Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.helfen, wenn die Mäntel umgenommen werden sollten; es war aber immer noch viel zu früh, und man kam in Verlegenheit, wie die Zeit hinzubringen sei. Das benutzte die Majorin, um noch eindringlich eine Rede zu halten. "Jch kann dir nur sagen, Friederike, sei vorsichtig und denke daran, was alles vorkommt. Erst gestern stand wieder was drin." "Jch weiß ja, gnäd'ge Frau. Aber man is doch auch kein Kind mehr." "Und wenn es klingelt, mache nicht gleich auf und schiebe dir lieber erst eine Fußbank 'ran, daß du durchs Oberfenster sehen kannst, wer eigentlich draußen ist ..." "Ja, gnäd'ge Frau." "Und wenn du aufmachst, immer noch die Kette vor und immer bloß durch die Ritze ... Neulich ist erst wieder eine Witwe totgemacht worden, und wenn du gleich alles aufreißt, kann es dir auch passieren oder sie streuen dir Schnupftabak in die Augen oder sie haben auch einen Knebel und du kannst nicht mal schreien. Und dann rauben sie alles aus ..." "Ach Gott, gnäd'ge Frau, die wissen ja immer gut Bescheid, hier kommen sie nicht." "Sage das nicht. Die denken auch, wer das Kleine helfen, wenn die Mäntel umgenommen werden sollten; es war aber immer noch viel zu früh, und man kam in Verlegenheit, wie die Zeit hinzubringen sei. Das benutzte die Majorin, um noch eindringlich eine Rede zu halten. „Jch kann dir nur sagen, Friederike, sei vorsichtig und denke daran, was alles vorkommt. Erst gestern stand wieder was drin.“ „Jch weiß ja, gnäd’ge Frau. Aber man is doch auch kein Kind mehr.“ „Und wenn es klingelt, mache nicht gleich auf und schiebe dir lieber erst eine Fußbank ’ran, daß du durchs Oberfenster sehen kannst, wer eigentlich draußen ist …“ „Ja, gnäd’ge Frau.“ „Und wenn du aufmachst, immer noch die Kette vor und immer bloß durch die Ritze … Neulich ist erst wieder eine Witwe totgemacht worden, und wenn du gleich alles aufreißt, kann es dir auch passieren oder sie streuen dir Schnupftabak in die Augen oder sie haben auch einen Knebel und du kannst nicht mal schreien. Und dann rauben sie alles aus …“ „Ach Gott, gnäd’ge Frau, die wissen ja immer gut Bescheid, hier kommen sie nicht.“ „Sage das nicht. Die denken auch, wer das Kleine <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0157" n="150"/> helfen, wenn die Mäntel umgenommen werden sollten; es war aber immer noch viel zu früh, und man kam in Verlegenheit, wie die Zeit hinzubringen sei. Das benutzte die Majorin, um noch eindringlich eine Rede zu halten.</p><lb/> <p>„Jch kann dir nur sagen, Friederike, sei vorsichtig und denke daran, was alles vorkommt. Erst gestern stand wieder was drin.“</p><lb/> <p>„Jch weiß ja, gnäd’ge Frau. Aber man is doch auch kein Kind mehr.“</p><lb/> <p>„Und wenn es klingelt, mache nicht gleich auf und schiebe dir lieber erst eine Fußbank ’ran, daß du durchs Oberfenster sehen kannst, wer eigentlich draußen ist …“</p><lb/> <p>„Ja, gnäd’ge Frau.“</p><lb/> <p>„Und wenn du aufmachst, immer noch die Kette vor und immer bloß durch die Ritze … Neulich ist erst wieder eine Witwe totgemacht worden, und wenn du gleich alles aufreißt, kann es dir auch passieren oder sie streuen dir Schnupftabak in die Augen oder sie haben auch einen Knebel und du kannst nicht mal schreien. Und dann rauben sie alles aus …“</p><lb/> <p>„Ach Gott, gnäd’ge Frau, die wissen ja immer gut Bescheid, hier kommen sie nicht.“</p><lb/> <p>„Sage das nicht. Die denken auch, wer das Kleine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [150/0157]
helfen, wenn die Mäntel umgenommen werden sollten; es war aber immer noch viel zu früh, und man kam in Verlegenheit, wie die Zeit hinzubringen sei. Das benutzte die Majorin, um noch eindringlich eine Rede zu halten.
„Jch kann dir nur sagen, Friederike, sei vorsichtig und denke daran, was alles vorkommt. Erst gestern stand wieder was drin.“
„Jch weiß ja, gnäd’ge Frau. Aber man is doch auch kein Kind mehr.“
„Und wenn es klingelt, mache nicht gleich auf und schiebe dir lieber erst eine Fußbank ’ran, daß du durchs Oberfenster sehen kannst, wer eigentlich draußen ist …“
„Ja, gnäd’ge Frau.“
„Und wenn du aufmachst, immer noch die Kette vor und immer bloß durch die Ritze … Neulich ist erst wieder eine Witwe totgemacht worden, und wenn du gleich alles aufreißt, kann es dir auch passieren oder sie streuen dir Schnupftabak in die Augen oder sie haben auch einen Knebel und du kannst nicht mal schreien. Und dann rauben sie alles aus …“
„Ach Gott, gnäd’ge Frau, die wissen ja immer gut Bescheid, hier kommen sie nicht.“
„Sage das nicht. Die denken auch, wer das Kleine
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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