Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.wenn die Not am größten ist, ist die Hilfe am nächsten. So hab' ich es immer gefunden. Und so schwimm' ich denn augenblicklich ganz kreuzfidel wieder obenauf und, so Gott will, eine ganze Weile noch. Denn die Rückreise macht keinen großen Abstrich, auch wenn ich erster Klasse fahre." "Aber Leo ..." "Beruhigt euch, Kinder. Jch werde ja nicht erster Klasse fahren; es beglückt mich nur, so einen Augenblick denken zu können, ich könnt' es. Alles bloß Phantasie, Traumbild. Aber das ist Ernst: ich will wissen, wieviel ich von meinem Vermögen hier lassen soll; jede Summe ist mir recht und ich will auch keine Rückzahlung und keine Zinsen. Jch will vielmehr diesen Zustand voll und rein genießen und will Wendelin 'mal übertrumpfen. Aber ihr sagt ja nichts, auch du nicht, Mama." "Nun, ich nehme es für genossen an, Leo. Und nun geh in die Vorderstube, und nimm Manon mit, sie kann dir da beim Packen behilflich sein. Aber haltet euch nicht zu lange damit auf; ich weiß schon, ihr kommt immer ins Schwatzen und könnt dann kein Ende finden. Und nun gute Nacht und wir nehmen auch gleich Abschied. Komm morgen früh nicht an mein Bett und bringe Wendelin meine Grüße und es wäre hübsch von ihm gewesen, daß wenn die Not am größten ist, ist die Hilfe am nächsten. So hab’ ich es immer gefunden. Und so schwimm’ ich denn augenblicklich ganz kreuzfidel wieder obenauf und, so Gott will, eine ganze Weile noch. Denn die Rückreise macht keinen großen Abstrich, auch wenn ich erster Klasse fahre.“ „Aber Leo …“ „Beruhigt euch, Kinder. Jch werde ja nicht erster Klasse fahren; es beglückt mich nur, so einen Augenblick denken zu können, ich könnt’ es. Alles bloß Phantasie, Traumbild. Aber das ist Ernst: ich will wissen, wieviel ich von meinem Vermögen hier lassen soll; jede Summe ist mir recht und ich will auch keine Rückzahlung und keine Zinsen. Jch will vielmehr diesen Zustand voll und rein genießen und will Wendelin ’mal übertrumpfen. Aber ihr sagt ja nichts, auch du nicht, Mama.“ „Nun, ich nehme es für genossen an, Leo. Und nun geh in die Vorderstube, und nimm Manon mit, sie kann dir da beim Packen behilflich sein. Aber haltet euch nicht zu lange damit auf; ich weiß schon, ihr kommt immer ins Schwatzen und könnt dann kein Ende finden. Und nun gute Nacht und wir nehmen auch gleich Abschied. Komm morgen früh nicht an mein Bett und bringe Wendelin meine Grüße und es wäre hübsch von ihm gewesen, daß <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0094" n="87"/> wenn die Not am größten ist, ist die Hilfe am nächsten. So hab’ ich es immer gefunden. Und so schwimm’ ich denn augenblicklich ganz kreuzfidel wieder obenauf und, so Gott will, eine ganze Weile noch. Denn die Rückreise macht keinen großen Abstrich, auch wenn ich erster Klasse fahre.“</p><lb/> <p>„Aber Leo …“</p><lb/> <p>„Beruhigt euch, Kinder. Jch werde ja nicht erster Klasse fahren; es beglückt mich nur, so einen Augenblick denken zu können, ich könnt’ es. Alles bloß Phantasie, Traumbild. Aber <hi rendition="#g">das</hi> ist Ernst: ich will wissen, wieviel ich von meinem Vermögen hier lassen soll; jede Summe ist mir recht und ich will auch keine Rückzahlung und keine Zinsen. Jch will vielmehr diesen Zustand voll und rein genießen und will Wendelin ’mal übertrumpfen. Aber ihr sagt ja nichts, auch du nicht, Mama.“</p><lb/> <p>„Nun, ich nehme es für genossen an, Leo. Und nun geh in die Vorderstube, und nimm Manon mit, sie kann dir da beim Packen behilflich sein. Aber haltet euch nicht zu lange damit auf; ich weiß schon, ihr kommt immer ins Schwatzen und könnt dann kein Ende finden. Und nun gute Nacht und wir nehmen auch gleich Abschied. Komm morgen früh nicht an mein Bett und bringe Wendelin meine Grüße und es wäre hübsch von ihm gewesen, daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0094]
wenn die Not am größten ist, ist die Hilfe am nächsten. So hab’ ich es immer gefunden. Und so schwimm’ ich denn augenblicklich ganz kreuzfidel wieder obenauf und, so Gott will, eine ganze Weile noch. Denn die Rückreise macht keinen großen Abstrich, auch wenn ich erster Klasse fahre.“
„Aber Leo …“
„Beruhigt euch, Kinder. Jch werde ja nicht erster Klasse fahren; es beglückt mich nur, so einen Augenblick denken zu können, ich könnt’ es. Alles bloß Phantasie, Traumbild. Aber das ist Ernst: ich will wissen, wieviel ich von meinem Vermögen hier lassen soll; jede Summe ist mir recht und ich will auch keine Rückzahlung und keine Zinsen. Jch will vielmehr diesen Zustand voll und rein genießen und will Wendelin ’mal übertrumpfen. Aber ihr sagt ja nichts, auch du nicht, Mama.“
„Nun, ich nehme es für genossen an, Leo. Und nun geh in die Vorderstube, und nimm Manon mit, sie kann dir da beim Packen behilflich sein. Aber haltet euch nicht zu lange damit auf; ich weiß schon, ihr kommt immer ins Schwatzen und könnt dann kein Ende finden. Und nun gute Nacht und wir nehmen auch gleich Abschied. Komm morgen früh nicht an mein Bett und bringe Wendelin meine Grüße und es wäre hübsch von ihm gewesen, daß
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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