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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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rend Czako beklagte, daß Fix verhindert sei. "Solche
Männer sprechen zu hören, die mit dem Volke Fühlung
haben und genau wissen, wie's einerseits in den Schlössern,
andererseits in den Hütten der Armut aussieht, das ist
immer in hohem Maße fördernd und lehrreich und ein
Etwas, auf das ich jederzeit ungern verzichte."

Gleich danach erhob man sich und ging ins Freie.

Der Garten war von sehr ländlicher Art. Durch
seine ganze Länge hin zog sich ein von Buchsbaum¬
rabatten eingefaßter Gang, neben dem links und rechts,
in wohlgepflegten Beeten, Rittersporn und Studenten¬
blumen blühten. Gerade in seiner Mitte weitete sich
der sonst schmale Gang zu einem runden Platz aus,
darauf eine große Glaskugel stand, ganz an die Stech¬
liner erinnernd, nur mit dem Unterschied, daß hier das
eingelegte blanke Zinn fehlte. Beide Kugeln stammten
natürlich aus der Globsower "grünen Hütte". Weiter¬
hin, ganz am Ausgange des Gartens, wurde man eines
etwas schiefen Bretterzaunes ansichtig, mit einem Pflaumen¬
baum dahinter, dessen einer Hauptzweig aus dem Nach¬
bargarten her in den der Domina herüberreichte.

Rex führte die Tante. Dann folgte Woldemar
mit Hauptmann Czako, weit genug ab von dem vor¬
aufgehenden Paar, um ungeniert miteinander sprechen
zu können.

"Nun, Czako," sagte Woldemar, "bleiben wir,
wenn's sein kann, noch ein bißchen weiter zurück. Ich
kann Ihnen gar nicht sagen, wie gern ich in diesem
Garten bin. Allen Ernstes. Ich habe hier nämlich
als Junge hundertmal gespielt und in den Birnbäumen
gesessen; damals standen hier noch etliche, hier links,
wo jetzt die Mohrrübenbeete stehen. Ich mache mir
nichts aus Mohrrüben, woraus ich übrigens schließe,
daß wir heute welche zu Tisch kriegen. Wie gefällt
Ihnen der Garten?"

rend Czako beklagte, daß Fix verhindert ſei. „Solche
Männer ſprechen zu hören, die mit dem Volke Fühlung
haben und genau wiſſen, wie’s einerſeits in den Schlöſſern,
andererſeits in den Hütten der Armut ausſieht, das iſt
immer in hohem Maße fördernd und lehrreich und ein
Etwas, auf das ich jederzeit ungern verzichte.“

Gleich danach erhob man ſich und ging ins Freie.

Der Garten war von ſehr ländlicher Art. Durch
ſeine ganze Länge hin zog ſich ein von Buchsbaum¬
rabatten eingefaßter Gang, neben dem links und rechts,
in wohlgepflegten Beeten, Ritterſporn und Studenten¬
blumen blühten. Gerade in ſeiner Mitte weitete ſich
der ſonſt ſchmale Gang zu einem runden Platz aus,
darauf eine große Glaskugel ſtand, ganz an die Stech¬
liner erinnernd, nur mit dem Unterſchied, daß hier das
eingelegte blanke Zinn fehlte. Beide Kugeln ſtammten
natürlich aus der Globſower „grünen Hütte“. Weiter¬
hin, ganz am Ausgange des Gartens, wurde man eines
etwas ſchiefen Bretterzaunes anſichtig, mit einem Pflaumen¬
baum dahinter, deſſen einer Hauptzweig aus dem Nach¬
bargarten her in den der Domina herüberreichte.

Rex führte die Tante. Dann folgte Woldemar
mit Hauptmann Czako, weit genug ab von dem vor¬
aufgehenden Paar, um ungeniert miteinander ſprechen
zu können.

„Nun, Czako,“ ſagte Woldemar, „bleiben wir,
wenn’s ſein kann, noch ein bißchen weiter zurück. Ich
kann Ihnen gar nicht ſagen, wie gern ich in dieſem
Garten bin. Allen Ernſtes. Ich habe hier nämlich
als Junge hundertmal geſpielt und in den Birnbäumen
geſeſſen; damals ſtanden hier noch etliche, hier links,
wo jetzt die Mohrrübenbeete ſtehen. Ich mache mir
nichts aus Mohrrüben, woraus ich übrigens ſchließe,
daß wir heute welche zu Tiſch kriegen. Wie gefällt
Ihnen der Garten?“

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[104/0111] rend Czako beklagte, daß Fix verhindert ſei. „Solche Männer ſprechen zu hören, die mit dem Volke Fühlung haben und genau wiſſen, wie’s einerſeits in den Schlöſſern, andererſeits in den Hütten der Armut ausſieht, das iſt immer in hohem Maße fördernd und lehrreich und ein Etwas, auf das ich jederzeit ungern verzichte.“ Gleich danach erhob man ſich und ging ins Freie. Der Garten war von ſehr ländlicher Art. Durch ſeine ganze Länge hin zog ſich ein von Buchsbaum¬ rabatten eingefaßter Gang, neben dem links und rechts, in wohlgepflegten Beeten, Ritterſporn und Studenten¬ blumen blühten. Gerade in ſeiner Mitte weitete ſich der ſonſt ſchmale Gang zu einem runden Platz aus, darauf eine große Glaskugel ſtand, ganz an die Stech¬ liner erinnernd, nur mit dem Unterſchied, daß hier das eingelegte blanke Zinn fehlte. Beide Kugeln ſtammten natürlich aus der Globſower „grünen Hütte“. Weiter¬ hin, ganz am Ausgange des Gartens, wurde man eines etwas ſchiefen Bretterzaunes anſichtig, mit einem Pflaumen¬ baum dahinter, deſſen einer Hauptzweig aus dem Nach¬ bargarten her in den der Domina herüberreichte. Rex führte die Tante. Dann folgte Woldemar mit Hauptmann Czako, weit genug ab von dem vor¬ aufgehenden Paar, um ungeniert miteinander ſprechen zu können. „Nun, Czako,“ ſagte Woldemar, „bleiben wir, wenn’s ſein kann, noch ein bißchen weiter zurück. Ich kann Ihnen gar nicht ſagen, wie gern ich in dieſem Garten bin. Allen Ernſtes. Ich habe hier nämlich als Junge hundertmal geſpielt und in den Birnbäumen geſeſſen; damals ſtanden hier noch etliche, hier links, wo jetzt die Mohrrübenbeete ſtehen. Ich mache mir nichts aus Mohrrüben, woraus ich übrigens ſchließe, daß wir heute welche zu Tiſch kriegen. Wie gefällt Ihnen der Garten?“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/111>, abgerufen am 28.11.2024.