Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.sie dann zusammen und leben sich in sich hinein, anstatt sich aus sich heraus zu leben." Und damit fuhren wir auf die Parkwiese hinüber und gingen in Geplauder den schräglaufenden Kiesweg hinauf, auf dem am Abend vorher, Alice und Maud in fliegender Hast herabgekommen waren. Es war eine mich erquickende halbe Stunde, denn ich kenne nichts Schöneres, als den Einblick in eine ruhige, von keiner Leidenschaft getrübte Frauenseele. Als wir von unsrem Spaziergange heimkehrten, empfingen uns die Kinder und alles war Glück und Friede. Die Freundin übernahm es, mit Otto zu sprechen. "Und um elf Uhr der Wagen" schloß sie. "Nicht früher." Und nun schlug es elf und mit dem Glockenschlag erschien Friedrich auf meinem Zimmer, um meinen Koffer in den Wagen zu tragen. Ich folgte rasch, nahm Abschied von den Kindern, groß und klein, die mich auf dem Hausflur unten umstanden, und trat, einigermaßen erregt und bewegt, auf die Freitreppe hinaus, auf der ich Karolinen und Otto bereits erkannt hatte. Wer aber beschreibt mein Erstaunen, als ich neben ihnen Onkel Dodo stehen sah, der eben ein paar dänisch lederne Handschuh sie dann zusammen und leben sich in sich hinein, anstatt sich aus sich heraus zu leben.“ Und damit fuhren wir auf die Parkwiese hinüber und gingen in Geplauder den schräglaufenden Kiesweg hinauf, auf dem am Abend vorher, Alice und Maud in fliegender Hast herabgekommen waren. Es war eine mich erquickende halbe Stunde, denn ich kenne nichts Schöneres, als den Einblick in eine ruhige, von keiner Leidenschaft getrübte Frauenseele. Als wir von unsrem Spaziergange heimkehrten, empfingen uns die Kinder und alles war Glück und Friede. Die Freundin übernahm es, mit Otto zu sprechen. „Und um elf Uhr der Wagen“ schloß sie. „Nicht früher.“ Und nun schlug es elf und mit dem Glockenschlag erschien Friedrich auf meinem Zimmer, um meinen Koffer in den Wagen zu tragen. Ich folgte rasch, nahm Abschied von den Kindern, groß und klein, die mich auf dem Hausflur unten umstanden, und trat, einigermaßen erregt und bewegt, auf die Freitreppe hinaus, auf der ich Karolinen und Otto bereits erkannt hatte. Wer aber beschreibt mein Erstaunen, als ich neben ihnen Onkel Dodo stehen sah, der eben ein paar dänisch lederne Handschuh <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="123"/> sie dann zusammen und leben sich in sich hinein, anstatt sich aus sich heraus zu leben.“</p><lb/> <p>Und damit fuhren wir auf die Parkwiese hinüber und gingen in Geplauder den schräglaufenden Kiesweg hinauf, auf dem am Abend vorher, Alice und Maud in fliegender Hast herabgekommen waren.</p><lb/> <p>Es war eine mich erquickende halbe Stunde, denn ich kenne nichts Schöneres, als den Einblick in eine ruhige, von keiner Leidenschaft getrübte Frauenseele. Als wir von unsrem Spaziergange heimkehrten, empfingen uns die Kinder und alles war Glück und Friede. Die Freundin übernahm es, mit Otto zu sprechen. „Und um elf Uhr der Wagen“ schloß sie. „Nicht früher.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Und nun schlug es elf und mit dem Glockenschlag erschien Friedrich auf meinem Zimmer, um meinen Koffer in den Wagen zu tragen. Ich folgte rasch, nahm Abschied von den Kindern, groß und klein, die mich auf dem Hausflur unten umstanden, und trat, einigermaßen erregt und bewegt, auf die Freitreppe hinaus, auf der ich Karolinen und Otto bereits erkannt hatte. Wer aber beschreibt mein Erstaunen, als ich neben ihnen Onkel Dodo stehen sah, der eben ein paar dänisch lederne Handschuh </p> </div> </body> </text> </TEI> [123/0125]
sie dann zusammen und leben sich in sich hinein, anstatt sich aus sich heraus zu leben.“
Und damit fuhren wir auf die Parkwiese hinüber und gingen in Geplauder den schräglaufenden Kiesweg hinauf, auf dem am Abend vorher, Alice und Maud in fliegender Hast herabgekommen waren.
Es war eine mich erquickende halbe Stunde, denn ich kenne nichts Schöneres, als den Einblick in eine ruhige, von keiner Leidenschaft getrübte Frauenseele. Als wir von unsrem Spaziergange heimkehrten, empfingen uns die Kinder und alles war Glück und Friede. Die Freundin übernahm es, mit Otto zu sprechen. „Und um elf Uhr der Wagen“ schloß sie. „Nicht früher.“
Und nun schlug es elf und mit dem Glockenschlag erschien Friedrich auf meinem Zimmer, um meinen Koffer in den Wagen zu tragen. Ich folgte rasch, nahm Abschied von den Kindern, groß und klein, die mich auf dem Hausflur unten umstanden, und trat, einigermaßen erregt und bewegt, auf die Freitreppe hinaus, auf der ich Karolinen und Otto bereits erkannt hatte. Wer aber beschreibt mein Erstaunen, als ich neben ihnen Onkel Dodo stehen sah, der eben ein paar dänisch lederne Handschuh
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/125>, abgerufen am 04.07.2024. |