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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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und dann geniert sich mein Imme auch, und die Hälfte
bleibt übrig. Na, jedenfalls is es nett, daß du wieder
da bist. Ich habe dich ja seit deinem letzten Dienst noch
gar nicht ordentlich gesehen. Es war ja wohl 'ne Hof¬
rätin? Na, Hofrätinnen, die kenn' ich. Aber es giebt
auch gute. Wie war er denn?

"Na, mit ihm ging es."

"Deine krausen Haare werden wohl wieder schuld
sein. Die können manche nicht vertragen. Und wenn
dann die Frau was merkt, dann is es vorbei."

"Nein, so war es nicht. Er war ein sehr anständiger
Mann. Beinahe zu sehr."

"Aber, Kind, wie kannst du nur so was sagen? Wie
kann einer zu anständig sein?"

"Ja, Frau Imme. Wenn einen einer gar nicht an¬
sieht, das is einem auch nicht recht."

"Ach, Hedwig, was du da bloß so red'st! Und wenn
ich nich wüßte, daß du gar nich so bist ... Aber was
war es denn?"

"Ja, Frau Imme, was soll ich sagen, was es war;
es is ja immer wieder dasselbe. Die Herrschaften können
einen nich richtig unterbringen. Oder wollen auch nich.
Immer wieder die Schlafstelle oder, wie manche hier
sagen, die Schlafgelegenheit."

"Aber, Kind, wie denn? Du mußt doch 'ne Ge¬
legenheit zum Schlafen haben."

"Gewiß, Frau Imme. Und 'ne Gelegenheit, so
denkt mancher, is 'ne Gelegenheit. Aber gerade die, die
hat man nich. Man ist müde zum Umfallen und kann
doch nicht schlafen."

"Versteh' ich nich."

"Ja, Frau Imme, das macht, weil Sie von Kindes¬
beinen an immer bei so gute Herrschaften waren, und
mit Lizzi is es jetzt wieder ebenso. Die hat es auch
gut un is, wie wenn sie mit dazu gehörte. Meine

und dann geniert ſich mein Imme auch, und die Hälfte
bleibt übrig. Na, jedenfalls is es nett, daß du wieder
da biſt. Ich habe dich ja ſeit deinem letzten Dienſt noch
gar nicht ordentlich geſehen. Es war ja wohl 'ne Hof¬
rätin? Na, Hofrätinnen, die kenn' ich. Aber es giebt
auch gute. Wie war er denn?

„Na, mit ihm ging es.“

„Deine krauſen Haare werden wohl wieder ſchuld
ſein. Die können manche nicht vertragen. Und wenn
dann die Frau was merkt, dann is es vorbei.“

„Nein, ſo war es nicht. Er war ein ſehr anſtändiger
Mann. Beinahe zu ſehr.“

„Aber, Kind, wie kannſt du nur ſo was ſagen? Wie
kann einer zu anſtändig ſein?“

„Ja, Frau Imme. Wenn einen einer gar nicht an¬
ſieht, das is einem auch nicht recht.“

„Ach, Hedwig, was du da bloß ſo red'ſt! Und wenn
ich nich wüßte, daß du gar nich ſo biſt ... Aber was
war es denn?“

„Ja, Frau Imme, was ſoll ich ſagen, was es war;
es is ja immer wieder dasſelbe. Die Herrſchaften können
einen nich richtig unterbringen. Oder wollen auch nich.
Immer wieder die Schlafſtelle oder, wie manche hier
ſagen, die Schlafgelegenheit.“

„Aber, Kind, wie denn? Du mußt doch 'ne Ge¬
legenheit zum Schlafen haben.“

„Gewiß, Frau Imme. Und 'ne Gelegenheit, ſo
denkt mancher, is 'ne Gelegenheit. Aber gerade die, die
hat man nich. Man iſt müde zum Umfallen und kann
doch nicht ſchlafen.“

„Verſteh' ich nich.“

„Ja, Frau Imme, das macht, weil Sie von Kindes¬
beinen an immer bei ſo gute Herrſchaften waren, und
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gut un is, wie wenn ſie mit dazu gehörte. Meine

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[187/0194] und dann geniert ſich mein Imme auch, und die Hälfte bleibt übrig. Na, jedenfalls is es nett, daß du wieder da biſt. Ich habe dich ja ſeit deinem letzten Dienſt noch gar nicht ordentlich geſehen. Es war ja wohl 'ne Hof¬ rätin? Na, Hofrätinnen, die kenn' ich. Aber es giebt auch gute. Wie war er denn? „Na, mit ihm ging es.“ „Deine krauſen Haare werden wohl wieder ſchuld ſein. Die können manche nicht vertragen. Und wenn dann die Frau was merkt, dann is es vorbei.“ „Nein, ſo war es nicht. Er war ein ſehr anſtändiger Mann. Beinahe zu ſehr.“ „Aber, Kind, wie kannſt du nur ſo was ſagen? Wie kann einer zu anſtändig ſein?“ „Ja, Frau Imme. Wenn einen einer gar nicht an¬ ſieht, das is einem auch nicht recht.“ „Ach, Hedwig, was du da bloß ſo red'ſt! Und wenn ich nich wüßte, daß du gar nich ſo biſt ... Aber was war es denn?“ „Ja, Frau Imme, was ſoll ich ſagen, was es war; es is ja immer wieder dasſelbe. Die Herrſchaften können einen nich richtig unterbringen. Oder wollen auch nich. Immer wieder die Schlafſtelle oder, wie manche hier ſagen, die Schlafgelegenheit.“ „Aber, Kind, wie denn? Du mußt doch 'ne Ge¬ legenheit zum Schlafen haben.“ „Gewiß, Frau Imme. Und 'ne Gelegenheit, ſo denkt mancher, is 'ne Gelegenheit. Aber gerade die, die hat man nich. Man iſt müde zum Umfallen und kann doch nicht ſchlafen.“ „Verſteh' ich nich.“ „Ja, Frau Imme, das macht, weil Sie von Kindes¬ beinen an immer bei ſo gute Herrſchaften waren, und mit Lizzi is es jetzt wieder ebenſo. Die hat es auch gut un is, wie wenn ſie mit dazu gehörte. Meine

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/194>, abgerufen am 22.11.2024.