Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Das Blatt erst überfliegend und dann vorsichtig unter den Rock knöpfend, war ich alsbald bis an den Anfang jener Straßenlinie vorgedrungen, die sich unter verschiedenen Namen bis zu dem Zoologischen Garten hinaufwindet, die ganze Linie eine Art Deutz, mit Köln am anderen Ufer, dessen Dom denn auch, in Gestalt der Matthäikirche, herrlich herübersah, die Situation beherrschend. Und nun kam "Blumeshof" mit seinem Freiblick auf den Magdeburger Platz und eine kleine Weile danach, so war auch schon der Brückensteg da, der mich nach China hinüberführen sollte. So schmal ist die Grenze, die zwei Welten von einander scheidet. Eine halbe Minute noch, und ich war drüben. Kieswege liefen um einen eingefriedeten lawn, den, an dem einen Eck, ein paar mächtige Baumkronen überwölbten. Da nahm ich meinen Stand und sah nun auf China hin, das chinesisch genug da lag. Was da vorüberflutete, gelb und schwer und einen exotischen Torfkahn auf seinem Rücken, ja, wenn das nicht der Yang-tse-kiang war, so war es wenigstens einer seiner Zuflüsse. Ganz besonders echt aber erschien mir das gelbe Gewässer da, wo die Weiden sich überbeugten und ihr Gezweig eintauchten in die heilige Flut. Merkwürdig, es war eine fremdländische Luft um das Ganze her, Das Blatt erst überfliegend und dann vorsichtig unter den Rock knöpfend, war ich alsbald bis an den Anfang jener Straßenlinie vorgedrungen, die sich unter verschiedenen Namen bis zu dem Zoologischen Garten hinaufwindet, die ganze Linie eine Art Deutz, mit Köln am anderen Ufer, dessen Dom denn auch, in Gestalt der Matthäikirche, herrlich herübersah, die Situation beherrschend. Und nun kam „Blumeshof“ mit seinem Freiblick auf den Magdeburger Platz und eine kleine Weile danach, so war auch schon der Brückensteg da, der mich nach China hinüberführen sollte. So schmal ist die Grenze, die zwei Welten von einander scheidet. Eine halbe Minute noch, und ich war drüben. Kieswege liefen um einen eingefriedeten lawn, den, an dem einen Eck, ein paar mächtige Baumkronen überwölbten. Da nahm ich meinen Stand und sah nun auf China hin, das chinesisch genug da lag. Was da vorüberflutete, gelb und schwer und einen exotischen Torfkahn auf seinem Rücken, ja, wenn das nicht der Yang-tse-kiang war, so war es wenigstens einer seiner Zuflüsse. Ganz besonders echt aber erschien mir das gelbe Gewässer da, wo die Weiden sich überbeugten und ihr Gezweig eintauchten in die heilige Flut. Merkwürdig, es war eine fremdländische Luft um das Ganze her, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0163" n="161"/> <p>Das Blatt erst überfliegend und dann vorsichtig unter den Rock knöpfend, war ich alsbald bis an den Anfang jener Straßenlinie vorgedrungen, die sich unter verschiedenen Namen bis zu dem Zoologischen Garten hinaufwindet, die ganze Linie eine Art Deutz, mit Köln am anderen Ufer, dessen Dom denn auch, in Gestalt der Matthäikirche, herrlich herübersah, die Situation beherrschend. Und nun kam „Blumeshof“ mit seinem Freiblick auf den Magdeburger Platz und eine kleine Weile danach, so war auch schon der Brückensteg da, der mich nach China hinüberführen sollte. So schmal ist die Grenze, die zwei Welten von einander scheidet. Eine halbe Minute noch, und ich war drüben.</p><lb/> <p>Kieswege liefen um einen eingefriedeten lawn, den, an dem einen Eck, ein paar mächtige Baumkronen überwölbten. Da nahm ich meinen Stand und sah nun auf China hin, das chinesisch genug da lag. Was da vorüberflutete, gelb und schwer und einen exotischen Torfkahn auf seinem Rücken, ja, wenn das nicht der Yang-tse-kiang war, so war es wenigstens einer seiner Zuflüsse. Ganz besonders echt aber erschien mir das gelbe Gewässer da, wo die Weiden sich überbeugten und ihr Gezweig eintauchten in die heilige Flut. Merkwürdig, es war eine fremdländische Luft um das Ganze her, </p> </div> </body> </text> </TEI> [161/0163]
Das Blatt erst überfliegend und dann vorsichtig unter den Rock knöpfend, war ich alsbald bis an den Anfang jener Straßenlinie vorgedrungen, die sich unter verschiedenen Namen bis zu dem Zoologischen Garten hinaufwindet, die ganze Linie eine Art Deutz, mit Köln am anderen Ufer, dessen Dom denn auch, in Gestalt der Matthäikirche, herrlich herübersah, die Situation beherrschend. Und nun kam „Blumeshof“ mit seinem Freiblick auf den Magdeburger Platz und eine kleine Weile danach, so war auch schon der Brückensteg da, der mich nach China hinüberführen sollte. So schmal ist die Grenze, die zwei Welten von einander scheidet. Eine halbe Minute noch, und ich war drüben.
Kieswege liefen um einen eingefriedeten lawn, den, an dem einen Eck, ein paar mächtige Baumkronen überwölbten. Da nahm ich meinen Stand und sah nun auf China hin, das chinesisch genug da lag. Was da vorüberflutete, gelb und schwer und einen exotischen Torfkahn auf seinem Rücken, ja, wenn das nicht der Yang-tse-kiang war, so war es wenigstens einer seiner Zuflüsse. Ganz besonders echt aber erschien mir das gelbe Gewässer da, wo die Weiden sich überbeugten und ihr Gezweig eintauchten in die heilige Flut. Merkwürdig, es war eine fremdländische Luft um das Ganze her,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/163 |
Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/163>, abgerufen am 25.07.2024. |