Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902."Guten Morgen, meine Damen," mit diesen Worten trat er bei den Schwestern ein und gab jeder einen Kuß. Es war schon recht hübsch warm in dem kleinen Zimmer. Auf einem alten Klavier lagen und standen die für die Mama bestimmten Geschenke noch wirr und ungeordnet umher, denn sie sollten, wie selbstverständlich, nicht hier, sondern in der guten Stube, die noch erst in Stand zu setzen war, aufgebaut werden. Das geschah denn auch, und nun hatte man über alles einen Ueberblick: eine Morgenhaube, zwei Paar Zwirnhandschuhe und ein Paar Filzschuhe. Von Friederike war eine Erika gestiftet, zwischen den zwei Filzschuhen stand Leos Primel und die Tüte, Leo selbst aber riß noch rasch ein Blatt aus seinem Notizbuch, um ein paar Zeilen aufzuschreiben, und schob diese dann zwischen die beiden blaßlilafarbenen Primelblüten. "Ein Bild meines Glücks," sagte er zu der neben ihm stehenden Sophie; "zwei Blüten und blaßlila." Nun endlich konnte auch die schon ungeduldig werdende Mutter aus ihrer Schlafstube befreit und an den Geburtstagstisch geführt werden. Leo und die zwei jüngeren Schwestern küßten ihr die Hand, während sich Therese mit einem Backenkuß begnügte. "Gott, Kinder, so vielerlei," sagte die gute alte Dame. "Und wie ausgesucht. Ja, die Filzschuhe haben mir gefehlt; „Guten Morgen, meine Damen,“ mit diesen Worten trat er bei den Schwestern ein und gab jeder einen Kuß. Es war schon recht hübsch warm in dem kleinen Zimmer. Auf einem alten Klavier lagen und standen die für die Mama bestimmten Geschenke noch wirr und ungeordnet umher, denn sie sollten, wie selbstverständlich, nicht hier, sondern in der guten Stube, die noch erst in Stand zu setzen war, aufgebaut werden. Das geschah denn auch, und nun hatte man über alles einen Ueberblick: eine Morgenhaube, zwei Paar Zwirnhandschuhe und ein Paar Filzschuhe. Von Friederike war eine Erika gestiftet, zwischen den zwei Filzschuhen stand Leos Primel und die Tüte, Leo selbst aber riß noch rasch ein Blatt aus seinem Notizbuch, um ein paar Zeilen aufzuschreiben, und schob diese dann zwischen die beiden blaßlilafarbenen Primelblüten. „Ein Bild meines Glücks,“ sagte er zu der neben ihm stehenden Sophie; „zwei Blüten und blaßlila.“ Nun endlich konnte auch die schon ungeduldig werdende Mutter aus ihrer Schlafstube befreit und an den Geburtstagstisch geführt werden. Leo und die zwei jüngeren Schwestern küßten ihr die Hand, während sich Therese mit einem Backenkuß begnügte. „Gott, Kinder, so vielerlei,“ sagte die gute alte Dame. „Und wie ausgesucht. Ja, die Filzschuhe haben mir gefehlt; <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0060" n="53"/> <p>„Guten Morgen, meine Damen,“ mit diesen Worten trat er bei den Schwestern ein und gab jeder einen Kuß. Es war schon recht hübsch warm in dem kleinen Zimmer. Auf einem alten Klavier lagen und standen die für die Mama bestimmten Geschenke noch wirr und ungeordnet umher, denn sie sollten, wie selbstverständlich, nicht hier, sondern in der guten Stube, die noch erst in Stand zu setzen war, aufgebaut werden. Das geschah denn auch, und nun hatte man über alles einen Ueberblick: eine Morgenhaube, zwei Paar Zwirnhandschuhe und ein Paar Filzschuhe. Von Friederike war eine Erika gestiftet, zwischen den zwei Filzschuhen stand Leos Primel und die Tüte, Leo selbst aber riß noch rasch ein Blatt aus seinem Notizbuch, um ein paar Zeilen aufzuschreiben, und schob diese dann zwischen die beiden blaßlilafarbenen Primelblüten. „Ein Bild meines Glücks,“ sagte er zu der neben ihm stehenden Sophie; „zwei Blüten und blaßlila.“ Nun endlich konnte auch die schon ungeduldig werdende Mutter aus ihrer Schlafstube befreit und an den Geburtstagstisch geführt werden. Leo und die zwei jüngeren Schwestern küßten ihr die Hand, während sich Therese mit einem Backenkuß begnügte. „Gott, Kinder, so vielerlei,“ sagte die gute alte Dame. „Und wie ausgesucht. Ja, die Filzschuhe haben mir gefehlt;<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0060]
„Guten Morgen, meine Damen,“ mit diesen Worten trat er bei den Schwestern ein und gab jeder einen Kuß. Es war schon recht hübsch warm in dem kleinen Zimmer. Auf einem alten Klavier lagen und standen die für die Mama bestimmten Geschenke noch wirr und ungeordnet umher, denn sie sollten, wie selbstverständlich, nicht hier, sondern in der guten Stube, die noch erst in Stand zu setzen war, aufgebaut werden. Das geschah denn auch, und nun hatte man über alles einen Ueberblick: eine Morgenhaube, zwei Paar Zwirnhandschuhe und ein Paar Filzschuhe. Von Friederike war eine Erika gestiftet, zwischen den zwei Filzschuhen stand Leos Primel und die Tüte, Leo selbst aber riß noch rasch ein Blatt aus seinem Notizbuch, um ein paar Zeilen aufzuschreiben, und schob diese dann zwischen die beiden blaßlilafarbenen Primelblüten. „Ein Bild meines Glücks,“ sagte er zu der neben ihm stehenden Sophie; „zwei Blüten und blaßlila.“ Nun endlich konnte auch die schon ungeduldig werdende Mutter aus ihrer Schlafstube befreit und an den Geburtstagstisch geführt werden. Leo und die zwei jüngeren Schwestern küßten ihr die Hand, während sich Therese mit einem Backenkuß begnügte. „Gott, Kinder, so vielerlei,“ sagte die gute alte Dame. „Und wie ausgesucht. Ja, die Filzschuhe haben mir gefehlt;
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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