Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Täuschung sein, und wie mir krankhafter Ehrgeiz überhaupt fremd ist, so noch ganz im besonderen der dichterische. Der meinige, wie Du weißt, hält sich innerhalb vorgesteckter und erreichbarer Grenzen. Und ich hoffe, daß ich es erreiche. Freilich, all das liegt noch weit hinaus und ist im übrigen nicht das, worüber ich mich heute zu Dir aussprechen möchte. Was mich heute beherrscht und erfüllt, ist ausschließlich ein Gefühl des Dankes und der Freude. Denn, um es zu wiederholen, ich war ein andrer Mensch dort oben, eingehender auf Deine Wünsche, gerechter gegen Deine Vorzüge, vielleicht auch zärtlicher, wenn ich mich dessen rühmen darf." Eveline sah vor sich hin. "Es waren schöne Wochen, und dies Anerkenntnis ist und bleibt unerschüttert. Aber je lebhafter ich dies alles empfinde, je lebhafter empfind' ich auch, wie gut es ist, daß wir wieder da sind. Ich sehne mich nach Arbeit und nach Bethätigung einer erneuten Kraft, einer wiederhergestellten Gesundheit, und wenn es mir eine Freude war, die Feder aus der Hand zu legen, so find' ich es eine noch größere fast, sie wieder aufnehmen und einer intensiven und bedeutenden Gedankenreihe, die mittlerweile höheren Orts für das Ganze gedacht wurde, Form und Ausdruck geben zu können. Und an welcher Stelle Täuschung sein, und wie mir krankhafter Ehrgeiz überhaupt fremd ist, so noch ganz im besonderen der dichterische. Der meinige, wie Du weißt, hält sich innerhalb vorgesteckter und erreichbarer Grenzen. Und ich hoffe, daß ich es erreiche. Freilich, all das liegt noch weit hinaus und ist im übrigen nicht das, worüber ich mich heute zu Dir aussprechen möchte. Was mich heute beherrscht und erfüllt, ist ausschließlich ein Gefühl des Dankes und der Freude. Denn, um es zu wiederholen, ich war ein andrer Mensch dort oben, eingehender auf Deine Wünsche, gerechter gegen Deine Vorzüge, vielleicht auch zärtlicher, wenn ich mich dessen rühmen darf.“ Eveline sah vor sich hin. „Es waren schöne Wochen, und dies Anerkenntnis ist und bleibt unerschüttert. Aber je lebhafter ich dies alles empfinde, je lebhafter empfind’ ich auch, wie gut es ist, daß wir wieder da sind. Ich sehne mich nach Arbeit und nach Bethätigung einer erneuten Kraft, einer wiederhergestellten Gesundheit, und wenn es mir eine Freude war, die Feder aus der Hand zu legen, so find’ ich es eine noch größere fast, sie wieder aufnehmen und einer intensiven und bedeutenden Gedankenreihe, die mittlerweile höheren Orts für das Ganze gedacht wurde, Form und Ausdruck geben zu können. Und an welcher Stelle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="20"/> Täuschung sein, und wie mir krankhafter Ehrgeiz überhaupt fremd ist, so noch ganz im besonderen der dichterische. Der meinige, wie Du weißt, hält sich innerhalb vorgesteckter und erreichbarer Grenzen. Und ich hoffe, <hi rendition="#g">daß</hi> ich es erreiche. Freilich, all das liegt noch weit hinaus und ist im übrigen nicht <hi rendition="#g">das</hi>, worüber ich mich heute zu Dir aussprechen möchte. Was mich heute beherrscht und erfüllt, ist ausschließlich ein Gefühl des Dankes und der Freude. Denn, um es zu wiederholen, ich war ein andrer Mensch dort oben, eingehender auf Deine Wünsche, gerechter gegen Deine Vorzüge, vielleicht auch zärtlicher, wenn ich mich dessen rühmen darf.“</p><lb/> <p>Eveline sah vor sich hin.</p><lb/> <p>„Es waren schöne Wochen, und dies Anerkenntnis ist und bleibt unerschüttert. Aber je lebhafter ich dies alles empfinde, je lebhafter empfind’ ich auch, wie gut es ist, daß wir wieder da sind. Ich sehne mich nach Arbeit und nach Bethätigung einer erneuten Kraft, einer wiederhergestellten Gesundheit, und wenn es mir eine Freude war, die Feder aus der Hand zu legen, so find’ ich es eine noch größere fast, sie wieder aufnehmen und einer intensiven und bedeutenden Gedankenreihe, die mittlerweile höheren Orts für das Ganze gedacht wurde, Form und Ausdruck geben zu können. Und an welcher Stelle </p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0022]
Täuschung sein, und wie mir krankhafter Ehrgeiz überhaupt fremd ist, so noch ganz im besonderen der dichterische. Der meinige, wie Du weißt, hält sich innerhalb vorgesteckter und erreichbarer Grenzen. Und ich hoffe, daß ich es erreiche. Freilich, all das liegt noch weit hinaus und ist im übrigen nicht das, worüber ich mich heute zu Dir aussprechen möchte. Was mich heute beherrscht und erfüllt, ist ausschließlich ein Gefühl des Dankes und der Freude. Denn, um es zu wiederholen, ich war ein andrer Mensch dort oben, eingehender auf Deine Wünsche, gerechter gegen Deine Vorzüge, vielleicht auch zärtlicher, wenn ich mich dessen rühmen darf.“
Eveline sah vor sich hin.
„Es waren schöne Wochen, und dies Anerkenntnis ist und bleibt unerschüttert. Aber je lebhafter ich dies alles empfinde, je lebhafter empfind’ ich auch, wie gut es ist, daß wir wieder da sind. Ich sehne mich nach Arbeit und nach Bethätigung einer erneuten Kraft, einer wiederhergestellten Gesundheit, und wenn es mir eine Freude war, die Feder aus der Hand zu legen, so find’ ich es eine noch größere fast, sie wieder aufnehmen und einer intensiven und bedeutenden Gedankenreihe, die mittlerweile höheren Orts für das Ganze gedacht wurde, Form und Ausdruck geben zu können. Und an welcher Stelle
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/22>, abgerufen am 16.02.2025. |