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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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in Kätzchen stehende Weidenallee hinunter, die beinahe
geradlinig auf Gransee zuführte. Das Wetter war
wunderschön; von der Kälte, die noch am Vormittag
geherrscht hatte, zeigte sich nichts mehr; der Himmel
war gleichmäßig grau, nur hier und da eine blaue
Stelle. Der Rauch stand in der stillen Luft, die Spatzen
quirilierten auf den Telegraphendrähten und aus dem
Saatengrün stiegen die Lerchen auf. "Wie schön,"
sagte Baron Berchtesgaden, "und dabei spricht man
immer von der Dürftigkeit und Prosa dieser Gegenden."
Alles stimmte zu, zumeist der alte Graf, der die Früh¬
lingsluft einsog und immer wieder aussprach, wie
glücklich ihn diese Stunde mache. Sein Bewegtsein
fiel auf.

"Ich dachte, lieber Barby," sagte der Baron, "in
meinen Huldigungen gegen Ihre märkische Frühlings¬
landschaft ein Äußerstes gethan zu haben. Aber ich sehe,
ich bleibe doch weit zurück; Sie schlagen mich aus dem
Felde."

"Ja," sagte der alte Graf, "und mir kommt es wohl
auch zu. Denn ich bin der erste dran, davon Abschied
nehmen zu müssen."


Rex und Czako folgten in einem leichten Jagd¬
wagen. Die beiden Schecken, kleine Shetländer, warfen
ihre Mähnen. Daß man von einem Begräbnis kam,
war dem Gefährt nicht recht anzusehen.

"Rex," sagte Czako, "Sie könnten nun wieder
ein ander Gesicht aufsetzen. Oder wollen Sie mich
glauben machen, daß Sie wirklich betrübten Herzens
sind?"

"Nein, Czako, so gröblich inscenier' ich mich nicht.
Und käme mir so was in den Sinn, so jedenfalls nicht
vor einem Publikum, das Czako heißt. Übrigens wollen

in Kätzchen ſtehende Weidenallee hinunter, die beinahe
geradlinig auf Granſee zuführte. Das Wetter war
wunderſchön; von der Kälte, die noch am Vormittag
geherrſcht hatte, zeigte ſich nichts mehr; der Himmel
war gleichmäßig grau, nur hier und da eine blaue
Stelle. Der Rauch ſtand in der ſtillen Luft, die Spatzen
quirilierten auf den Telegraphendrähten und aus dem
Saatengrün ſtiegen die Lerchen auf. „Wie ſchön,“
ſagte Baron Berchtesgaden, „und dabei ſpricht man
immer von der Dürftigkeit und Proſa dieſer Gegenden.“
Alles ſtimmte zu, zumeiſt der alte Graf, der die Früh¬
lingsluft einſog und immer wieder ausſprach, wie
glücklich ihn dieſe Stunde mache. Sein Bewegtſein
fiel auf.

„Ich dachte, lieber Barby,“ ſagte der Baron, „in
meinen Huldigungen gegen Ihre märkiſche Frühlings¬
landſchaft ein Äußerſtes gethan zu haben. Aber ich ſehe,
ich bleibe doch weit zurück; Sie ſchlagen mich aus dem
Felde.“

„Ja,“ ſagte der alte Graf, „und mir kommt es wohl
auch zu. Denn ich bin der erſte dran, davon Abſchied
nehmen zu müſſen.“


Rex und Czako folgten in einem leichten Jagd¬
wagen. Die beiden Schecken, kleine Shetländer, warfen
ihre Mähnen. Daß man von einem Begräbnis kam,
war dem Gefährt nicht recht anzuſehen.

„Rex,“ ſagte Czako, „Sie könnten nun wieder
ein ander Geſicht aufſetzen. Oder wollen Sie mich
glauben machen, daß Sie wirklich betrübten Herzens
ſind?“

„Nein, Czako, ſo gröblich inſcenier' ich mich nicht.
Und käme mir ſo was in den Sinn, ſo jedenfalls nicht
vor einem Publikum, das Czako heißt. Übrigens wollen

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[507/0514] in Kätzchen ſtehende Weidenallee hinunter, die beinahe geradlinig auf Granſee zuführte. Das Wetter war wunderſchön; von der Kälte, die noch am Vormittag geherrſcht hatte, zeigte ſich nichts mehr; der Himmel war gleichmäßig grau, nur hier und da eine blaue Stelle. Der Rauch ſtand in der ſtillen Luft, die Spatzen quirilierten auf den Telegraphendrähten und aus dem Saatengrün ſtiegen die Lerchen auf. „Wie ſchön,“ ſagte Baron Berchtesgaden, „und dabei ſpricht man immer von der Dürftigkeit und Proſa dieſer Gegenden.“ Alles ſtimmte zu, zumeiſt der alte Graf, der die Früh¬ lingsluft einſog und immer wieder ausſprach, wie glücklich ihn dieſe Stunde mache. Sein Bewegtſein fiel auf. „Ich dachte, lieber Barby,“ ſagte der Baron, „in meinen Huldigungen gegen Ihre märkiſche Frühlings¬ landſchaft ein Äußerſtes gethan zu haben. Aber ich ſehe, ich bleibe doch weit zurück; Sie ſchlagen mich aus dem Felde.“ „Ja,“ ſagte der alte Graf, „und mir kommt es wohl auch zu. Denn ich bin der erſte dran, davon Abſchied nehmen zu müſſen.“ Rex und Czako folgten in einem leichten Jagd¬ wagen. Die beiden Schecken, kleine Shetländer, warfen ihre Mähnen. Daß man von einem Begräbnis kam, war dem Gefährt nicht recht anzuſehen. „Rex,“ ſagte Czako, „Sie könnten nun wieder ein ander Geſicht aufſetzen. Oder wollen Sie mich glauben machen, daß Sie wirklich betrübten Herzens ſind?“ „Nein, Czako, ſo gröblich inſcenier' ich mich nicht. Und käme mir ſo was in den Sinn, ſo jedenfalls nicht vor einem Publikum, das Czako heißt. Übrigens wollen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/514>, abgerufen am 23.11.2024.