Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.es Ihnen gleich, ob wir einen Nordost oder eine Windstille haben." Ich blickte verlegen vor mich hin und sagte dann, er habe gewiß recht und ich wolle auch keinen Versuch machen, ihn mit eigener Weisheit zu widerlegen. Ich berief mich nur auf den Sprüchwörter-Schatz deutscher Nation und erlaubte mir, ihm zwei davon in Erinnerung zu bringen: "alte Bäume dürften nicht verpflanzt werden", das sei das eine, und das andere: "aus einem Hasen sei kein Löwe zu machen." Er lachte herzlich, und fuhr dann seinerseits fort: "Hören Sie, Doktor, das gefällt mir. Sie sagen, aus einem Hasen sei kein Löwe zu machen. Sehen Sie, wer sich so preisgiebt, mit dem hat es noch gute Wege. Ja, Doktor. Und dann, was heißt Hase? Seien Sie nur ein richtiger, ein richtiger Hase könnt' Ihnen Muster und Vorbild sein. Immer wachsam, immer im Kohl und wenn's Not thut, anderthalb Meilen in zehn Minuten. Eine solche Force-Tour und Sie sind für immer aus der Misere heraus." "Ich glaub' es." "Und Sie sind für immer aus der Misere heraus," wiederholte Onkel Dodo mit Nachdruck, ohne meiner leisen Verspottung zu achten. Ich hatte so gesessen, daß ich bei Schluß der es Ihnen gleich, ob wir einen Nordost oder eine Windstille haben.“ Ich blickte verlegen vor mich hin und sagte dann, er habe gewiß recht und ich wolle auch keinen Versuch machen, ihn mit eigener Weisheit zu widerlegen. Ich berief mich nur auf den Sprüchwörter-Schatz deutscher Nation und erlaubte mir, ihm zwei davon in Erinnerung zu bringen: „alte Bäume dürften nicht verpflanzt werden“, das sei das eine, und das andere: „aus einem Hasen sei kein Löwe zu machen.“ Er lachte herzlich, und fuhr dann seinerseits fort: „Hören Sie, Doktor, das gefällt mir. Sie sagen, aus einem Hasen sei kein Löwe zu machen. Sehen Sie, wer sich so preisgiebt, mit dem hat es noch gute Wege. Ja, Doktor. Und dann, was heißt Hase? Seien Sie nur ein richtiger, ein richtiger Hase könnt’ Ihnen Muster und Vorbild sein. Immer wachsam, immer im Kohl und wenn’s Not thut, anderthalb Meilen in zehn Minuten. Eine solche Force-Tour und Sie sind für immer aus der Misère heraus.“ „Ich glaub’ es.“ „Und Sie sind für immer aus der Misère heraus,“ wiederholte Onkel Dodo mit Nachdruck, ohne meiner leisen Verspottung zu achten. Ich hatte so gesessen, daß ich bei Schluß der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0102" n="100"/> es Ihnen gleich, ob wir einen Nordost oder eine Windstille haben.“</p><lb/> <p>Ich blickte verlegen vor mich hin und sagte dann, er habe gewiß recht und ich wolle auch keinen Versuch machen, ihn mit eigener Weisheit zu widerlegen. Ich berief mich nur auf den Sprüchwörter-Schatz deutscher Nation und erlaubte mir, ihm zwei davon in Erinnerung zu bringen: „alte Bäume dürften nicht verpflanzt werden“, das sei das eine, und das andere: „aus einem Hasen sei kein Löwe zu machen.“</p><lb/> <p>Er lachte herzlich, und fuhr dann seinerseits fort: „Hören Sie, Doktor, das gefällt mir. Sie sagen, aus einem Hasen sei kein Löwe zu machen. Sehen Sie, wer sich so preisgiebt, mit dem hat es noch gute Wege. Ja, Doktor. Und dann, was heißt Hase? Seien Sie nur ein richtiger, ein richtiger Hase könnt’ Ihnen Muster und Vorbild sein. Immer wachsam, immer im Kohl und wenn’s Not thut, anderthalb Meilen in zehn Minuten. <hi rendition="#g">Eine</hi> solche Force-Tour und Sie sind für immer aus der Misère heraus.“</p><lb/> <p>„Ich glaub’ es.“</p><lb/> <p>„Und Sie sind für immer aus der Misère heraus,“ wiederholte Onkel Dodo mit Nachdruck, ohne meiner leisen Verspottung zu achten.</p><lb/> <p>Ich hatte so gesessen, daß ich bei Schluß der </p> </div> </body> </text> </TEI> [100/0102]
es Ihnen gleich, ob wir einen Nordost oder eine Windstille haben.“
Ich blickte verlegen vor mich hin und sagte dann, er habe gewiß recht und ich wolle auch keinen Versuch machen, ihn mit eigener Weisheit zu widerlegen. Ich berief mich nur auf den Sprüchwörter-Schatz deutscher Nation und erlaubte mir, ihm zwei davon in Erinnerung zu bringen: „alte Bäume dürften nicht verpflanzt werden“, das sei das eine, und das andere: „aus einem Hasen sei kein Löwe zu machen.“
Er lachte herzlich, und fuhr dann seinerseits fort: „Hören Sie, Doktor, das gefällt mir. Sie sagen, aus einem Hasen sei kein Löwe zu machen. Sehen Sie, wer sich so preisgiebt, mit dem hat es noch gute Wege. Ja, Doktor. Und dann, was heißt Hase? Seien Sie nur ein richtiger, ein richtiger Hase könnt’ Ihnen Muster und Vorbild sein. Immer wachsam, immer im Kohl und wenn’s Not thut, anderthalb Meilen in zehn Minuten. Eine solche Force-Tour und Sie sind für immer aus der Misère heraus.“
„Ich glaub’ es.“
„Und Sie sind für immer aus der Misère heraus,“ wiederholte Onkel Dodo mit Nachdruck, ohne meiner leisen Verspottung zu achten.
Ich hatte so gesessen, daß ich bei Schluß der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/102 |
Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/102>, abgerufen am 04.07.2024. |