Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.nichtssagend und es liegt kein wesentlicher Grund vor, warum man Anstand nehmen sollte das Ganze für eine verräucherte chemische Fabrik oder für ein grau gewordenes Landarmenhaus zu halten. Aber es ist mit diesem Pallast wie mit den Wohnungen orientalischer Völker; an die Stelle des neugierigen Fensters das sich um das Draußen kümmert, tritt der verschwiegene Hof, drin die Schönheit nur sich selbst und dem Hause lebt. Das Innere vom Linlithgow Pallast läßt uns rasch vergessen, was der Außenseite fehlt. Ein tiefes dunkles Portal durchschreitend, treten wir in den Schloßhof. Nach allen vier Seiten hin erhebt sich das Mauerwerk und umschließt einen Rasenplatz, in dessen Mitte sich abermals ein figurenreicher Brunnen befindet. Der Anblick muß etwas zauberisches gehabt und an die maurischen Höfe Granada's erinnert haben, als hier das Wasser in monotoner Melodie noch niederplätscherte, wachthabende Hochländer um den Springbrunnen herum gelagert lagen und in ihre Tartan-plaids gehüllt, die Mütze mit der Reiherfeder auf dem Kopf, die Sommernacht verschliefen und verplauderten. Eine in's Detail gehende Beschreibung des Ortes würde hier zu weit führen, auch komm ich der Fantasie meiner Zuhörer vielleicht am besten zur Hülfe, wenn ich diesen Schloßhof von Linlithgow mit dem bekannten Hof der Heidelberger Schloß-Ruine vergleiche. Es ist eine Verwandtschaft im Ganzen da, ohne daß die einzelnen Theile eine solche rechtfertigen mögen. Auch darin sind nichtssagend und es liegt kein wesentlicher Grund vor, warum man Anstand nehmen sollte das Ganze für eine verräucherte chemische Fabrik oder für ein grau gewordenes Landarmenhaus zu halten. Aber es ist mit diesem Pallast wie mit den Wohnungen orientalischer Völker; an die Stelle des neugierigen Fensters das sich um das Draußen kümmert, tritt der verschwiegene Hof, drin die Schönheit nur sich selbst und dem Hause lebt. Das Innere vom Linlithgow Pallast läßt uns rasch vergessen, was der Außenseite fehlt. Ein tiefes dunkles Portal durchschreitend, treten wir in den Schloßhof. Nach allen vier Seiten hin erhebt sich das Mauerwerk und umschließt einen Rasenplatz, in dessen Mitte sich abermals ein figurenreicher Brunnen befindet. Der Anblick muß etwas zauberisches gehabt und an die maurischen Höfe Granada’s erinnert haben, als hier das Wasser in monotoner Melodie noch niederplätscherte, wachthabende Hochländer um den Springbrunnen herum gelagert lagen und in ihre Tartan-plaids gehüllt, die Mütze mit der Reiherfeder auf dem Kopf, die Sommernacht verschliefen und verplauderten. Eine in’s Detail gehende Beschreibung des Ortes würde hier zu weit führen, auch komm ich der Fantasie meiner Zuhörer vielleicht am besten zur Hülfe, wenn ich diesen Schloßhof von Linlithgow mit dem bekannten Hof der Heidelberger Schloß-Ruine vergleiche. Es ist eine Verwandtschaft im Ganzen da, ohne daß die einzelnen Theile eine solche rechtfertigen mögen. Auch darin sind <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0138" n="124"/> nichtssagend und es liegt kein wesentlicher Grund vor, warum man Anstand nehmen sollte das Ganze für eine verräucherte chemische Fabrik oder für ein grau gewordenes Landarmenhaus zu halten. Aber es ist mit diesem Pallast wie mit den Wohnungen orientalischer Völker; an die Stelle des neugierigen Fensters das sich um das Draußen kümmert, tritt der verschwiegene Hof, drin die Schönheit nur sich selbst und dem Hause lebt. Das Innere vom Linlithgow Pallast läßt uns rasch vergessen, was der Außenseite fehlt. Ein tiefes dunkles Portal durchschreitend, treten wir in den Schloßhof. Nach allen vier Seiten hin erhebt sich das Mauerwerk und umschließt einen Rasenplatz, in dessen Mitte sich abermals ein figurenreicher Brunnen befindet. Der Anblick muß etwas zauberisches gehabt und an die maurischen Höfe Granada’s erinnert haben, als hier das Wasser in monotoner Melodie noch niederplätscherte, wachthabende Hochländer um den Springbrunnen herum gelagert lagen und in ihre Tartan-plaids gehüllt, die Mütze mit der Reiherfeder auf dem Kopf, die Sommernacht verschliefen und verplauderten.</p><lb/> <p>Eine in’s Detail gehende Beschreibung des Ortes würde hier zu weit führen, auch komm ich der Fantasie meiner Zuhörer vielleicht am besten zur Hülfe, wenn ich diesen Schloßhof von Linlithgow mit dem bekannten Hof der Heidelberger Schloß-Ruine vergleiche. Es ist eine Verwandtschaft im Ganzen da, ohne daß die einzelnen Theile eine solche rechtfertigen mögen. Auch darin sind<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0138]
nichtssagend und es liegt kein wesentlicher Grund vor, warum man Anstand nehmen sollte das Ganze für eine verräucherte chemische Fabrik oder für ein grau gewordenes Landarmenhaus zu halten. Aber es ist mit diesem Pallast wie mit den Wohnungen orientalischer Völker; an die Stelle des neugierigen Fensters das sich um das Draußen kümmert, tritt der verschwiegene Hof, drin die Schönheit nur sich selbst und dem Hause lebt. Das Innere vom Linlithgow Pallast läßt uns rasch vergessen, was der Außenseite fehlt. Ein tiefes dunkles Portal durchschreitend, treten wir in den Schloßhof. Nach allen vier Seiten hin erhebt sich das Mauerwerk und umschließt einen Rasenplatz, in dessen Mitte sich abermals ein figurenreicher Brunnen befindet. Der Anblick muß etwas zauberisches gehabt und an die maurischen Höfe Granada’s erinnert haben, als hier das Wasser in monotoner Melodie noch niederplätscherte, wachthabende Hochländer um den Springbrunnen herum gelagert lagen und in ihre Tartan-plaids gehüllt, die Mütze mit der Reiherfeder auf dem Kopf, die Sommernacht verschliefen und verplauderten.
Eine in’s Detail gehende Beschreibung des Ortes würde hier zu weit führen, auch komm ich der Fantasie meiner Zuhörer vielleicht am besten zur Hülfe, wenn ich diesen Schloßhof von Linlithgow mit dem bekannten Hof der Heidelberger Schloß-Ruine vergleiche. Es ist eine Verwandtschaft im Ganzen da, ohne daß die einzelnen Theile eine solche rechtfertigen mögen. Auch darin sind
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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