Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.meinen Führer machende Agathendorfer Küster bestätigte mir denn auch meine nach dieser Seite hin gehenden Vermutungen, und als wir bald danach im "Weißen Roß" unter einem prächtigen alten Birnbaum, der seiner Fülle halber gestützt werden mußte, plaudernd beisammen saßen und einem Gullasch und Grätzer Bier zusprachen, kam mein Begleiter meiner Bitte nach und erzählte mir von Joseph Hieronymus Hampel und daß er, ganz wie die Grabschrift besage, wirklich, "der letzte Laborant" gewesen sei. "Ja", hob er an, "der alte Hampel da drüben - und früher hieß hier alles Hampel und die Hampelbaude bezeugt es bis diesen Tag - der alte Hampel da drüben war noch aus der Zeit her, wo das hier vor uns liegende ganze Gebirge voll Laboranten saß, und zwar je höher hinauf desto mehr, weil jeder nach Möglichkeit an der Quelle sitzen wollte, d. h. da, wo der Enzian anfängt. Und da saßen sie denn auch wirklich um die Kirche Wang herum (die's aber damals noch gar nicht gab) und links bis an die Forstbauden und rechts bis an die Anna-Kapelle, Hieronymus Hampel aber saß in Langhübel, wo schon sein Großvater gesessen und sich einen guten, um nicht zu sagen berühmten Namen gemacht hatte. Denn an meinen Führer machende Agathendorfer Küster bestätigte mir denn auch meine nach dieser Seite hin gehenden Vermutungen, und als wir bald danach im „Weißen Roß“ unter einem prächtigen alten Birnbaum, der seiner Fülle halber gestützt werden mußte, plaudernd beisammen saßen und einem Gullasch und Grätzer Bier zusprachen, kam mein Begleiter meiner Bitte nach und erzählte mir von Joseph Hieronymus Hampel und daß er, ganz wie die Grabschrift besage, wirklich, „der letzte Laborant“ gewesen sei. „Ja“, hob er an, „der alte Hampel da drüben – und früher hieß hier alles Hampel und die Hampelbaude bezeugt es bis diesen Tag – der alte Hampel da drüben war noch aus der Zeit her, wo das hier vor uns liegende ganze Gebirge voll Laboranten saß, und zwar je höher hinauf desto mehr, weil jeder nach Möglichkeit an der Quelle sitzen wollte, d. h. da, wo der Enzian anfängt. Und da saßen sie denn auch wirklich um die Kirche Wang herum (die’s aber damals noch gar nicht gab) und links bis an die Forstbauden und rechts bis an die Anna-Kapelle, Hieronymus Hampel aber saß in Langhübel, wo schon sein Großvater gesessen und sich einen guten, um nicht zu sagen berühmten Namen gemacht hatte. Denn an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0185" n="183"/> meinen Führer machende Agathendorfer Küster bestätigte mir denn auch meine nach dieser Seite hin gehenden Vermutungen, und als wir bald danach im „Weißen Roß“ unter einem prächtigen alten Birnbaum, der seiner Fülle halber gestützt werden mußte, plaudernd beisammen saßen und einem Gullasch und Grätzer Bier zusprachen, kam mein Begleiter meiner Bitte nach und erzählte mir von Joseph Hieronymus Hampel und daß er, ganz wie die Grabschrift besage, wirklich, <hi rendition="#g">„der letzte Laborant“</hi> gewesen sei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>„Ja“, hob er an, „der alte Hampel da drüben – und früher hieß hier alles Hampel und die Hampelbaude bezeugt es bis diesen Tag – der alte Hampel da drüben war noch aus der Zeit her, wo das hier vor uns liegende ganze Gebirge voll Laboranten saß, und zwar je höher hinauf desto mehr, weil jeder nach Möglichkeit an der Quelle sitzen wollte, d. h. da, wo der Enzian anfängt. Und da saßen sie denn auch wirklich um die Kirche Wang herum (die’s aber damals noch gar nicht gab) und links bis an die Forstbauden und rechts bis an die Anna-Kapelle, Hieronymus Hampel aber saß in Langhübel, wo schon sein Großvater gesessen und sich einen guten, um nicht zu sagen berühmten Namen gemacht hatte. Denn an </p> </div> </body> </text> </TEI> [183/0185]
meinen Führer machende Agathendorfer Küster bestätigte mir denn auch meine nach dieser Seite hin gehenden Vermutungen, und als wir bald danach im „Weißen Roß“ unter einem prächtigen alten Birnbaum, der seiner Fülle halber gestützt werden mußte, plaudernd beisammen saßen und einem Gullasch und Grätzer Bier zusprachen, kam mein Begleiter meiner Bitte nach und erzählte mir von Joseph Hieronymus Hampel und daß er, ganz wie die Grabschrift besage, wirklich, „der letzte Laborant“ gewesen sei.
„Ja“, hob er an, „der alte Hampel da drüben – und früher hieß hier alles Hampel und die Hampelbaude bezeugt es bis diesen Tag – der alte Hampel da drüben war noch aus der Zeit her, wo das hier vor uns liegende ganze Gebirge voll Laboranten saß, und zwar je höher hinauf desto mehr, weil jeder nach Möglichkeit an der Quelle sitzen wollte, d. h. da, wo der Enzian anfängt. Und da saßen sie denn auch wirklich um die Kirche Wang herum (die’s aber damals noch gar nicht gab) und links bis an die Forstbauden und rechts bis an die Anna-Kapelle, Hieronymus Hampel aber saß in Langhübel, wo schon sein Großvater gesessen und sich einen guten, um nicht zu sagen berühmten Namen gemacht hatte. Denn an
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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