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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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der Papst in Rom, der ein Obergott sein will und un¬
fehlbar."

Czako, während Rex schwieg und nur seine Ver¬
beugung wiederholte, kam auf die verwegene Idee, für
Papst und Papsttum eine Lanze brechen zu wollen,
entschlug sich dieses Vorhabens aber, als er wahrnahm,
daß die alte Dame ihr Dominagesicht aufsetzte. Das
war indessen nur eine rasch vorüberziehende Wolke.
Dann fuhr Tante Adelheid, das Thema wechselnd, in
schnell wiedergewonnener guter Laune fort: "Ich habe
die Fenster öffnen lassen. Aber auch jetzt noch, meine
Herren, ist es ein wenig stickig. Das macht die niedrige
Decke. Darf ich Sie vielleicht auffordern, noch eine
Promenade durch unsern Garten zu machen? Unser
Klostergarten ist eigentlich das Beste, was wir hier
haben. Nur der unsers Rentmeisters ist noch gepflegter
und größer und liegt auch am See. Rentmeister Fix,
der hier alles zusammenhält, ist uns, wie in wirtschaft¬
lichen Dingen, so auch namentlich in seinen Garten¬
anlagen, ein Vorbild; überhaupt ein charaktervoller
Mann, und dabei treu wie Gold, trotzdem sein Gehalt
unbedeutend ist und seine Nebeneinnahmen ganz unsicher
in der Luft schweben. Ich hatte Fix denn auch bitten
lassen, mit uns bei Tisch zu sein; er versteht so gut zu
plaudern, gut und leicht, ja beinahe freimütig und doch
immer durchaus diskret. Aber er ist dienstlich verhindert.
Die Herren müssen sich also mit mir begnügen und mit
einer unsrer Konventualinnen, einem mir lieben Fräulein,
das immer munter und ausgelassen, aber doch zugleich
bekenntnisstreng ist, ganz von jener schönen Heiterkeit,
die man bloß bei denen findet, deren Glaube feste
Wurzeln getrieben hat. Ein gut Gewissen ist das beste
Ruhekissen. Damit hängt es wohl zusammen."

Rex, an den sich diese Worte vorzugsweise gerichtet
hatten, drückte wiederholt seine Zustimmung aus, wäh¬

der Papſt in Rom, der ein Obergott ſein will und un¬
fehlbar.“

Czako, während Rex ſchwieg und nur ſeine Ver¬
beugung wiederholte, kam auf die verwegene Idee, für
Papſt und Papſttum eine Lanze brechen zu wollen,
entſchlug ſich dieſes Vorhabens aber, als er wahrnahm,
daß die alte Dame ihr Dominageſicht aufſetzte. Das
war indeſſen nur eine raſch vorüberziehende Wolke.
Dann fuhr Tante Adelheid, das Thema wechſelnd, in
ſchnell wiedergewonnener guter Laune fort: „Ich habe
die Fenſter öffnen laſſen. Aber auch jetzt noch, meine
Herren, iſt es ein wenig ſtickig. Das macht die niedrige
Decke. Darf ich Sie vielleicht auffordern, noch eine
Promenade durch unſern Garten zu machen? Unſer
Kloſtergarten iſt eigentlich das Beſte, was wir hier
haben. Nur der unſers Rentmeiſters iſt noch gepflegter
und größer und liegt auch am See. Rentmeiſter Fix,
der hier alles zuſammenhält, iſt uns, wie in wirtſchaft¬
lichen Dingen, ſo auch namentlich in ſeinen Garten¬
anlagen, ein Vorbild; überhaupt ein charaktervoller
Mann, und dabei treu wie Gold, trotzdem ſein Gehalt
unbedeutend iſt und ſeine Nebeneinnahmen ganz unſicher
in der Luft ſchweben. Ich hatte Fix denn auch bitten
laſſen, mit uns bei Tiſch zu ſein; er verſteht ſo gut zu
plaudern, gut und leicht, ja beinahe freimütig und doch
immer durchaus diskret. Aber er iſt dienſtlich verhindert.
Die Herren müſſen ſich alſo mit mir begnügen und mit
einer unſrer Konventualinnen, einem mir lieben Fräulein,
das immer munter und ausgelaſſen, aber doch zugleich
bekenntnisſtreng iſt, ganz von jener ſchönen Heiterkeit,
die man bloß bei denen findet, deren Glaube feſte
Wurzeln getrieben hat. Ein gut Gewiſſen iſt das beſte
Ruhekiſſen. Damit hängt es wohl zuſammen.“

Rex, an den ſich dieſe Worte vorzugsweiſe gerichtet
hatten, drückte wiederholt ſeine Zuſtimmung aus, wäh¬

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[103/0110] der Papſt in Rom, der ein Obergott ſein will und un¬ fehlbar.“ Czako, während Rex ſchwieg und nur ſeine Ver¬ beugung wiederholte, kam auf die verwegene Idee, für Papſt und Papſttum eine Lanze brechen zu wollen, entſchlug ſich dieſes Vorhabens aber, als er wahrnahm, daß die alte Dame ihr Dominageſicht aufſetzte. Das war indeſſen nur eine raſch vorüberziehende Wolke. Dann fuhr Tante Adelheid, das Thema wechſelnd, in ſchnell wiedergewonnener guter Laune fort: „Ich habe die Fenſter öffnen laſſen. Aber auch jetzt noch, meine Herren, iſt es ein wenig ſtickig. Das macht die niedrige Decke. Darf ich Sie vielleicht auffordern, noch eine Promenade durch unſern Garten zu machen? Unſer Kloſtergarten iſt eigentlich das Beſte, was wir hier haben. Nur der unſers Rentmeiſters iſt noch gepflegter und größer und liegt auch am See. Rentmeiſter Fix, der hier alles zuſammenhält, iſt uns, wie in wirtſchaft¬ lichen Dingen, ſo auch namentlich in ſeinen Garten¬ anlagen, ein Vorbild; überhaupt ein charaktervoller Mann, und dabei treu wie Gold, trotzdem ſein Gehalt unbedeutend iſt und ſeine Nebeneinnahmen ganz unſicher in der Luft ſchweben. Ich hatte Fix denn auch bitten laſſen, mit uns bei Tiſch zu ſein; er verſteht ſo gut zu plaudern, gut und leicht, ja beinahe freimütig und doch immer durchaus diskret. Aber er iſt dienſtlich verhindert. Die Herren müſſen ſich alſo mit mir begnügen und mit einer unſrer Konventualinnen, einem mir lieben Fräulein, das immer munter und ausgelaſſen, aber doch zugleich bekenntnisſtreng iſt, ganz von jener ſchönen Heiterkeit, die man bloß bei denen findet, deren Glaube feſte Wurzeln getrieben hat. Ein gut Gewiſſen iſt das beſte Ruhekiſſen. Damit hängt es wohl zuſammen.“ Rex, an den ſich dieſe Worte vorzugsweiſe gerichtet hatten, drückte wiederholt ſeine Zuſtimmung aus, wäh¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/110>, abgerufen am 22.11.2024.