Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.und nur an der nordöstlichen Kirchhofsmauer entlang, will sagen da, wo die Reichen und Wohlhabenden ihre Erbbegräbnisse haben, tritt der Besitz (an Stelle des Todes) als eine Art Gleichmacher auf und gestattet es den Brückenbergern und Querseiffnern, den Wolfshauern und Langhüblern - immer vorausgesetzt, daß sie reich sind - ebenbürtig und durch keine Schlag-Einteilung länger getrennt, zwischen den Agathendorfern selbst zu ruhen. Eigentliche Gräber finden sich an dieser Erbbegräbnisstelle nicht. Alle die hier schlafen, schlafen hier wie unter einem Blumenbeet, an dessen oberem Ende sich regelmäßig ein in die Kirchhofsmauer eingelassener hoher Stein befindet, oft mit Namen und Datum, oft auch mit Verzierungen und Sprüchen. Einer dieser Steine trug, als ich diese Stelle besuchte, folgende mit Goldbuchstaben geschriebene Worte: "Hier ruht Joseph Hieronymus Hampel, der letzte Laborant, geb. 3. Mai 1799, gest. 3. Juni 1879" - auf dem Grabe selbst aber, einem Beete von besondrer Breite, wuchs ein gut Teil jener Blumen- und Kräuterwelt, drauf sich, allem Anschein nach, der hier in Gott Ruhende sehr zu seinem Vorteil verstanden haben mußte. Denn der Stein in der Mauer, seiner sonstigen Ornamentik zu geschweigen, war ein wertvoller schwarzer Marmor. Der freundlich und nur an der nordöstlichen Kirchhofsmauer entlang, will sagen da, wo die Reichen und Wohlhabenden ihre Erbbegräbnisse haben, tritt der Besitz (an Stelle des Todes) als eine Art Gleichmacher auf und gestattet es den Brückenbergern und Querseiffnern, den Wolfshauern und Langhüblern – immer vorausgesetzt, daß sie reich sind – ebenbürtig und durch keine Schlag-Einteilung länger getrennt, zwischen den Agathendorfern selbst zu ruhen. Eigentliche Gräber finden sich an dieser Erbbegräbnisstelle nicht. Alle die hier schlafen, schlafen hier wie unter einem Blumenbeet, an dessen oberem Ende sich regelmäßig ein in die Kirchhofsmauer eingelassener hoher Stein befindet, oft mit Namen und Datum, oft auch mit Verzierungen und Sprüchen. Einer dieser Steine trug, als ich diese Stelle besuchte, folgende mit Goldbuchstaben geschriebene Worte: „Hier ruht Joseph Hieronymus Hampel, der letzte Laborant, geb. 3. Mai 1799, gest. 3. Juni 1879“ – auf dem Grabe selbst aber, einem Beete von besondrer Breite, wuchs ein gut Teil jener Blumen- und Kräuterwelt, drauf sich, allem Anschein nach, der hier in Gott Ruhende sehr zu seinem Vorteil verstanden haben mußte. Denn der Stein in der Mauer, seiner sonstigen Ornamentik zu geschweigen, war ein wertvoller schwarzer Marmor. Der freundlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0184" n="182"/> und nur an der nordöstlichen Kirchhofsmauer entlang, will sagen da, wo die Reichen und Wohlhabenden ihre Erbbegräbnisse haben, tritt der <hi rendition="#g">Besitz</hi> (an Stelle des Todes) als eine Art Gleichmacher auf und gestattet es den Brückenbergern und Querseiffnern, den Wolfshauern und Langhüblern – immer vorausgesetzt, daß sie reich sind – ebenbürtig und durch keine Schlag-Einteilung länger getrennt, zwischen den Agathendorfern selbst zu ruhen. Eigentliche Gräber finden sich an dieser Erbbegräbnisstelle <hi rendition="#g">nicht</hi>. Alle die hier schlafen, schlafen hier wie unter einem Blumenbeet, an dessen oberem Ende sich regelmäßig ein in die Kirchhofsmauer eingelassener hoher Stein befindet, oft mit Namen und Datum, oft auch mit Verzierungen und Sprüchen. Einer dieser Steine trug, als ich diese Stelle besuchte, folgende mit Goldbuchstaben geschriebene Worte: „Hier ruht Joseph Hieronymus Hampel, <hi rendition="#g">der letzte Laborant</hi>, geb. 3. Mai 1799, gest. 3. Juni 1879“ – auf dem Grabe selbst aber, einem Beete von besondrer Breite, wuchs ein gut Teil jener Blumen- und Kräuterwelt, drauf sich, allem Anschein nach, der hier in Gott Ruhende sehr zu seinem Vorteil verstanden haben mußte. Denn der Stein in der Mauer, seiner sonstigen Ornamentik zu geschweigen, war ein wertvoller schwarzer Marmor. Der freundlich </p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0184]
und nur an der nordöstlichen Kirchhofsmauer entlang, will sagen da, wo die Reichen und Wohlhabenden ihre Erbbegräbnisse haben, tritt der Besitz (an Stelle des Todes) als eine Art Gleichmacher auf und gestattet es den Brückenbergern und Querseiffnern, den Wolfshauern und Langhüblern – immer vorausgesetzt, daß sie reich sind – ebenbürtig und durch keine Schlag-Einteilung länger getrennt, zwischen den Agathendorfern selbst zu ruhen. Eigentliche Gräber finden sich an dieser Erbbegräbnisstelle nicht. Alle die hier schlafen, schlafen hier wie unter einem Blumenbeet, an dessen oberem Ende sich regelmäßig ein in die Kirchhofsmauer eingelassener hoher Stein befindet, oft mit Namen und Datum, oft auch mit Verzierungen und Sprüchen. Einer dieser Steine trug, als ich diese Stelle besuchte, folgende mit Goldbuchstaben geschriebene Worte: „Hier ruht Joseph Hieronymus Hampel, der letzte Laborant, geb. 3. Mai 1799, gest. 3. Juni 1879“ – auf dem Grabe selbst aber, einem Beete von besondrer Breite, wuchs ein gut Teil jener Blumen- und Kräuterwelt, drauf sich, allem Anschein nach, der hier in Gott Ruhende sehr zu seinem Vorteil verstanden haben mußte. Denn der Stein in der Mauer, seiner sonstigen Ornamentik zu geschweigen, war ein wertvoller schwarzer Marmor. Der freundlich
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/184>, abgerufen am 25.07.2024. |