß sie vom Fuß des Berges aus trefflich zu sehen sei, und daß er uns eigens hinabführen wolle, wenn wir seinen Worten mißtrauten. Wir erschracken vor diesem Anerbieten so sehr, daß wir durch ein stillschweigendes Uebereinkommen diesen Punkt nicht wieder berührten und fest entschlossen schienen, jede fer- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0217" n="203"/> hübsch genug, ohne etwas besonderes zu sein. Das nach Norden hin liegende Macbethland entzog sich, wenigstens in seinen Einzelheiten, noch durchaus unserem Auge und wir waren auf die üblichen Führerversicherungen angewiesen: „dort hinter jenem Hügel liegt Schloß Glammis, dort Schloß Dunsinan.“ Unsere Mienen ließen dem unsrigen keinen Zweifel darüber, daß wir ziemlich enttäuscht waren, und bestimmten ihn rasch zu der Frage: ob wir noch geneigt seien, das Wallaceschloß und die Wallacehöhle zu sehen. Unser Ja wurde nach so trüben Erfahrungen natürlich an allerhand Bedingungen geknüpft, und erst nachdem uns mehrfach die Versicherung gegeben war, „daß es nah sei“, gaben wir unsern Tischplatz auf, um einer andern Kuppe des Hügels zuzuschreiten.</p><lb/> <p>Hier fanden wir denn das ehemalige (überdieß wenig beglaubigte) Wallaceschloß, das jetzt als Bier- und Vorrathskammer dient, wenn an schönen Sommertagen die „schönen Mädchen von Perth“ auf den Kinnoulhügel hinausziehen, um daselbst mit ihren Brüdern und Bräutigams bei Reifen- und Zeckspiel den flüchtigen Reiz eines schottischen Sommers zu genießen. Was die Wallacehöhle angeht, so mußten wir uns mit der Versicherung unseres Führers begnügen, daß sie vom Fuß des Berges aus trefflich zu sehen sei, und daß er uns eigens hinabführen wolle, wenn wir seinen Worten mißtrauten. Wir erschracken vor diesem Anerbieten so sehr, daß wir durch ein stillschweigendes Uebereinkommen diesen Punkt nicht wieder berührten und fest entschlossen schienen, jede fer-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [203/0217]
hübsch genug, ohne etwas besonderes zu sein. Das nach Norden hin liegende Macbethland entzog sich, wenigstens in seinen Einzelheiten, noch durchaus unserem Auge und wir waren auf die üblichen Führerversicherungen angewiesen: „dort hinter jenem Hügel liegt Schloß Glammis, dort Schloß Dunsinan.“ Unsere Mienen ließen dem unsrigen keinen Zweifel darüber, daß wir ziemlich enttäuscht waren, und bestimmten ihn rasch zu der Frage: ob wir noch geneigt seien, das Wallaceschloß und die Wallacehöhle zu sehen. Unser Ja wurde nach so trüben Erfahrungen natürlich an allerhand Bedingungen geknüpft, und erst nachdem uns mehrfach die Versicherung gegeben war, „daß es nah sei“, gaben wir unsern Tischplatz auf, um einer andern Kuppe des Hügels zuzuschreiten.
Hier fanden wir denn das ehemalige (überdieß wenig beglaubigte) Wallaceschloß, das jetzt als Bier- und Vorrathskammer dient, wenn an schönen Sommertagen die „schönen Mädchen von Perth“ auf den Kinnoulhügel hinausziehen, um daselbst mit ihren Brüdern und Bräutigams bei Reifen- und Zeckspiel den flüchtigen Reiz eines schottischen Sommers zu genießen. Was die Wallacehöhle angeht, so mußten wir uns mit der Versicherung unseres Führers begnügen, daß sie vom Fuß des Berges aus trefflich zu sehen sei, und daß er uns eigens hinabführen wolle, wenn wir seinen Worten mißtrauten. Wir erschracken vor diesem Anerbieten so sehr, daß wir durch ein stillschweigendes Uebereinkommen diesen Punkt nicht wieder berührten und fest entschlossen schienen, jede fer-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |