Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Die Neustadt Edinburg hat nicht das Vorrecht, Spukhäuser zu besitzen, sie hat nur Bildsäulen von Pitt, Lord Melville und Georg IV., und daneben Paläste, die noch zu jung sind, um Geisterherbergen sein zu können; aber Alt-Edinburg, wie Eingangs bereits gesagt, hat deren, und wir wollen einen Augenblick bei ihnen verweilen. Es ist wahr, wir machen bei Aufzählung ihrer Insassen keine absolut neue Bekanntschaft; die nordischen Völker scheinen sich die Gestalten ihres Schreckens nach einem verwandten Bedürfniß und unter ähnlichen Eindrücken zurecht gemacht zu haben, aber wir finden doch bei vielem Gleichen mancherlei Nüancen und Abweichungen. Das Pferd mit der Feuermähne, der unsichtbare Kutschwagen, der lärmend auf die Rampe fährt, selbst der blasse Mann, der dann und wann seinen Kopf abnimmt, sollen uns nicht weiter beschäftigen; auch bei der großen Hand, die brennende Lichter auf den Tisch stellt oder bei dem Seitenstück derselben, den drei paar Füßen, die schottisch tanzen und mit den Hacken zusammenschlagen, wollen wir uns nicht länger verweilen. Aber ein Walter Scott zu seinen Gespenstergeschichten stand. Er erzählte eine derselben mit dem größtmöglichsten Aufwand seiner Darstellungsgabe und hielt auf einen kurzen Augenblick die Gemüther seiner Zuhörer wie in einem Bann des Schreckens. Aber auf Augenblicke nur; Rogers selbst erholte sich zuerst und rief seinen Gästen zu: "Nein, Scott, das ist zu arg; Unsinn von Anfang bis zu Ende"; worauf dieser lebhaft und selbst noch aufgeregt erwiederte: "Aber ich hab' es von meiner Großmutter", rasch dann und unter lautem Lachen hinzufügend: "freilich, die alte Frau log entsetzlich."
Die Neustadt Edinburg hat nicht das Vorrecht, Spukhäuser zu besitzen, sie hat nur Bildsäulen von Pitt, Lord Melville und Georg IV., und daneben Paläste, die noch zu jung sind, um Geisterherbergen sein zu können; aber Alt-Edinburg, wie Eingangs bereits gesagt, hat deren, und wir wollen einen Augenblick bei ihnen verweilen. Es ist wahr, wir machen bei Aufzählung ihrer Insassen keine absolut neue Bekanntschaft; die nordischen Völker scheinen sich die Gestalten ihres Schreckens nach einem verwandten Bedürfniß und unter ähnlichen Eindrücken zurecht gemacht zu haben, aber wir finden doch bei vielem Gleichen mancherlei Nüancen und Abweichungen. Das Pferd mit der Feuermähne, der unsichtbare Kutschwagen, der lärmend auf die Rampe fährt, selbst der blasse Mann, der dann und wann seinen Kopf abnimmt, sollen uns nicht weiter beschäftigen; auch bei der großen Hand, die brennende Lichter auf den Tisch stellt oder bei dem Seitenstück derselben, den drei paar Füßen, die schottisch tanzen und mit den Hacken zusammenschlagen, wollen wir uns nicht länger verweilen. Aber ein Walter Scott zu seinen Gespenstergeschichten stand. Er erzählte eine derselben mit dem größtmöglichsten Aufwand seiner Darstellungsgabe und hielt auf einen kurzen Augenblick die Gemüther seiner Zuhörer wie in einem Bann des Schreckens. Aber auf Augenblicke nur; Rogers selbst erholte sich zuerst und rief seinen Gästen zu: „Nein, Scott, das ist zu arg; Unsinn von Anfang bis zu Ende“; worauf dieser lebhaft und selbst noch aufgeregt erwiederte: „Aber ich hab’ es von meiner Großmutter“, rasch dann und unter lautem Lachen hinzufügend: „freilich, die alte Frau log entsetzlich.“
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Die Neustadt Edinburg hat nicht das Vorrecht, Spukhäuser zu besitzen, sie hat nur Bildsäulen von Pitt, Lord Melville und Georg IV., und daneben Paläste, die noch zu jung sind, um Geisterherbergen sein zu können; aber Alt-Edinburg, wie Eingangs bereits gesagt, hat deren, und wir wollen einen Augenblick bei ihnen verweilen.
Es ist wahr, wir machen bei Aufzählung ihrer Insassen keine absolut neue Bekanntschaft; die nordischen Völker scheinen sich die Gestalten ihres Schreckens nach einem verwandten Bedürfniß und unter ähnlichen Eindrücken zurecht gemacht zu haben, aber wir finden doch bei vielem Gleichen mancherlei Nüancen und Abweichungen. Das Pferd mit der Feuermähne, der unsichtbare Kutschwagen, der lärmend auf die Rampe fährt, selbst der blasse Mann, der dann und wann seinen Kopf abnimmt, sollen uns nicht weiter beschäftigen; auch bei der großen Hand, die brennende Lichter auf den Tisch stellt oder bei dem Seitenstück derselben, den drei paar Füßen, die schottisch tanzen und mit den Hacken zusammenschlagen, wollen wir uns nicht länger verweilen. Aber ein
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*) Walter Scott zu seinen Gespenstergeschichten stand. Er erzählte eine derselben mit dem größtmöglichsten Aufwand seiner Darstellungsgabe und hielt auf einen kurzen Augenblick die Gemüther seiner Zuhörer wie in einem Bann des Schreckens. Aber auf Augenblicke nur; Rogers selbst erholte sich zuerst und rief seinen Gästen zu: „Nein, Scott, das ist zu arg; Unsinn von Anfang bis zu Ende“; worauf dieser lebhaft und selbst noch aufgeregt erwiederte: „Aber ich hab’ es von meiner Großmutter“, rasch dann und unter lautem Lachen hinzufügend: „freilich, die alte Frau log entsetzlich.“
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/113>, abgerufen am 22.07.2024. |