Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.zunächst bietenden Platz ein, während ihr Partner sich in die Ecke schräg gegenüber zurückzog. "Fertig" klang von draußen die Stimme des Zugführers und beide Insassen hörten nur noch, wie der vorübereilende Schaffner die blos eingeklinkte Coupethür schloß. Im selben Augenblicke setzte sich der Zug in Bewegung und nahm unter rasch wachsendem Rasseln und Klappern alsbald seine volle Fahrgeschwindigkeit. In der Haltung der Dame drückte sich, trotz des Vertrauens, das sie bei dieser Begegnung gezeigt hatte, eine nur zu begreifliche Spannung und Erregtheit aus, was ihrem Gegenüber nach einer kleinen Weile Veranlassung gab, sich verbindlich und mit einem Anfluge von Humor an sie zu wenden. "Ich glaube", begann er, "sprechen ist besser als schweigen, wenigstens in der Lage, in der wir uns befinden." Sie verneigte sich, während er seinerseits fortfuhr: "Sie haben den Mut eines raschen Entschlusses gehabt, und ich bitte den Schluß daraus ziehen zu dürfen, daß Sie viel gereist sind, in fremden Ländern; international, eine Dame von Welt." "Ich könnte dies zugeben", sagte sie, während sie zu lächeln versuchte, "wenn es nicht etwas Beängstigendes hätte, sich im ersten Moment einer Bekanntschaft als ,Dame von Welt' angesprochen zu zunächst bietenden Platz ein, während ihr Partner sich in die Ecke schräg gegenüber zurückzog. „Fertig“ klang von draußen die Stimme des Zugführers und beide Insassen hörten nur noch, wie der vorübereilende Schaffner die blos eingeklinkte Coupéthür schloß. Im selben Augenblicke setzte sich der Zug in Bewegung und nahm unter rasch wachsendem Rasseln und Klappern alsbald seine volle Fahrgeschwindigkeit. In der Haltung der Dame drückte sich, trotz des Vertrauens, das sie bei dieser Begegnung gezeigt hatte, eine nur zu begreifliche Spannung und Erregtheit aus, was ihrem Gegenüber nach einer kleinen Weile Veranlassung gab, sich verbindlich und mit einem Anfluge von Humor an sie zu wenden. „Ich glaube“, begann er, „sprechen ist besser als schweigen, wenigstens in der Lage, in der wir uns befinden.“ Sie verneigte sich, während er seinerseits fortfuhr: „Sie haben den Mut eines raschen Entschlusses gehabt, und ich bitte den Schluß daraus ziehen zu dürfen, daß Sie viel gereist sind, in fremden Ländern; international, eine Dame von Welt.“ „Ich könnte dies zugeben“, sagte sie, während sie zu lächeln versuchte, „wenn es nicht etwas Beängstigendes hätte, sich im ersten Moment einer Bekanntschaft als ‚Dame von Welt‘ angesprochen zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="40"/> zunächst bietenden Platz ein, während ihr Partner sich in die Ecke schräg gegenüber zurückzog. „Fertig“ klang von draußen die Stimme des Zugführers und beide Insassen hörten nur noch, wie der vorübereilende Schaffner die blos eingeklinkte Coupéthür schloß. Im selben Augenblicke setzte sich der Zug in Bewegung und nahm unter rasch wachsendem Rasseln und Klappern alsbald seine volle Fahrgeschwindigkeit.</p><lb/> <p>In der Haltung der Dame drückte sich, trotz des Vertrauens, das sie bei dieser Begegnung gezeigt hatte, eine nur zu begreifliche Spannung und Erregtheit aus, was ihrem Gegenüber nach einer kleinen Weile Veranlassung gab, sich verbindlich und mit einem Anfluge von Humor an sie zu wenden. „Ich glaube“, begann er, „sprechen ist besser als schweigen, wenigstens in der Lage, in der wir uns befinden.“</p><lb/> <p>Sie verneigte sich, während er seinerseits fortfuhr: „Sie haben den Mut eines raschen Entschlusses gehabt, und ich bitte den Schluß daraus ziehen zu dürfen, daß Sie viel gereist sind, in fremden Ländern; international, eine Dame von Welt.“</p><lb/> <p>„Ich könnte dies zugeben“, sagte sie, während sie zu lächeln versuchte, „wenn es nicht etwas Beängstigendes hätte, sich im ersten Moment einer Bekanntschaft als ‚Dame von Welt‘ angesprochen zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [40/0042]
zunächst bietenden Platz ein, während ihr Partner sich in die Ecke schräg gegenüber zurückzog. „Fertig“ klang von draußen die Stimme des Zugführers und beide Insassen hörten nur noch, wie der vorübereilende Schaffner die blos eingeklinkte Coupéthür schloß. Im selben Augenblicke setzte sich der Zug in Bewegung und nahm unter rasch wachsendem Rasseln und Klappern alsbald seine volle Fahrgeschwindigkeit.
In der Haltung der Dame drückte sich, trotz des Vertrauens, das sie bei dieser Begegnung gezeigt hatte, eine nur zu begreifliche Spannung und Erregtheit aus, was ihrem Gegenüber nach einer kleinen Weile Veranlassung gab, sich verbindlich und mit einem Anfluge von Humor an sie zu wenden. „Ich glaube“, begann er, „sprechen ist besser als schweigen, wenigstens in der Lage, in der wir uns befinden.“
Sie verneigte sich, während er seinerseits fortfuhr: „Sie haben den Mut eines raschen Entschlusses gehabt, und ich bitte den Schluß daraus ziehen zu dürfen, daß Sie viel gereist sind, in fremden Ländern; international, eine Dame von Welt.“
„Ich könnte dies zugeben“, sagte sie, während sie zu lächeln versuchte, „wenn es nicht etwas Beängstigendes hätte, sich im ersten Moment einer Bekanntschaft als ‚Dame von Welt‘ angesprochen zu
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/42>, abgerufen am 04.07.2024. |