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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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noch nicht wissen werden, wieder was einpassiert; er
schickte mir heute früh einen Boten mit der Nachricht
davon, und daraus schloß ich, er würde nicht zur Wahl
kommen. Aber Ermyntrud mit ihrer grandiosen Pflicht¬
vorstellung wird ihn wohl wieder fortgeschickt haben."

"Ist es wieder ein Mädchen?" fragte Lorenzen.

"Natürlich, und zwar das siebente. Bei sieben
(freilich müssen es Jungens sein) darf man. glaub ich,
den Kaiser zu Gevatter laden. Übrigens sind mehrere bereits
tot, und alles in allem ist es wohl möglich, daß sich
Ermyntrud über das beständige ,bloß Mädchen' allerlei
Sorgen und Gedanken macht."

Lorenzen nickte. "Kann mir's denken, daß die
Prinzessin etwas wie eine zu leistende Sühne darin sieht,
Sühne wegen des von ihr gethanen Schrittes. Alles
an ihr ist ein wenig überspannt. Und doch ist es eine
sehr liebenswürdige Dame."

"Wovon niemand überzeugter ist als ich," sagte
Dubslav. "Freilich bin ich bestochen, denn sie sagt mir
immer das Schmeichelhafteste. Sie plaudre so gern mit
mir, was auch am Ende wohl zutrifft. Und dabei wird
sie dann jedesmal ganz ausgelassen, trotzdem sie eigentlich
hochgradig sentimental ist. Sentimental, was nicht über¬
raschen darf; denn aus Sentimentalität ist doch schließlich
die ganze Katzlerei hervorgegangen. Bin übrigens ernstlich
in Sorge, wo Hoheit den richtigen Taufnamen für das
Jüngstgeborene hernehmen wird. In diesem Stücke,
vielleicht dem einzigen, ist sie nämlich noch ganz und
gar Prinzessin geblieben. Und Sie, lieber Lorenzeu, werden
dabei sicherlich mit zu Rate gezogen werden."

"Was ich mir nicht schwierig denken kann."

"Sagen Sie das nicht. Es giebt in diesem Falle viel
weniger Brauchbares, als Sie sich vorzustellen scheinen.
Prinzessinnen-Namen an und für sich, ohne weitere Zu¬
that, ja, die giebt es genug. Aber damit ist Ermyn¬

noch nicht wiſſen werden, wieder was einpaſſiert; er
ſchickte mir heute früh einen Boten mit der Nachricht
davon, und daraus ſchloß ich, er würde nicht zur Wahl
kommen. Aber Ermyntrud mit ihrer grandioſen Pflicht¬
vorſtellung wird ihn wohl wieder fortgeſchickt haben.“

„Iſt es wieder ein Mädchen?“ fragte Lorenzen.

„Natürlich, und zwar das ſiebente. Bei ſieben
(freilich müſſen es Jungens ſein) darf man. glaub ich,
den Kaiſer zu Gevatter laden. Übrigens ſind mehrere bereits
tot, und alles in allem iſt es wohl möglich, daß ſich
Ermyntrud über das beſtändige ‚bloß Mädchen‘ allerlei
Sorgen und Gedanken macht.“

Lorenzen nickte. „Kann mir's denken, daß die
Prinzeſſin etwas wie eine zu leiſtende Sühne darin ſieht,
Sühne wegen des von ihr gethanen Schrittes. Alles
an ihr iſt ein wenig überſpannt. Und doch iſt es eine
ſehr liebenswürdige Dame.“

„Wovon niemand überzeugter iſt als ich,“ ſagte
Dubslav. „Freilich bin ich beſtochen, denn ſie ſagt mir
immer das Schmeichelhafteſte. Sie plaudre ſo gern mit
mir, was auch am Ende wohl zutrifft. Und dabei wird
ſie dann jedesmal ganz ausgelaſſen, trotzdem ſie eigentlich
hochgradig ſentimental iſt. Sentimental, was nicht über¬
raſchen darf; denn aus Sentimentalität iſt doch ſchließlich
die ganze Katzlerei hervorgegangen. Bin übrigens ernſtlich
in Sorge, wo Hoheit den richtigen Taufnamen für das
Jüngſtgeborene hernehmen wird. In dieſem Stücke,
vielleicht dem einzigen, iſt ſie nämlich noch ganz und
gar Prinzeſſin geblieben. Und Sie, lieber Lorenzeu, werden
dabei ſicherlich mit zu Rate gezogen werden.“

„Was ich mir nicht ſchwierig denken kann.“

„Sagen Sie das nicht. Es giebt in dieſem Falle viel
weniger Brauchbares, als Sie ſich vorzuſtellen ſcheinen.
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[235/0242] noch nicht wiſſen werden, wieder was einpaſſiert; er ſchickte mir heute früh einen Boten mit der Nachricht davon, und daraus ſchloß ich, er würde nicht zur Wahl kommen. Aber Ermyntrud mit ihrer grandioſen Pflicht¬ vorſtellung wird ihn wohl wieder fortgeſchickt haben.“ „Iſt es wieder ein Mädchen?“ fragte Lorenzen. „Natürlich, und zwar das ſiebente. Bei ſieben (freilich müſſen es Jungens ſein) darf man. glaub ich, den Kaiſer zu Gevatter laden. Übrigens ſind mehrere bereits tot, und alles in allem iſt es wohl möglich, daß ſich Ermyntrud über das beſtändige ‚bloß Mädchen‘ allerlei Sorgen und Gedanken macht.“ Lorenzen nickte. „Kann mir's denken, daß die Prinzeſſin etwas wie eine zu leiſtende Sühne darin ſieht, Sühne wegen des von ihr gethanen Schrittes. Alles an ihr iſt ein wenig überſpannt. Und doch iſt es eine ſehr liebenswürdige Dame.“ „Wovon niemand überzeugter iſt als ich,“ ſagte Dubslav. „Freilich bin ich beſtochen, denn ſie ſagt mir immer das Schmeichelhafteſte. Sie plaudre ſo gern mit mir, was auch am Ende wohl zutrifft. Und dabei wird ſie dann jedesmal ganz ausgelaſſen, trotzdem ſie eigentlich hochgradig ſentimental iſt. Sentimental, was nicht über¬ raſchen darf; denn aus Sentimentalität iſt doch ſchließlich die ganze Katzlerei hervorgegangen. Bin übrigens ernſtlich in Sorge, wo Hoheit den richtigen Taufnamen für das Jüngſtgeborene hernehmen wird. In dieſem Stücke, vielleicht dem einzigen, iſt ſie nämlich noch ganz und gar Prinzeſſin geblieben. Und Sie, lieber Lorenzeu, werden dabei ſicherlich mit zu Rate gezogen werden.“ „Was ich mir nicht ſchwierig denken kann.“ „Sagen Sie das nicht. Es giebt in dieſem Falle viel weniger Brauchbares, als Sie ſich vorzuſtellen ſcheinen. Prinzeſſinnen-Namen an und für ſich, ohne weitere Zu¬ that, ja, die giebt es genug. Aber damit iſt Ermyn¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/242>, abgerufen am 22.11.2024.