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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Ghiberti, die uns als Dame d'honneur begleiten wird.
Armgard ist in Furcht und Aufregung wie vor einem
Examen. Sehr ohne Not. Kenn' ich doch meinen Papa,
der die Güte und Liebe selbst ist. Wie immer dein
Woldemar."

Engelke stand neben seines Herrn Stuhl, als dieser
die Zeilen halblaut, aber doch in aller Deutlichkeit vorlas.
"Nun, Engelke, was sagst du dazu?"

"Ja, gnäd'ger Herr, was soll ich dazu sagen. Es
is ja doch, was man so 'ne ,gute Nachricht' nennt."

"Natürlich is es 'ne gute Nachricht. Aber hast du
noch nicht erlebt, daß einen gute Nachrichten auch genieren
können?"

"Jott, gnäd'ger Herr, ich kriege keine."

"Na, denn sei froh; dann weißt du nicht, was ,ge¬
mischte Gefühle' sind. Sieh, ich habe jetzt gemischte Ge¬
fühle. Da kommt nun mein Woldemar. Das is gut
Und da bringt er seine Braut mit, das is wieder gut.
Und da bringt er seine Schwägerin mit, und das
is wahrscheinlich auch gut. Aber die Schwägerin ist
eine Gräfin mit einem italienischen Namen, und die
Braut heißt Armgard, was doch auch schon sonderbar
ist. Und beide sind in England geboren, und ihre
Mutter war aus der Schweiz, von einer Stelle her, von
der man nicht recht weiß, wozu sie gehört, weil da alles
schon durcheinander geht. Und überall haben sie Besitzungen,
und Stechlin ist doch blos 'ne Kathe. Sieh, Engelke, das
is genierlich und giebt das, was ich ,gemischte Gefühle'
nenne."

"Nu ja, nu ja."

"Und dann müssen wir doch auch repräsentieren. Ich
muß ihnen doch irgend einen Menschen vorsetzen. Ja,
wen soll ich ihnen vorsetzen? Viel is hier nich. Da
hab' ich Adelheiden. Natürlich, die muß ich einladen,
und sie wird auch kommen, trotzdem Schnee gefallen ist;

Ghiberti, die uns als Dame d'honneur begleiten wird.
Armgard iſt in Furcht und Aufregung wie vor einem
Examen. Sehr ohne Not. Kenn' ich doch meinen Papa,
der die Güte und Liebe ſelbſt iſt. Wie immer dein
Woldemar.“

Engelke ſtand neben ſeines Herrn Stuhl, als dieſer
die Zeilen halblaut, aber doch in aller Deutlichkeit vorlas.
„Nun, Engelke, was ſagſt du dazu?“

„Ja, gnäd'ger Herr, was ſoll ich dazu ſagen. Es
is ja doch, was man ſo 'ne ‚gute Nachricht‘ nennt.“

„Natürlich is es 'ne gute Nachricht. Aber haſt du
noch nicht erlebt, daß einen gute Nachrichten auch genieren
können?“

„Jott, gnäd'ger Herr, ich kriege keine.“

„Na, denn ſei froh; dann weißt du nicht, was ‚ge¬
miſchte Gefühle‘ ſind. Sieh, ich habe jetzt gemiſchte Ge¬
fühle. Da kommt nun mein Woldemar. Das is gut
Und da bringt er ſeine Braut mit, das is wieder gut.
Und da bringt er ſeine Schwägerin mit, und das
is wahrſcheinlich auch gut. Aber die Schwägerin iſt
eine Gräfin mit einem italieniſchen Namen, und die
Braut heißt Armgard, was doch auch ſchon ſonderbar
iſt. Und beide ſind in England geboren, und ihre
Mutter war aus der Schweiz, von einer Stelle her, von
der man nicht recht weiß, wozu ſie gehört, weil da alles
ſchon durcheinander geht. Und überall haben ſie Beſitzungen,
und Stechlin iſt doch blos 'ne Kathe. Sieh, Engelke, das
is genierlich und giebt das, was ich ‚gemiſchte Gefühle‘
nenne.“

„Nu ja, nu ja.“

„Und dann müſſen wir doch auch repräſentieren. Ich
muß ihnen doch irgend einen Menſchen vorſetzen. Ja,
wen ſoll ich ihnen vorſetzen? Viel is hier nich. Da
hab' ich Adelheiden. Natürlich, die muß ich einladen,
und ſie wird auch kommen, trotzdem Schnee gefallen iſt;

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[327/0334] Ghiberti, die uns als Dame d'honneur begleiten wird. Armgard iſt in Furcht und Aufregung wie vor einem Examen. Sehr ohne Not. Kenn' ich doch meinen Papa, der die Güte und Liebe ſelbſt iſt. Wie immer dein Woldemar.“ Engelke ſtand neben ſeines Herrn Stuhl, als dieſer die Zeilen halblaut, aber doch in aller Deutlichkeit vorlas. „Nun, Engelke, was ſagſt du dazu?“ „Ja, gnäd'ger Herr, was ſoll ich dazu ſagen. Es is ja doch, was man ſo 'ne ‚gute Nachricht‘ nennt.“ „Natürlich is es 'ne gute Nachricht. Aber haſt du noch nicht erlebt, daß einen gute Nachrichten auch genieren können?“ „Jott, gnäd'ger Herr, ich kriege keine.“ „Na, denn ſei froh; dann weißt du nicht, was ‚ge¬ miſchte Gefühle‘ ſind. Sieh, ich habe jetzt gemiſchte Ge¬ fühle. Da kommt nun mein Woldemar. Das is gut Und da bringt er ſeine Braut mit, das is wieder gut. Und da bringt er ſeine Schwägerin mit, und das is wahrſcheinlich auch gut. Aber die Schwägerin iſt eine Gräfin mit einem italieniſchen Namen, und die Braut heißt Armgard, was doch auch ſchon ſonderbar iſt. Und beide ſind in England geboren, und ihre Mutter war aus der Schweiz, von einer Stelle her, von der man nicht recht weiß, wozu ſie gehört, weil da alles ſchon durcheinander geht. Und überall haben ſie Beſitzungen, und Stechlin iſt doch blos 'ne Kathe. Sieh, Engelke, das is genierlich und giebt das, was ich ‚gemiſchte Gefühle‘ nenne.“ „Nu ja, nu ja.“ „Und dann müſſen wir doch auch repräſentieren. Ich muß ihnen doch irgend einen Menſchen vorſetzen. Ja, wen ſoll ich ihnen vorſetzen? Viel is hier nich. Da hab' ich Adelheiden. Natürlich, die muß ich einladen, und ſie wird auch kommen, trotzdem Schnee gefallen iſt;

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/334>, abgerufen am 26.11.2024.