Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Kind.' Aber ich starb nicht und that was alle thun und vergaß oder schien doch zu vergessen. Ob es gut und ob ich glücklich war? Ich habe kein Recht zu Konfidenzen. Aber es wurde mir doch eigen zu Sinn, als ich vor drei Wochen zum ersten Male diesen Kirchhof betrat und nach so viel zwischenliegender Zeit und ohne jede Spur von Ahnung, welches Wiederfinden meiner hier harren würde, diesem Denkmal und diesem mir so teuren Namen begegnete." "Was trennte Sie? Können Sie's erzählen?" "Eine Frau in meinen Jahren kann alles erzählen, ihre Fehler gewiß und ihre Fehltritte beinah. Aber erschrecken Sie nicht, ich bin allezeit entsetzlich conventionell und immer auf der graden Straße gewesen, fast mehr als mir lieb ist. Es heißt zwar, die Straße sei zu bevorzugen und es mache glücklich, auf einen glatten Lebensweg zurückblicken zu können. Und ich will es nicht gradezu bestreiten. Aber interessanter ist der Rückblick auf ein coupiertes Terrain." So sprachen sie weiter und während ihr Gespräch noch andauerte, hatte sich ihnen der alte Meßner genähert, zwei Stocklaternen in der Rechten Kind.‘ Aber ich starb nicht und that was alle thun und vergaß oder schien doch zu vergessen. Ob es gut und ob ich glücklich war? Ich habe kein Recht zu Konfidenzen. Aber es wurde mir doch eigen zu Sinn, als ich vor drei Wochen zum ersten Male diesen Kirchhof betrat und nach so viel zwischenliegender Zeit und ohne jede Spur von Ahnung, welches Wiederfinden meiner hier harren würde, diesem Denkmal und diesem mir so teuren Namen begegnete.“ „Was trennte Sie? Können Sie’s erzählen?“ „Eine Frau in meinen Jahren kann alles erzählen, ihre Fehler gewiß und ihre Fehltritte beinah. Aber erschrecken Sie nicht, ich bin allezeit entsetzlich conventionell und immer auf der graden Straße gewesen, fast mehr als mir lieb ist. Es heißt zwar, die Straße sei zu bevorzugen und es mache glücklich, auf einen glatten Lebensweg zurückblicken zu können. Und ich will es nicht gradezu bestreiten. Aber interessanter ist der Rückblick auf ein coupiertes Terrain.“ So sprachen sie weiter und während ihr Gespräch noch andauerte, hatte sich ihnen der alte Meßner genähert, zwei Stocklaternen in der Rechten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0078" n="76"/> Kind.‘ Aber ich starb nicht und that was alle thun und vergaß oder schien doch zu vergessen. Ob es gut und ob ich glücklich war? Ich habe kein Recht zu Konfidenzen. Aber es wurde mir doch eigen zu Sinn, als ich vor drei Wochen zum ersten Male diesen Kirchhof betrat und nach so viel zwischenliegender Zeit und ohne jede Spur von Ahnung, welches Wiederfinden meiner hier harren würde, diesem Denkmal und diesem mir so teuren Namen begegnete.“</p><lb/> <p>„Was trennte Sie? Können Sie’s erzählen?“</p><lb/> <p>„Eine Frau in meinen Jahren kann alles erzählen, ihre Fehler gewiß und ihre Fehltritte beinah. Aber erschrecken Sie nicht, ich bin allezeit entsetzlich conventionell und immer auf der graden Straße gewesen, fast mehr als mir lieb ist. Es heißt zwar, die Straße sei zu bevorzugen und es mache glücklich, auf einen glatten Lebensweg zurückblicken zu können. Und ich will es nicht gradezu bestreiten. Aber interessanter ist der Rückblick auf ein coupiertes Terrain.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>So sprachen sie weiter und während ihr Gespräch noch andauerte, hatte sich ihnen der alte Meßner genähert, zwei Stocklaternen in der Rechten </p> </div> </body> </text> </TEI> [76/0078]
Kind.‘ Aber ich starb nicht und that was alle thun und vergaß oder schien doch zu vergessen. Ob es gut und ob ich glücklich war? Ich habe kein Recht zu Konfidenzen. Aber es wurde mir doch eigen zu Sinn, als ich vor drei Wochen zum ersten Male diesen Kirchhof betrat und nach so viel zwischenliegender Zeit und ohne jede Spur von Ahnung, welches Wiederfinden meiner hier harren würde, diesem Denkmal und diesem mir so teuren Namen begegnete.“
„Was trennte Sie? Können Sie’s erzählen?“
„Eine Frau in meinen Jahren kann alles erzählen, ihre Fehler gewiß und ihre Fehltritte beinah. Aber erschrecken Sie nicht, ich bin allezeit entsetzlich conventionell und immer auf der graden Straße gewesen, fast mehr als mir lieb ist. Es heißt zwar, die Straße sei zu bevorzugen und es mache glücklich, auf einen glatten Lebensweg zurückblicken zu können. Und ich will es nicht gradezu bestreiten. Aber interessanter ist der Rückblick auf ein coupiertes Terrain.“
So sprachen sie weiter und während ihr Gespräch noch andauerte, hatte sich ihnen der alte Meßner genähert, zwei Stocklaternen in der Rechten
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/78>, abgerufen am 04.07.2024. |