Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.sich in dem ungewohnten Worte nicht gleich zurecht und sagte deshalb: "Ja, da links, das ist die Koppe." "Die Schneekoppe?" "Ja, die Koppe." Manon amüsierte sich, daß der Kutscher auf das Bildungsdeutsch ihrer älteren Schwester nicht recht eingehen wollte, während Therese selbst ihrer Lieblingsvorstellung von der Volksbeschränktheit behaglich nachhing. Es war gerade sechs, als der Wagen vor Schloß Adamsdorf hielt. Ein Diener half den Damen beim Aussteigen, und gleich nach ihm erschien Sophie, die sichtlich erfreut war, alle drei wiederzusehen, Therese mit eingeschlossen, trotzdem diese sich etwas reserviert zeigte. Sie fand nämlich den Empfang anders als erwartet und vermißte namentlich die Tante. "Wo ist die Tante?" fragte sie. "Doch nicht krank?" "Nein nicht krank," erwiderte Sophie, die sofort erriet, was in Theresens Seele vorging. "Die letzten Tage waren so schwere Tage. Da will sie sich ausruhen, solange es irgend geht. Sie hat mich gebeten, sie zu entschuldigen." "Arme Verwandte," sagte Therese mit halblauter Stimme vor sich hin. sich in dem ungewohnten Worte nicht gleich zurecht und sagte deshalb: „Ja, da links, das ist die Koppe.“ „Die Schneekoppe?“ „Ja, die Koppe.“ Manon amüsierte sich, daß der Kutscher auf das Bildungsdeutsch ihrer älteren Schwester nicht recht eingehen wollte, während Therese selbst ihrer Lieblingsvorstellung von der Volksbeschränktheit behaglich nachhing. Es war gerade sechs, als der Wagen vor Schloß Adamsdorf hielt. Ein Diener half den Damen beim Aussteigen, und gleich nach ihm erschien Sophie, die sichtlich erfreut war, alle drei wiederzusehen, Therese mit eingeschlossen, trotzdem diese sich etwas reserviert zeigte. Sie fand nämlich den Empfang anders als erwartet und vermißte namentlich die Tante. „Wo ist die Tante?“ fragte sie. „Doch nicht krank?“ „Nein nicht krank,“ erwiderte Sophie, die sofort erriet, was in Theresens Seele vorging. „Die letzten Tage waren so schwere Tage. Da will sie sich ausruhen, solange es irgend geht. Sie hat mich gebeten, sie zu entschuldigen.“ „Arme Verwandte,“ sagte Therese mit halblauter Stimme vor sich hin. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0159" n="152"/> sich in dem ungewohnten Worte nicht gleich zurecht und sagte deshalb: „Ja, da links, das ist die Koppe.“</p><lb/> <p>„Die Schneekoppe?“</p><lb/> <p>„Ja, die Koppe.“</p><lb/> <p>Manon amüsierte sich, daß der Kutscher auf das Bildungsdeutsch ihrer älteren Schwester nicht recht eingehen wollte, während Therese selbst ihrer Lieblingsvorstellung von der Volksbeschränktheit behaglich nachhing.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Es war gerade sechs, als der Wagen vor Schloß Adamsdorf hielt. Ein Diener half den Damen beim Aussteigen, und gleich nach ihm erschien Sophie, die sichtlich erfreut war, alle drei wiederzusehen, Therese mit eingeschlossen, trotzdem diese sich etwas reserviert zeigte. Sie fand nämlich den Empfang anders als erwartet und vermißte namentlich die Tante.</p><lb/> <p>„Wo ist die Tante?“ fragte sie. „Doch nicht krank?“</p><lb/> <p>„Nein nicht krank,“ erwiderte Sophie, die sofort erriet, was in Theresens Seele vorging. „Die letzten Tage waren so schwere Tage. Da will sie sich ausruhen, solange es irgend geht. Sie hat mich gebeten, sie zu entschuldigen.“</p><lb/> <p>„Arme Verwandte,“ sagte Therese mit halblauter Stimme vor sich hin. </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [152/0159]
sich in dem ungewohnten Worte nicht gleich zurecht und sagte deshalb: „Ja, da links, das ist die Koppe.“
„Die Schneekoppe?“
„Ja, die Koppe.“
Manon amüsierte sich, daß der Kutscher auf das Bildungsdeutsch ihrer älteren Schwester nicht recht eingehen wollte, während Therese selbst ihrer Lieblingsvorstellung von der Volksbeschränktheit behaglich nachhing.
Es war gerade sechs, als der Wagen vor Schloß Adamsdorf hielt. Ein Diener half den Damen beim Aussteigen, und gleich nach ihm erschien Sophie, die sichtlich erfreut war, alle drei wiederzusehen, Therese mit eingeschlossen, trotzdem diese sich etwas reserviert zeigte. Sie fand nämlich den Empfang anders als erwartet und vermißte namentlich die Tante.
„Wo ist die Tante?“ fragte sie. „Doch nicht krank?“
„Nein nicht krank,“ erwiderte Sophie, die sofort erriet, was in Theresens Seele vorging. „Die letzten Tage waren so schwere Tage. Da will sie sich ausruhen, solange es irgend geht. Sie hat mich gebeten, sie zu entschuldigen.“
„Arme Verwandte,“ sagte Therese mit halblauter Stimme vor sich hin.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/159>, abgerufen am 28.07.2024. |