Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.ließ, weil sie, die ganze Zeit über, eine zwischen allerhand Jam- und Marmeladenbüchsen stehende Schachtel beobachtet hatte, deren hellrote Frühkirschen ihr entgegenleuchteten. Sie wandte sich dann auch ohne weiteres von des Vaters Stuhl weg, den Kirschen zu, die Steine mit vieler Ungeniertheit in die Hand pustend, während der Justizrat, seine kleinen Schweinsaugen immer kleiner machend, mit einer Art Feierlichkeit sagte: "Singhalesen! Oder was dasselbe sagen will: Zoologischer Garten. Hm. Sollte sich in diesem Kindeswort etwas von höherer Weisheit bergen? Ich glaube beinah. Was kein Verstand der Verständigen sieht ... Ja, Lulu, Du hast es getroffen. Oybin. Bah, Oybin ist noch viel zu weit und ich behaupte mit jedem erdenklichen Nachdrucke, dies von unserer Lulu groß und ahnungslos in die Welt geschleuderte Wort ,Singhalesen' enthält nicht nur (wenn auch noch verkapselt) das einzig Richtige, sondern deckt sich auch vollkommen mit den Weisheitsanschauungen meines verstorbenen Freundes Meddelhammer." Der Justizrat, als er glücklich bis an diese Stelle gekommen war, war natürlich auf dem Punkt, die vorläufig nur ganz allgemein angekündigte Meddelhammer'sche Weisheit in Gestalt einer kleinen Geschichte zum besten zu geben, James aber, der ließ, weil sie, die ganze Zeit über, eine zwischen allerhand Jam- und Marmeladenbüchsen stehende Schachtel beobachtet hatte, deren hellrote Frühkirschen ihr entgegenleuchteten. Sie wandte sich dann auch ohne weiteres von des Vaters Stuhl weg, den Kirschen zu, die Steine mit vieler Ungeniertheit in die Hand pustend, während der Justizrat, seine kleinen Schweinsaugen immer kleiner machend, mit einer Art Feierlichkeit sagte: „Singhalesen! Oder was dasselbe sagen will: Zoologischer Garten. Hm. Sollte sich in diesem Kindeswort etwas von höherer Weisheit bergen? Ich glaube beinah. Was kein Verstand der Verständigen sieht … Ja, Lulu, Du hast es getroffen. Oybin. Bah, Oybin ist noch viel zu weit und ich behaupte mit jedem erdenklichen Nachdrucke, dies von unserer Lulu groß und ahnungslos in die Welt geschleuderte Wort ‚Singhalesen‘ enthält nicht nur (wenn auch noch verkapselt) das einzig Richtige, sondern deckt sich auch vollkommen mit den Weisheitsanschauungen meines verstorbenen Freundes Meddelhammer.“ Der Justizrat, als er glücklich bis an diese Stelle gekommen war, war natürlich auf dem Punkt, die vorläufig nur ganz allgemein angekündigte Meddelhammer’sche Weisheit in Gestalt einer kleinen Geschichte zum besten zu geben, James aber, der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0144" n="142"/> ließ, weil sie, die ganze Zeit über, eine zwischen allerhand Jam- und Marmeladenbüchsen stehende Schachtel beobachtet hatte, deren hellrote Frühkirschen ihr entgegenleuchteten. Sie wandte sich dann auch ohne weiteres von des Vaters Stuhl weg, den Kirschen zu, die Steine mit vieler Ungeniertheit in die Hand pustend, während der Justizrat, seine kleinen Schweinsaugen immer kleiner machend, mit einer Art Feierlichkeit sagte: „Singhalesen! Oder was dasselbe sagen will: Zoologischer Garten. Hm. Sollte sich in diesem Kindeswort etwas von höherer Weisheit bergen? Ich glaube beinah. Was kein Verstand der Verständigen sieht … Ja, Lulu, Du hast es getroffen. Oybin. Bah, Oybin ist noch viel zu weit und ich behaupte mit jedem erdenklichen Nachdrucke, dies von unserer Lulu groß und ahnungslos in die Welt geschleuderte Wort ‚Singhalesen‘ enthält nicht nur (wenn auch noch verkapselt) das einzig Richtige, sondern deckt sich auch vollkommen mit den Weisheitsanschauungen meines verstorbenen Freundes Meddelhammer.“</p><lb/> <p>Der Justizrat, als er glücklich bis an diese Stelle gekommen war, war natürlich auf dem Punkt, die vorläufig nur ganz allgemein angekündigte Meddelhammer’sche Weisheit in Gestalt einer kleinen Geschichte zum besten zu geben, James aber, der </p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0144]
ließ, weil sie, die ganze Zeit über, eine zwischen allerhand Jam- und Marmeladenbüchsen stehende Schachtel beobachtet hatte, deren hellrote Frühkirschen ihr entgegenleuchteten. Sie wandte sich dann auch ohne weiteres von des Vaters Stuhl weg, den Kirschen zu, die Steine mit vieler Ungeniertheit in die Hand pustend, während der Justizrat, seine kleinen Schweinsaugen immer kleiner machend, mit einer Art Feierlichkeit sagte: „Singhalesen! Oder was dasselbe sagen will: Zoologischer Garten. Hm. Sollte sich in diesem Kindeswort etwas von höherer Weisheit bergen? Ich glaube beinah. Was kein Verstand der Verständigen sieht … Ja, Lulu, Du hast es getroffen. Oybin. Bah, Oybin ist noch viel zu weit und ich behaupte mit jedem erdenklichen Nachdrucke, dies von unserer Lulu groß und ahnungslos in die Welt geschleuderte Wort ‚Singhalesen‘ enthält nicht nur (wenn auch noch verkapselt) das einzig Richtige, sondern deckt sich auch vollkommen mit den Weisheitsanschauungen meines verstorbenen Freundes Meddelhammer.“
Der Justizrat, als er glücklich bis an diese Stelle gekommen war, war natürlich auf dem Punkt, die vorläufig nur ganz allgemein angekündigte Meddelhammer’sche Weisheit in Gestalt einer kleinen Geschichte zum besten zu geben, James aber, der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/144 |
Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/144>, abgerufen am 25.07.2024. |