Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.ihres Herzens eigentlich Anti-Semitin war, trat an den offenen Flügel und strich mit dem kleinen Finger über die Tasten. "Also Norderney" wiederholte jetzt James, während er Markauer einschenkte. "Doch jedenfalls dagewesen?" "Dreimal. Erst 64 als es noch hannoversch war. Und dann 80 und 81." "Nun" sagte Leontine, vom Flügel her an den Frühstückstisch zurücktretend. "Lassen Sie hören, Freund. Aber vergessen Sie nicht, daß ich Sie kontrolieren und mit Hilfe davon in jedem Augenblick feststellen kann, ob Sie falsch Zeugnis reden. Also wenn ich bitten darf, ohne Parteinahme." "Gewiß, liebe Freundin. Aber werde ich pardonniert werden, wenn ich die Wahrheit sage?" "Sie sollen sie sogar sagen. Ich liebe Wahrheit bis zur Leidenschaft. Es ist die Leidenschaft meiner reiferen Jahre ..." "Von denen Sie nicht sprechen dürfen, am wenigsten im Zusammenhange mit dem voraufgegangenen und Gott sei Dank trostreicheren Worte ..." James lachte, Markauer aber fuhr fort: "Nun also Norderney. Beginnen wir mit der Bodenbeschaffenheit. Da haben wir Dünensand, neuerdings intermittierend mit einem in allen drei Aggre- ihres Herzens eigentlich Anti-Semitin war, trat an den offenen Flügel und strich mit dem kleinen Finger über die Tasten. „Also Norderney“ wiederholte jetzt James, während er Markauer einschenkte. „Doch jedenfalls dagewesen?“ „Dreimal. Erst 64 als es noch hannoversch war. Und dann 80 und 81.“ „Nun“ sagte Leontine, vom Flügel her an den Frühstückstisch zurücktretend. „Lassen Sie hören, Freund. Aber vergessen Sie nicht, daß ich Sie kontrolieren und mit Hilfe davon in jedem Augenblick feststellen kann, ob Sie falsch Zeugnis reden. Also wenn ich bitten darf, ohne Parteinahme.“ „Gewiß, liebe Freundin. Aber werde ich pardonniert werden, wenn ich die Wahrheit sage?“ „Sie sollen sie sogar sagen. Ich liebe Wahrheit bis zur Leidenschaft. Es ist die Leidenschaft meiner reiferen Jahre …“ „Von denen Sie nicht sprechen dürfen, am wenigsten im Zusammenhange mit dem voraufgegangenen und Gott sei Dank trostreicheren Worte …“ James lachte, Markauer aber fuhr fort: „Nun also Norderney. Beginnen wir mit der Bodenbeschaffenheit. Da haben wir Dünensand, neuerdings intermittierend mit einem in allen drei Aggre- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0139" n="137"/> ihres Herzens eigentlich Anti-Semitin war, trat an den offenen Flügel und strich mit dem kleinen Finger über die Tasten.</p><lb/> <p>„Also Norderney“ wiederholte jetzt James, während er Markauer einschenkte. „Doch jedenfalls dagewesen?“</p><lb/> <p>„Dreimal. Erst 64 als es noch hannoversch war. Und dann 80 und 81.“</p><lb/> <p>„Nun“ sagte Leontine, vom Flügel her an den Frühstückstisch zurücktretend. „Lassen Sie hören, Freund. Aber vergessen Sie nicht, daß ich Sie kontrolieren und mit Hilfe davon in jedem Augenblick feststellen kann, ob Sie falsch Zeugnis reden. Also wenn ich bitten darf, ohne Parteinahme.“</p><lb/> <p>„Gewiß, liebe Freundin. Aber werde ich pardonniert werden, wenn ich die Wahrheit sage?“</p><lb/> <p>„Sie <hi rendition="#g">sollen</hi> sie sogar sagen. Ich liebe Wahrheit bis zur Leidenschaft. Es ist die Leidenschaft meiner reiferen Jahre …“</p><lb/> <p>„Von denen Sie nicht sprechen dürfen, am wenigsten im Zusammenhange mit dem voraufgegangenen und Gott sei Dank trostreicheren Worte …“</p><lb/> <p>James lachte, Markauer aber fuhr fort: „Nun also Norderney. Beginnen wir mit der Bodenbeschaffenheit. Da haben wir Dünensand, neuerdings intermittierend mit einem in allen drei Aggre- </p> </div> </body> </text> </TEI> [137/0139]
ihres Herzens eigentlich Anti-Semitin war, trat an den offenen Flügel und strich mit dem kleinen Finger über die Tasten.
„Also Norderney“ wiederholte jetzt James, während er Markauer einschenkte. „Doch jedenfalls dagewesen?“
„Dreimal. Erst 64 als es noch hannoversch war. Und dann 80 und 81.“
„Nun“ sagte Leontine, vom Flügel her an den Frühstückstisch zurücktretend. „Lassen Sie hören, Freund. Aber vergessen Sie nicht, daß ich Sie kontrolieren und mit Hilfe davon in jedem Augenblick feststellen kann, ob Sie falsch Zeugnis reden. Also wenn ich bitten darf, ohne Parteinahme.“
„Gewiß, liebe Freundin. Aber werde ich pardonniert werden, wenn ich die Wahrheit sage?“
„Sie sollen sie sogar sagen. Ich liebe Wahrheit bis zur Leidenschaft. Es ist die Leidenschaft meiner reiferen Jahre …“
„Von denen Sie nicht sprechen dürfen, am wenigsten im Zusammenhange mit dem voraufgegangenen und Gott sei Dank trostreicheren Worte …“
James lachte, Markauer aber fuhr fort: „Nun also Norderney. Beginnen wir mit der Bodenbeschaffenheit. Da haben wir Dünensand, neuerdings intermittierend mit einem in allen drei Aggre-
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/139>, abgerufen am 25.07.2024. |