Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.men und ihn rechtswidrig eingekerkert. Jakob II., in Folge davon, sandte Sir Patrick Gray, einen Onkel Maclallans, an Lord Douglas ab und gab ihm ein Handschreiben mit, worin die Freilassung Maclallans gefordert wurde. Douglas empfing den Sir Patrick mit übertriebener Ehrfurcht, bat die Verhandlung bis nach der Mahlzeit aufzuschieben und führte seinen Gast zu Tisch. Nach aufgehobener Tafel überreichte Sir Patrick seinen Brief. Lord Douglas überflog den Inhalt, den er längst kannte, und sagte dann: "Wie schade, Sir Patrick, Ihr kommt einen Augenblick zu spät." Mit diesen Worten führte er seinen Gast an eins der Fenster und auf den Hof hinunter zeigend, wo Maclallan bereits enthauptet lag, fügte er hinzu: "Nehmt Euren Neffen mit heim, Sir Patrick, es thut mir leid, daß ihm der Kopf fehlt." Sir Patrick antwortete: "Wo der Kopf ist, mag auch sein Rumpf bleiben; aber gedenken sollt ihr dieser Stunde." So kam es auch. Sir Patrick, der im Nebenzimmer war, als König Jakob und der verwundete Lord Douglas mit einander rangen, sprang hinzu und half dem Lord zu einem raschen Ende. An der Südseite des Castells, also dem Douglaszimmer gegenüber, befindet sich der ehemalige Palast, ein reich verzierter alter Bau aus der Zeit Jakob V. Vom Lady's Felsen oder besser, hügelabwärts, vom Thal von Menteith aus gesehen, gewährt der alte Königsbau, um seiner hohen Fenster und reichen, massigen Ornamentik willen, einen prächtigen Anblick, tritt man aber kritisch men und ihn rechtswidrig eingekerkert. Jakob II., in Folge davon, sandte Sir Patrick Gray, einen Onkel Maclallans, an Lord Douglas ab und gab ihm ein Handschreiben mit, worin die Freilassung Maclallans gefordert wurde. Douglas empfing den Sir Patrick mit übertriebener Ehrfurcht, bat die Verhandlung bis nach der Mahlzeit aufzuschieben und führte seinen Gast zu Tisch. Nach aufgehobener Tafel überreichte Sir Patrick seinen Brief. Lord Douglas überflog den Inhalt, den er längst kannte, und sagte dann: „Wie schade, Sir Patrick, Ihr kommt einen Augenblick zu spät.“ Mit diesen Worten führte er seinen Gast an eins der Fenster und auf den Hof hinunter zeigend, wo Maclallan bereits enthauptet lag, fügte er hinzu: „Nehmt Euren Neffen mit heim, Sir Patrick, es thut mir leid, daß ihm der Kopf fehlt.“ Sir Patrick antwortete: „Wo der Kopf ist, mag auch sein Rumpf bleiben; aber gedenken sollt ihr dieser Stunde.“ So kam es auch. Sir Patrick, der im Nebenzimmer war, als König Jakob und der verwundete Lord Douglas mit einander rangen, sprang hinzu und half dem Lord zu einem raschen Ende. An der Südseite des Castells, also dem Douglaszimmer gegenüber, befindet sich der ehemalige Palast, ein reich verzierter alter Bau aus der Zeit Jakob V. Vom Lady’s Felsen oder besser, hügelabwärts, vom Thal von Menteith aus gesehen, gewährt der alte Königsbau, um seiner hohen Fenster und reichen, massigen Ornamentik willen, einen prächtigen Anblick, tritt man aber kritisch <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0183" n="169"/> men und ihn rechtswidrig eingekerkert. Jakob <hi rendition="#aq">II.</hi>, in Folge davon, sandte Sir Patrick Gray, einen Onkel Maclallans, an Lord Douglas ab und gab ihm ein Handschreiben mit, worin die Freilassung Maclallans gefordert wurde. Douglas empfing den Sir Patrick mit übertriebener Ehrfurcht, bat die Verhandlung bis nach der Mahlzeit aufzuschieben und führte seinen Gast zu Tisch. Nach aufgehobener Tafel überreichte Sir Patrick seinen Brief. Lord Douglas überflog den Inhalt, den er längst kannte, und sagte dann: „Wie schade, Sir Patrick, Ihr kommt einen Augenblick zu spät.“ Mit diesen Worten führte er seinen Gast an eins der Fenster und auf den Hof hinunter zeigend, wo Maclallan bereits enthauptet lag, fügte er hinzu: „Nehmt Euren Neffen mit heim, Sir Patrick, es thut mir leid, daß ihm der Kopf fehlt.“ Sir Patrick <choice><sic>antworte</sic><corr>antwortete</corr></choice>: „Wo der Kopf ist, mag auch sein Rumpf bleiben; aber gedenken sollt ihr dieser Stunde.“ So kam es auch. Sir Patrick, der im Nebenzimmer war, als König Jakob und der verwundete Lord Douglas mit einander rangen, sprang hinzu und half dem Lord zu einem raschen Ende. </p><lb/> <p>An der Südseite des Castells, also dem Douglaszimmer gegenüber, befindet sich der ehemalige Palast, ein reich verzierter alter Bau aus der Zeit Jakob <hi rendition="#aq">V.</hi> Vom Lady’s Felsen oder besser, hügelabwärts, vom Thal von Menteith aus gesehen, gewährt der alte Königsbau, um seiner hohen Fenster und reichen, massigen Ornamentik willen, einen prächtigen Anblick, tritt man aber kritisch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [169/0183]
men und ihn rechtswidrig eingekerkert. Jakob II., in Folge davon, sandte Sir Patrick Gray, einen Onkel Maclallans, an Lord Douglas ab und gab ihm ein Handschreiben mit, worin die Freilassung Maclallans gefordert wurde. Douglas empfing den Sir Patrick mit übertriebener Ehrfurcht, bat die Verhandlung bis nach der Mahlzeit aufzuschieben und führte seinen Gast zu Tisch. Nach aufgehobener Tafel überreichte Sir Patrick seinen Brief. Lord Douglas überflog den Inhalt, den er längst kannte, und sagte dann: „Wie schade, Sir Patrick, Ihr kommt einen Augenblick zu spät.“ Mit diesen Worten führte er seinen Gast an eins der Fenster und auf den Hof hinunter zeigend, wo Maclallan bereits enthauptet lag, fügte er hinzu: „Nehmt Euren Neffen mit heim, Sir Patrick, es thut mir leid, daß ihm der Kopf fehlt.“ Sir Patrick antwortete: „Wo der Kopf ist, mag auch sein Rumpf bleiben; aber gedenken sollt ihr dieser Stunde.“ So kam es auch. Sir Patrick, der im Nebenzimmer war, als König Jakob und der verwundete Lord Douglas mit einander rangen, sprang hinzu und half dem Lord zu einem raschen Ende.
An der Südseite des Castells, also dem Douglaszimmer gegenüber, befindet sich der ehemalige Palast, ein reich verzierter alter Bau aus der Zeit Jakob V. Vom Lady’s Felsen oder besser, hügelabwärts, vom Thal von Menteith aus gesehen, gewährt der alte Königsbau, um seiner hohen Fenster und reichen, massigen Ornamentik willen, einen prächtigen Anblick, tritt man aber kritisch
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/183>, abgerufen am 22.07.2024. |