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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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gegründet für Frühgottesdienste, abwechselnd in Schön¬
hausen und Finkenkrug. Aber es ist noch nicht perfekt
geworden."

"Freut mich, daß es noch hapert. Ich mag so was
nicht. Der alte Wilhelm hat zwar seinem Volke die Re¬
ligion wieder geben wollen, was ein schönes Wort von
ihm war -- alles, was er that und sagte, war gut --
aber Religion und Landpartie, dagegen bin ich doch. Ich
bin überhaupt gegen alle falschen Mischungen. Auch bei
den Menschen. Die reine Rasse, das ist das eigentlich
Legitime. Das andre, was sie nebenher noch Legitimität
nennen, das ist schon alles mehr künstlich. Sage, wie
steht es denn eigentlich damit? Du weißt schon, was ich
meine."

"Ja, Papa ..."

"Nein, nicht so; nicht immer bloß ,ja, Papa'. So
fängst du jedesmal an, wenn ich auf dies Thema komme.
Da liegt schon ein halber Refus drin, oder ein Hinaus¬
schieben, ein Abwartenwollen. Und damit kann ich mich
nicht befreunden. Du bist jetzt zweiunddreißig, oder doch
beinah', da muß der mit der Fackel kommen; aber du
fackelst (verzeih den Kalauer; ich bin eigentlich gegen
Kalauer, die sind so mehr für Handlungsreisende) also du
fackelst, sag' ich, und ist kein Ernst dahinter. Und so viel
kann ich dir außerdem sagen, deine Tante Sanctissima
drüben in Kloster Wutz, die wird auch schon ungeduldig.
Und das sollte dir zu denken geben. Mich hat sie zeit¬
lebens schlecht behandelt; wir stimmten eben nie zusammen
und konnten auch nicht, denn so halb Königin Elisabeth,
halb Kaffeeschwester, das is 'ne Melange, mit der ich mich
nie habe befreunden können. Ihr drittes Wort ist immer
ihr Rentmeister Fix, und wäre sie nicht sechsundsiebzig,
so erfänd' ich mir eine Geschichte dazu."

"Mach es gnädig, Papa. Sie meint es ja doch gut.
Und mit mir nun schon ganz gewiß."

gegründet für Frühgottesdienſte, abwechſelnd in Schön¬
hauſen und Finkenkrug. Aber es iſt noch nicht perfekt
geworden.“

„Freut mich, daß es noch hapert. Ich mag ſo was
nicht. Der alte Wilhelm hat zwar ſeinem Volke die Re¬
ligion wieder geben wollen, was ein ſchönes Wort von
ihm war — alles, was er that und ſagte, war gut —
aber Religion und Landpartie, dagegen bin ich doch. Ich
bin überhaupt gegen alle falſchen Miſchungen. Auch bei
den Menſchen. Die reine Raſſe, das iſt das eigentlich
Legitime. Das andre, was ſie nebenher noch Legitimität
nennen, das iſt ſchon alles mehr künſtlich. Sage, wie
ſteht es denn eigentlich damit? Du weißt ſchon, was ich
meine.“

„Ja, Papa ...“

„Nein, nicht ſo; nicht immer bloß ‚ja, Papa‘. So
fängſt du jedesmal an, wenn ich auf dies Thema komme.
Da liegt ſchon ein halber Refus drin, oder ein Hinaus¬
ſchieben, ein Abwartenwollen. Und damit kann ich mich
nicht befreunden. Du biſt jetzt zweiunddreißig, oder doch
beinah', da muß der mit der Fackel kommen; aber du
fackelſt (verzeih den Kalauer; ich bin eigentlich gegen
Kalauer, die ſind ſo mehr für Handlungsreiſende) alſo du
fackelſt, ſag' ich, und iſt kein Ernſt dahinter. Und ſo viel
kann ich dir außerdem ſagen, deine Tante Sanctiſſima
drüben in Kloſter Wutz, die wird auch ſchon ungeduldig.
Und das ſollte dir zu denken geben. Mich hat ſie zeit¬
lebens ſchlecht behandelt; wir ſtimmten eben nie zuſammen
und konnten auch nicht, denn ſo halb Königin Eliſabeth,
halb Kaffeeſchweſter, das is 'ne Melange, mit der ich mich
nie habe befreunden können. Ihr drittes Wort iſt immer
ihr Rentmeiſter Fix, und wäre ſie nicht ſechsundſiebzig,
ſo erfänd' ich mir eine Geſchichte dazu.“

„Mach es gnädig, Papa. Sie meint es ja doch gut.
Und mit mir nun ſchon ganz gewiß.“

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[58/0065] gegründet für Frühgottesdienſte, abwechſelnd in Schön¬ hauſen und Finkenkrug. Aber es iſt noch nicht perfekt geworden.“ „Freut mich, daß es noch hapert. Ich mag ſo was nicht. Der alte Wilhelm hat zwar ſeinem Volke die Re¬ ligion wieder geben wollen, was ein ſchönes Wort von ihm war — alles, was er that und ſagte, war gut — aber Religion und Landpartie, dagegen bin ich doch. Ich bin überhaupt gegen alle falſchen Miſchungen. Auch bei den Menſchen. Die reine Raſſe, das iſt das eigentlich Legitime. Das andre, was ſie nebenher noch Legitimität nennen, das iſt ſchon alles mehr künſtlich. Sage, wie ſteht es denn eigentlich damit? Du weißt ſchon, was ich meine.“ „Ja, Papa ...“ „Nein, nicht ſo; nicht immer bloß ‚ja, Papa‘. So fängſt du jedesmal an, wenn ich auf dies Thema komme. Da liegt ſchon ein halber Refus drin, oder ein Hinaus¬ ſchieben, ein Abwartenwollen. Und damit kann ich mich nicht befreunden. Du biſt jetzt zweiunddreißig, oder doch beinah', da muß der mit der Fackel kommen; aber du fackelſt (verzeih den Kalauer; ich bin eigentlich gegen Kalauer, die ſind ſo mehr für Handlungsreiſende) alſo du fackelſt, ſag' ich, und iſt kein Ernſt dahinter. Und ſo viel kann ich dir außerdem ſagen, deine Tante Sanctiſſima drüben in Kloſter Wutz, die wird auch ſchon ungeduldig. Und das ſollte dir zu denken geben. Mich hat ſie zeit¬ lebens ſchlecht behandelt; wir ſtimmten eben nie zuſammen und konnten auch nicht, denn ſo halb Königin Eliſabeth, halb Kaffeeſchweſter, das is 'ne Melange, mit der ich mich nie habe befreunden können. Ihr drittes Wort iſt immer ihr Rentmeiſter Fix, und wäre ſie nicht ſechsundſiebzig, ſo erfänd' ich mir eine Geſchichte dazu.“ „Mach es gnädig, Papa. Sie meint es ja doch gut. Und mit mir nun ſchon ganz gewiß.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/65>, abgerufen am 27.11.2024.