Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.sie sich lautlos in Marsch, vier, die die Bahre trugen, und vier Fackelträger daneben. Aber ihre Fackeln brannten noch nicht und sollten erst angezündet werden, wenn sie den kahlen Koppenkegel hinunter und in den dichten Wald am Fuße desselben eingetreten wären. Unbemerkt ging der Zug an den Fenstern des Koppenhauses vorüber. Inzwischen aber war Mitternacht herangekommen, und ein älterer Herr, der, während der letzten zehn Minuten, nicht müde geworden war, seine Taschenuhr mit der Wanduhr im Saal zu vergleichen, stieg im Augenblicke, wo diese zwölf geschlagen, auf einen hochlehnigen Stuhl und sagte: "Meine Herren und Damen. Eine Rede will ich nich halten ..." "Nein, nein." "Eine Rede will ich nich halten. Aber wenn es den verehrten Herrschaften recht ist, so machen wir eine Wanderpolonaise." "Ja, ja." Die Harfenistinnen, wie verabredet, schlugen bei diesen Worten sofort mächtiger in die Saiten, und der wohlbeleibte Herr, von seinem Stuhle vorsichtig herabsteigend, eröffnete den Zug voll gravitätischen Humors, nachdem er zuvor seiner neben ihm stehenden Frau den Arm gereicht hatte. Diese sie sich lautlos in Marsch, vier, die die Bahre trugen, und vier Fackelträger daneben. Aber ihre Fackeln brannten noch nicht und sollten erst angezündet werden, wenn sie den kahlen Koppenkegel hinunter und in den dichten Wald am Fuße desselben eingetreten wären. Unbemerkt ging der Zug an den Fenstern des Koppenhauses vorüber. Inzwischen aber war Mitternacht herangekommen, und ein älterer Herr, der, während der letzten zehn Minuten, nicht müde geworden war, seine Taschenuhr mit der Wanduhr im Saal zu vergleichen, stieg im Augenblicke, wo diese zwölf geschlagen, auf einen hochlehnigen Stuhl und sagte: „Meine Herren und Damen. Eine Rede will ich nich halten …“ „Nein, nein.“ „Eine Rede will ich nich halten. Aber wenn es den verehrten Herrschaften recht ist, so machen wir eine Wanderpolonaise.“ „Ja, ja.“ Die Harfenistinnen, wie verabredet, schlugen bei diesen Worten sofort mächtiger in die Saiten, und der wohlbeleibte Herr, von seinem Stuhle vorsichtig herabsteigend, eröffnete den Zug voll gravitätischen Humors, nachdem er zuvor seiner neben ihm stehenden Frau den Arm gereicht hatte. Diese <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0175" n="173"/> sie sich lautlos in Marsch, vier, die die Bahre trugen, und vier Fackelträger daneben. Aber ihre Fackeln brannten noch nicht und sollten erst angezündet werden, wenn sie den kahlen Koppenkegel hinunter und in den dichten Wald am Fuße desselben eingetreten wären.</p><lb/> <p>Unbemerkt ging der Zug an den Fenstern des Koppenhauses vorüber.</p><lb/> <p>Inzwischen aber war Mitternacht herangekommen, und ein älterer Herr, der, während der letzten zehn Minuten, nicht müde geworden war, seine Taschenuhr mit der Wanduhr im Saal zu vergleichen, stieg im Augenblicke, wo diese zwölf geschlagen, auf einen hochlehnigen Stuhl und sagte: „Meine Herren und Damen. Eine Rede will ich nich halten …“</p><lb/> <p>„Nein, nein.“</p><lb/> <p>„Eine Rede will ich nich halten. Aber wenn es den verehrten Herrschaften recht ist, so machen wir eine Wanderpolonaise.“</p><lb/> <p>„Ja, ja.“</p><lb/> <p>Die Harfenistinnen, wie verabredet, schlugen bei diesen Worten sofort mächtiger in die Saiten, und der wohlbeleibte Herr, von seinem Stuhle vorsichtig herabsteigend, eröffnete den Zug voll gravitätischen Humors, nachdem er zuvor seiner neben ihm stehenden Frau den Arm gereicht hatte. Diese </p> </div> </body> </text> </TEI> [173/0175]
sie sich lautlos in Marsch, vier, die die Bahre trugen, und vier Fackelträger daneben. Aber ihre Fackeln brannten noch nicht und sollten erst angezündet werden, wenn sie den kahlen Koppenkegel hinunter und in den dichten Wald am Fuße desselben eingetreten wären.
Unbemerkt ging der Zug an den Fenstern des Koppenhauses vorüber.
Inzwischen aber war Mitternacht herangekommen, und ein älterer Herr, der, während der letzten zehn Minuten, nicht müde geworden war, seine Taschenuhr mit der Wanduhr im Saal zu vergleichen, stieg im Augenblicke, wo diese zwölf geschlagen, auf einen hochlehnigen Stuhl und sagte: „Meine Herren und Damen. Eine Rede will ich nich halten …“
„Nein, nein.“
„Eine Rede will ich nich halten. Aber wenn es den verehrten Herrschaften recht ist, so machen wir eine Wanderpolonaise.“
„Ja, ja.“
Die Harfenistinnen, wie verabredet, schlugen bei diesen Worten sofort mächtiger in die Saiten, und der wohlbeleibte Herr, von seinem Stuhle vorsichtig herabsteigend, eröffnete den Zug voll gravitätischen Humors, nachdem er zuvor seiner neben ihm stehenden Frau den Arm gereicht hatte. Diese
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/175>, abgerufen am 25.07.2024. |