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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Das Hochzeitsmahl fand im Barbyschen Hause
statt, notgedrungen en petit comite, da das große
Mittelzimmer, auch bei geschicktester Anordnung, immer
nur etwa zwanzig Personen aufnehmen konnte. Der
weitaus größte Teil der Gesellschaft setzte sich aus uns
schon bekannten Personen zusammen, obenan natürlich
der alte Stechlin. Er war gern gekommen, trotzdem
ihm die Weltabgewandtheit, in der er lebte, den Ent¬
schluß anfänglich erschwert hatte. Tante Adelheid fehlte.
"Trösten wir uns," sagte Melusine mit einer ihr kleiden¬
den Überheblichkeit. Selbstverständlich waren die Berchtes¬
gadens da, desgleichen Rex und Czako, sowie Cujacius
und Wrschowitz. Außerdem ein, behufs Abschluß seiner
landwirtschaftlichen Studien, erst seit kurzem in Berlin
lebender junger Baron von Planta, Neffe der verstorbenen
Gräfin, zu dem sich zunächst ein Premierlieutenant von
Szilagy (Freund und früherer Regimentskamerad von
Woldemar) und des weiteren ein Dr. Pusch gesellte, den die
Barbys noch von ihren Londoner Tagen her gut kannten.
Dem Brautpaare gegenüber saßen die beiden Väter, be¬
ziehungsweise Schwiegerväter. Da weder der eine noch
der andre zu den Rednern zählte, so ließ Frommel das
Brautpaar in einem Toaste leben, drin Ernst und Scherz,
Christlichkeit und Humor in glücklichster Weise verteilt
waren. Alles war entzückt, der alte Stechlin, Frommels
Tischnachbar, am meisten. Beide Herren hatten sich schon
vorher angefreundet, und als nach Erledigung des offi¬
ziellen Toastes das Tischgespräch ganz allgemein wieder
in Konversation mit dem Nachbar überging, sahen sich
Frommel und der alte Stechlin in Anknüpfung einer
intimeren Privatunterhaltung nicht weiter behindert.

"Ihr Herr Sohn," sagte Frommel, "wovon ich
mich persönlich überzeugen konnte, wohnt sehr hübsch.
Darf ich daraus schließen, daß Sie sich bei ihm ein¬
logiert haben?"

Fontane, Der Stechlin. 25

Das Hochzeitsmahl fand im Barbyſchen Hauſe
ſtatt, notgedrungen en petit comité, da das große
Mittelzimmer, auch bei geſchickteſter Anordnung, immer
nur etwa zwanzig Perſonen aufnehmen konnte. Der
weitaus größte Teil der Geſellſchaft ſetzte ſich aus uns
ſchon bekannten Perſonen zuſammen, obenan natürlich
der alte Stechlin. Er war gern gekommen, trotzdem
ihm die Weltabgewandtheit, in der er lebte, den Ent¬
ſchluß anfänglich erſchwert hatte. Tante Adelheid fehlte.
„Tröſten wir uns,“ ſagte Meluſine mit einer ihr kleiden¬
den Überheblichkeit. Selbſtverſtändlich waren die Berchtes¬
gadens da, desgleichen Rex und Czako, ſowie Cujacius
und Wrſchowitz. Außerdem ein, behufs Abſchluß ſeiner
landwirtſchaftlichen Studien, erſt ſeit kurzem in Berlin
lebender junger Baron von Planta, Neffe der verſtorbenen
Gräfin, zu dem ſich zunächſt ein Premierlieutenant von
Szilagy (Freund und früherer Regimentskamerad von
Woldemar) und des weiteren ein Dr. Puſch geſellte, den die
Barbys noch von ihren Londoner Tagen her gut kannten.
Dem Brautpaare gegenüber ſaßen die beiden Väter, be¬
ziehungsweiſe Schwiegerväter. Da weder der eine noch
der andre zu den Rednern zählte, ſo ließ Frommel das
Brautpaar in einem Toaſte leben, drin Ernſt und Scherz,
Chriſtlichkeit und Humor in glücklichſter Weiſe verteilt
waren. Alles war entzückt, der alte Stechlin, Frommels
Tiſchnachbar, am meiſten. Beide Herren hatten ſich ſchon
vorher angefreundet, und als nach Erledigung des offi¬
ziellen Toaſtes das Tiſchgeſpräch ganz allgemein wieder
in Konverſation mit dem Nachbar überging, ſahen ſich
Frommel und der alte Stechlin in Anknüpfung einer
intimeren Privatunterhaltung nicht weiter behindert.

„Ihr Herr Sohn,“ ſagte Frommel, „wovon ich
mich perſönlich überzeugen konnte, wohnt ſehr hübſch.
Darf ich daraus ſchließen, daß Sie ſich bei ihm ein¬
logiert haben?“

Fontane, Der Stechlin. 25
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[385/0392] Das Hochzeitsmahl fand im Barbyſchen Hauſe ſtatt, notgedrungen en petit comité, da das große Mittelzimmer, auch bei geſchickteſter Anordnung, immer nur etwa zwanzig Perſonen aufnehmen konnte. Der weitaus größte Teil der Geſellſchaft ſetzte ſich aus uns ſchon bekannten Perſonen zuſammen, obenan natürlich der alte Stechlin. Er war gern gekommen, trotzdem ihm die Weltabgewandtheit, in der er lebte, den Ent¬ ſchluß anfänglich erſchwert hatte. Tante Adelheid fehlte. „Tröſten wir uns,“ ſagte Meluſine mit einer ihr kleiden¬ den Überheblichkeit. Selbſtverſtändlich waren die Berchtes¬ gadens da, desgleichen Rex und Czako, ſowie Cujacius und Wrſchowitz. Außerdem ein, behufs Abſchluß ſeiner landwirtſchaftlichen Studien, erſt ſeit kurzem in Berlin lebender junger Baron von Planta, Neffe der verſtorbenen Gräfin, zu dem ſich zunächſt ein Premierlieutenant von Szilagy (Freund und früherer Regimentskamerad von Woldemar) und des weiteren ein Dr. Puſch geſellte, den die Barbys noch von ihren Londoner Tagen her gut kannten. Dem Brautpaare gegenüber ſaßen die beiden Väter, be¬ ziehungsweiſe Schwiegerväter. Da weder der eine noch der andre zu den Rednern zählte, ſo ließ Frommel das Brautpaar in einem Toaſte leben, drin Ernſt und Scherz, Chriſtlichkeit und Humor in glücklichſter Weiſe verteilt waren. Alles war entzückt, der alte Stechlin, Frommels Tiſchnachbar, am meiſten. Beide Herren hatten ſich ſchon vorher angefreundet, und als nach Erledigung des offi¬ ziellen Toaſtes das Tiſchgeſpräch ganz allgemein wieder in Konverſation mit dem Nachbar überging, ſahen ſich Frommel und der alte Stechlin in Anknüpfung einer intimeren Privatunterhaltung nicht weiter behindert. „Ihr Herr Sohn,“ ſagte Frommel, „wovon ich mich perſönlich überzeugen konnte, wohnt ſehr hübſch. Darf ich daraus ſchließen, daß Sie ſich bei ihm ein¬ logiert haben?“ Fontane, Der Stechlin. 25

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/392>, abgerufen am 25.11.2024.