Gleich nach zwölf -- Woldemar hatte sich, wie ge¬ plant, schon lange vorher, um bei Lorenzen vorzusprechen, von den andern Herren getrennt -- waren Dubslav, Rex und Czako von dem Globsower Ausfluge zurück, und Rex, feiner Mann, der er war, war bei Passierung des Vor¬ hofs verbindlich an die mit Zinn ausgelegte blanke Glas¬ kugel herangetreten, um ihr, als einem mutmaßlichen Produkte der eben besichtigten "grünen Glashütte", seine Ministerialaufmerksamkeit zu schenken. Er ging dabei so weit, von "Industriestaat" zu sprechen. Czako, der ge¬ meinschaftlich mit Rex in die Glaskugel hineinguckte, war mit allem einverstanden, nur nicht mit seinem Spiegel¬ bilde. "Wenn man nur bloß etwas besser aussähe ..." Rex versuchte zu widersprechen, aber Czako gab nicht nach und versicherte: "Ja, Rex, Sie sind ein schöner Mann, Sie haben eben mehr zuzusetzen. Und da bleibt denn immer noch was übrig."
Oben auf der Rampe stand Engelke.
"Nun, Engelke, wie steht's? Woldemar und der Pastor schon da?"
"Nein, gnäd'ger Herr. Aber ich kann ja die Christel schicken ..."
"Nein, nein, schicke nicht. Das stört bloß. Aber warten wollen wir auch nicht. Es war doch weiter nach Globsow, als ich dachte; das heißt, eigentlich war es
Sechſtes Kapitel.
Gleich nach zwölf — Woldemar hatte ſich, wie ge¬ plant, ſchon lange vorher, um bei Lorenzen vorzuſprechen, von den andern Herren getrennt — waren Dubslav, Rex und Czako von dem Globſower Ausfluge zurück, und Rex, feiner Mann, der er war, war bei Paſſierung des Vor¬ hofs verbindlich an die mit Zinn ausgelegte blanke Glas¬ kugel herangetreten, um ihr, als einem mutmaßlichen Produkte der eben beſichtigten „grünen Glashütte“, ſeine Miniſterialaufmerkſamkeit zu ſchenken. Er ging dabei ſo weit, von „Induſtrieſtaat“ zu ſprechen. Czako, der ge¬ meinſchaftlich mit Rex in die Glaskugel hineinguckte, war mit allem einverſtanden, nur nicht mit ſeinem Spiegel¬ bilde. „Wenn man nur bloß etwas beſſer ausſähe ...“ Rex verſuchte zu widerſprechen, aber Czako gab nicht nach und verſicherte: „Ja, Rex, Sie ſind ein ſchöner Mann, Sie haben eben mehr zuzuſetzen. Und da bleibt denn immer noch was übrig.“
Oben auf der Rampe ſtand Engelke.
„Nun, Engelke, wie ſteht's? Woldemar und der Paſtor ſchon da?“
„Nein, gnäd'ger Herr. Aber ich kann ja die Chriſtel ſchicken ...“
„Nein, nein, ſchicke nicht. Das ſtört bloß. Aber warten wollen wir auch nicht. Es war doch weiter nach Globſow, als ich dachte; das heißt, eigentlich war es
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0082"n="[75]"/><divn="2"><head><hirendition="#b #g">Sechſtes Kapitel.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Gleich nach zwölf — Woldemar hatte ſich, wie ge¬<lb/>
plant, ſchon lange vorher, um bei Lorenzen vorzuſprechen,<lb/>
von den andern Herren getrennt — waren Dubslav, Rex<lb/>
und Czako von dem Globſower Ausfluge zurück, und Rex,<lb/>
feiner Mann, der er war, war bei Paſſierung des Vor¬<lb/>
hofs verbindlich an die mit Zinn ausgelegte blanke Glas¬<lb/>
kugel herangetreten, um ihr, als einem mutmaßlichen<lb/>
Produkte der eben beſichtigten „grünen Glashütte“, ſeine<lb/>
Miniſterialaufmerkſamkeit zu ſchenken. Er ging dabei ſo<lb/>
weit, von „Induſtrieſtaat“ zu ſprechen. Czako, der ge¬<lb/>
meinſchaftlich mit Rex in die Glaskugel hineinguckte, war<lb/>
mit allem einverſtanden, nur nicht mit ſeinem Spiegel¬<lb/>
bilde. „Wenn man nur bloß etwas beſſer ausſähe ...“<lb/>
Rex verſuchte zu widerſprechen, aber Czako gab nicht nach<lb/>
und verſicherte: „Ja, Rex, Sie ſind ein ſchöner Mann,<lb/>
Sie haben eben mehr zuzuſetzen. Und da bleibt denn<lb/>
immer noch was übrig.“</p><lb/><p>Oben auf der Rampe ſtand Engelke.</p><lb/><p>„Nun, Engelke, wie ſteht's? Woldemar und der<lb/>
Paſtor ſchon da?“</p><lb/><p>„Nein, gnäd'ger Herr. Aber ich kann ja die Chriſtel<lb/>ſchicken ...“</p><lb/><p>„Nein, nein, ſchicke nicht. Das ſtört bloß. Aber<lb/>
warten wollen wir auch nicht. Es war doch weiter nach<lb/>
Globſow, als ich dachte; das heißt, eigentlich war es<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[75]/0082]
Sechſtes Kapitel.
Gleich nach zwölf — Woldemar hatte ſich, wie ge¬
plant, ſchon lange vorher, um bei Lorenzen vorzuſprechen,
von den andern Herren getrennt — waren Dubslav, Rex
und Czako von dem Globſower Ausfluge zurück, und Rex,
feiner Mann, der er war, war bei Paſſierung des Vor¬
hofs verbindlich an die mit Zinn ausgelegte blanke Glas¬
kugel herangetreten, um ihr, als einem mutmaßlichen
Produkte der eben beſichtigten „grünen Glashütte“, ſeine
Miniſterialaufmerkſamkeit zu ſchenken. Er ging dabei ſo
weit, von „Induſtrieſtaat“ zu ſprechen. Czako, der ge¬
meinſchaftlich mit Rex in die Glaskugel hineinguckte, war
mit allem einverſtanden, nur nicht mit ſeinem Spiegel¬
bilde. „Wenn man nur bloß etwas beſſer ausſähe ...“
Rex verſuchte zu widerſprechen, aber Czako gab nicht nach
und verſicherte: „Ja, Rex, Sie ſind ein ſchöner Mann,
Sie haben eben mehr zuzuſetzen. Und da bleibt denn
immer noch was übrig.“
Oben auf der Rampe ſtand Engelke.
„Nun, Engelke, wie ſteht's? Woldemar und der
Paſtor ſchon da?“
„Nein, gnäd'ger Herr. Aber ich kann ja die Chriſtel
ſchicken ...“
„Nein, nein, ſchicke nicht. Das ſtört bloß. Aber
warten wollen wir auch nicht. Es war doch weiter nach
Globſow, als ich dachte; das heißt, eigentlich war es
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [75]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/82>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.