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Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

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zu besuchen; von neun bis elf werd' er mich sicherlich treffen.'

Und er kam auch. Sein Anzug, was auf einen Zustand höchster Not deutete, war derselbe wie Alltags: dasselbe Röckchen, dieselben Schnürschuhe, nur alles sehr geputzt und gebürstet, so daß ich den Eindruck einer herabgekommenen Existenz, eines Mannes von ursprünglich guter Erziehung und besten Manieren im verstärkten Maße hatte. Er blieb in der Thür stehen, verbeugte sich und sagte: ,ich hätte befohlen'. Dann bat ich ihn Platz zu nehmen. Er rührte sich aber nicht und sah mich nur an und wartete, bis ich ihn anreden würde. Das that ich denn auch. ,Sie werden erraten haben, weshalb ich Sie gebeten habe, zu mir zu kommen. Sie gehören einer anderen Gesellschaftsschicht an und die ,Karre zu schieben' ist Ihnen nicht an der Wiege gesungen worden. Sie sind aus einem guten Hause, haben Schulen besucht und sind dann früher oder später gescheitert, mit Schuld oder ohne Schuld, sagen wir mit, das ist das Wahrscheinlichere. Spiel, Weiber, Wechsel, vielleicht falsche. Und dann war es vorbei und die Geduld erschöpft und Sie hatten keine Familie mehr. Und so kam es, wie's kam ...'

Jeden meiner Sätze hatte er mit einem leisen

zu besuchen; von neun bis elf werd’ er mich sicherlich treffen.‘

Und er kam auch. Sein Anzug, was auf einen Zustand höchster Not deutete, war derselbe wie Alltags: dasselbe Röckchen, dieselben Schnürschuhe, nur alles sehr geputzt und gebürstet, so daß ich den Eindruck einer herabgekommenen Existenz, eines Mannes von ursprünglich guter Erziehung und besten Manieren im verstärkten Maße hatte. Er blieb in der Thür stehen, verbeugte sich und sagte: ‚ich hätte befohlen‘. Dann bat ich ihn Platz zu nehmen. Er rührte sich aber nicht und sah mich nur an und wartete, bis ich ihn anreden würde. Das that ich denn auch. ‚Sie werden erraten haben, weshalb ich Sie gebeten habe, zu mir zu kommen. Sie gehören einer anderen Gesellschaftsschicht an und die ‚Karre zu schieben‘ ist Ihnen nicht an der Wiege gesungen worden. Sie sind aus einem guten Hause, haben Schulen besucht und sind dann früher oder später gescheitert, mit Schuld oder ohne Schuld, sagen wir mit, das ist das Wahrscheinlichere. Spiel, Weiber, Wechsel, vielleicht falsche. Und dann war es vorbei und die Geduld erschöpft und Sie hatten keine Familie mehr. Und so kam es, wie’s kam …‘

Jeden meiner Sätze hatte er mit einem leisen

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[61/0063] zu besuchen; von neun bis elf werd’ er mich sicherlich treffen.‘ Und er kam auch. Sein Anzug, was auf einen Zustand höchster Not deutete, war derselbe wie Alltags: dasselbe Röckchen, dieselben Schnürschuhe, nur alles sehr geputzt und gebürstet, so daß ich den Eindruck einer herabgekommenen Existenz, eines Mannes von ursprünglich guter Erziehung und besten Manieren im verstärkten Maße hatte. Er blieb in der Thür stehen, verbeugte sich und sagte: ‚ich hätte befohlen‘. Dann bat ich ihn Platz zu nehmen. Er rührte sich aber nicht und sah mich nur an und wartete, bis ich ihn anreden würde. Das that ich denn auch. ‚Sie werden erraten haben, weshalb ich Sie gebeten habe, zu mir zu kommen. Sie gehören einer anderen Gesellschaftsschicht an und die ‚Karre zu schieben‘ ist Ihnen nicht an der Wiege gesungen worden. Sie sind aus einem guten Hause, haben Schulen besucht und sind dann früher oder später gescheitert, mit Schuld oder ohne Schuld, sagen wir mit, das ist das Wahrscheinlichere. Spiel, Weiber, Wechsel, vielleicht falsche. Und dann war es vorbei und die Geduld erschöpft und Sie hatten keine Familie mehr. Und so kam es, wie’s kam …‘ Jeden meiner Sätze hatte er mit einem leisen

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
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  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
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  • Silbentrennung: aufgelöst;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/63>, abgerufen am 24.11.2024.