Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

gefälligen Stadtwohnung des Koppenwirts. Da stand Pohl bis den dritten Tag, und dann gab man ihm ein feierlich Begräbnis. Aber nichts davon drang bis auf die Koppe hinauf, nicht einmal der tiefe Klang der Glocken.

In dem Leben oben aber ging alles seinen gewohnten Gang und blieb auch so bis diesen Tag. Wie vordem, wenn alles besetzt ist, wird die Fahne herausgesteckt, um etwaigem neuem Zustrom ein Halt zuzurufen, und wie vordem treten gruppenweise die Wißbegierigen ans Fernrohr heran und horchen auf die Worte dessen, der nach wie vor den landschaftlichen Erklärer macht. Und wenn dann das Glas (und nur darin hat sich ein Wechsel vollzogen) auf seinem Zirkelweg an die Stelle kommt, wo der Hirschberger Kirchhof aufragt, so heißt es, in ganz geringer Abänderung des alten Textes: "... und das weiße Kreuz da, was die andern überragt, das ist Pohls Kreuz."

"Wer ist Pohl?" fragt dann der eine oder andere.

"Pohl war Koppenwirt hier oben, und nun liegt er da unten."

"So so," sagt dann der, der die Frage gestellt. Und wenn er längere Zeit bleibt und sich oben an-

gefälligen Stadtwohnung des Koppenwirts. Da stand Pohl bis den dritten Tag, und dann gab man ihm ein feierlich Begräbnis. Aber nichts davon drang bis auf die Koppe hinauf, nicht einmal der tiefe Klang der Glocken.

In dem Leben oben aber ging alles seinen gewohnten Gang und blieb auch so bis diesen Tag. Wie vordem, wenn alles besetzt ist, wird die Fahne herausgesteckt, um etwaigem neuem Zustrom ein Halt zuzurufen, und wie vordem treten gruppenweise die Wißbegierigen ans Fernrohr heran und horchen auf die Worte dessen, der nach wie vor den landschaftlichen Erklärer macht. Und wenn dann das Glas (und nur darin hat sich ein Wechsel vollzogen) auf seinem Zirkelweg an die Stelle kommt, wo der Hirschberger Kirchhof aufragt, so heißt es, in ganz geringer Abänderung des alten Textes: „… und das weiße Kreuz da, was die andern überragt, das ist Pohls Kreuz.“

„Wer ist Pohl?“ fragt dann der eine oder andere.

„Pohl war Koppenwirt hier oben, und nun liegt er da unten.“

„So so,“ sagt dann der, der die Frage gestellt. Und wenn er längere Zeit bleibt und sich oben an-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0179" n="177"/>
gefälligen Stadtwohnung des Koppenwirts. Da stand Pohl bis den dritten Tag,                     und dann gab man ihm ein feierlich Begräbnis. Aber nichts davon drang bis auf                     die Koppe hinauf, nicht einmal der tiefe Klang der Glocken.</p><lb/>
        <p>In dem Leben oben aber ging alles seinen gewohnten Gang und blieb auch so bis                     diesen Tag. Wie vordem, wenn alles besetzt ist, wird die Fahne herausgesteckt,                     um etwaigem neuem Zustrom ein Halt zuzurufen, und wie vordem treten gruppenweise                     die Wißbegierigen ans Fernrohr heran und horchen auf die Worte dessen, der nach                     wie vor den landschaftlichen Erklärer macht. Und wenn dann das Glas (und nur                     darin hat sich ein Wechsel vollzogen) auf seinem Zirkelweg an die Stelle kommt,                     wo der Hirschberger Kirchhof aufragt, so heißt es, in ganz geringer Abänderung                     des alten Textes: &#x201E;&#x2026; und das weiße Kreuz da, was die andern überragt, das                     ist <hi rendition="#g">Pohls</hi> Kreuz.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer <hi rendition="#g">ist</hi> Pohl?&#x201C; fragt dann der eine oder andere.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Pohl war Koppenwirt hier oben, und nun liegt er da unten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So so,&#x201C; sagt dann der, der die Frage gestellt. Und wenn er längere Zeit bleibt                     und sich oben an-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0179] gefälligen Stadtwohnung des Koppenwirts. Da stand Pohl bis den dritten Tag, und dann gab man ihm ein feierlich Begräbnis. Aber nichts davon drang bis auf die Koppe hinauf, nicht einmal der tiefe Klang der Glocken. In dem Leben oben aber ging alles seinen gewohnten Gang und blieb auch so bis diesen Tag. Wie vordem, wenn alles besetzt ist, wird die Fahne herausgesteckt, um etwaigem neuem Zustrom ein Halt zuzurufen, und wie vordem treten gruppenweise die Wißbegierigen ans Fernrohr heran und horchen auf die Worte dessen, der nach wie vor den landschaftlichen Erklärer macht. Und wenn dann das Glas (und nur darin hat sich ein Wechsel vollzogen) auf seinem Zirkelweg an die Stelle kommt, wo der Hirschberger Kirchhof aufragt, so heißt es, in ganz geringer Abänderung des alten Textes: „… und das weiße Kreuz da, was die andern überragt, das ist Pohls Kreuz.“ „Wer ist Pohl?“ fragt dann der eine oder andere. „Pohl war Koppenwirt hier oben, und nun liegt er da unten.“ „So so,“ sagt dann der, der die Frage gestellt. Und wenn er längere Zeit bleibt und sich oben an-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/179
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/179>, abgerufen am 24.11.2024.