Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.selbstverständlich, hatte der alte General von Poggenpuhl zu halten, dem dabei schlechter zu Mute war, als bei St. Privat im allerverflixtesten Moment. Sonst, wenn er die schöne Fahrt durchs Thal machte, lachten ihn die Felder in ihrem Segen an, aber heute sah er nicht, wie der Hafer stand, er sah ihn überhaupt nicht, sondern memorierte in einem fort und sagte sich in wachsender Unruhe: "Jetzt ist es eins. Noch drei Stunden, dann fängt mein Leben erst wieder an und vielleicht auch mein Appetit. Bis dahin ist es nichts." Er hatte denn auch Kopfweh, ein leises Ticken an zwei Stellen, das sich bei der beständig wiederkehrenden Frage: "Wenn ich nun stecken bleibe?" natürlich noch steigerte. Zuletzt aber fand er sich auch darin zurecht oder resignierte sich wenigstens. "Und wenn ich nun wirklich stecken bleibe, was ist es denn am Ende? Zu meiner Zeit konnte überhaupt keiner reden, und das wissen die Vernünftigen auch. Außerdem hab' ich die Einleitung ganz intus, und wenn ich merke, daß ich mich zu verwickeln anfange, so sag' ich bloß: ,... Und so möcht' ich Sie denn fragen, Sie alle, die Sie hier versammelt sind, sind wir Preußen? Jch bin Jhrer Antwort sicher. Und in diesem Sinne fordre ich Sie auf ...' Und dann das Hoch." All das gab ihm seine Haltung einigermaßen selbstverständlich, hatte der alte General von Poggenpuhl zu halten, dem dabei schlechter zu Mute war, als bei St. Privat im allerverflixtesten Moment. Sonst, wenn er die schöne Fahrt durchs Thal machte, lachten ihn die Felder in ihrem Segen an, aber heute sah er nicht, wie der Hafer stand, er sah ihn überhaupt nicht, sondern memorierte in einem fort und sagte sich in wachsender Unruhe: „Jetzt ist es eins. Noch drei Stunden, dann fängt mein Leben erst wieder an und vielleicht auch mein Appetit. Bis dahin ist es nichts.“ Er hatte denn auch Kopfweh, ein leises Ticken an zwei Stellen, das sich bei der beständig wiederkehrenden Frage: „Wenn ich nun stecken bleibe?“ natürlich noch steigerte. Zuletzt aber fand er sich auch darin zurecht oder resignierte sich wenigstens. „Und wenn ich nun wirklich stecken bleibe, was ist es denn am Ende? Zu meiner Zeit konnte überhaupt keiner reden, und das wissen die Vernünftigen auch. Außerdem hab’ ich die Einleitung ganz intus, und wenn ich merke, daß ich mich zu verwickeln anfange, so sag’ ich bloß: ‚… Und so möcht’ ich Sie denn fragen, Sie alle, die Sie hier versammelt sind, sind wir Preußen? Jch bin Jhrer Antwort sicher. Und in diesem Sinne fordre ich Sie auf …‘ Und dann das Hoch.“ All das gab ihm seine Haltung einigermaßen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0149" n="142"/> selbstverständlich, hatte der alte General von Poggenpuhl zu halten, dem dabei schlechter zu Mute war, als bei St. Privat im allerverflixtesten Moment. Sonst, wenn er die schöne Fahrt durchs Thal machte, lachten ihn die Felder in ihrem Segen an, aber heute sah er nicht, wie der Hafer stand, er sah ihn überhaupt nicht, sondern memorierte in einem fort und sagte sich in wachsender Unruhe: „Jetzt ist es eins. Noch drei Stunden, dann fängt mein Leben erst wieder an und vielleicht auch mein Appetit. Bis dahin ist es nichts.“ Er hatte denn auch Kopfweh, ein leises Ticken an zwei Stellen, das sich bei der beständig wiederkehrenden Frage: „Wenn ich nun stecken bleibe?“ natürlich noch steigerte. Zuletzt aber fand er sich auch darin zurecht oder resignierte sich wenigstens. „Und wenn ich nun wirklich stecken bleibe, was ist es denn am Ende? Zu meiner Zeit konnte überhaupt keiner reden, und das wissen die Vernünftigen auch. Außerdem hab’ ich die Einleitung ganz intus, und wenn ich merke, daß ich mich zu verwickeln anfange, so sag’ ich bloß: ‚… Und so möcht’ ich Sie denn fragen, Sie alle, die Sie hier versammelt sind, sind wir Preußen? Jch bin Jhrer Antwort sicher. Und in diesem Sinne fordre ich Sie auf …‘ Und dann das Hoch.“</p><lb/> <p>All das gab ihm seine Haltung einigermaßen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0149]
selbstverständlich, hatte der alte General von Poggenpuhl zu halten, dem dabei schlechter zu Mute war, als bei St. Privat im allerverflixtesten Moment. Sonst, wenn er die schöne Fahrt durchs Thal machte, lachten ihn die Felder in ihrem Segen an, aber heute sah er nicht, wie der Hafer stand, er sah ihn überhaupt nicht, sondern memorierte in einem fort und sagte sich in wachsender Unruhe: „Jetzt ist es eins. Noch drei Stunden, dann fängt mein Leben erst wieder an und vielleicht auch mein Appetit. Bis dahin ist es nichts.“ Er hatte denn auch Kopfweh, ein leises Ticken an zwei Stellen, das sich bei der beständig wiederkehrenden Frage: „Wenn ich nun stecken bleibe?“ natürlich noch steigerte. Zuletzt aber fand er sich auch darin zurecht oder resignierte sich wenigstens. „Und wenn ich nun wirklich stecken bleibe, was ist es denn am Ende? Zu meiner Zeit konnte überhaupt keiner reden, und das wissen die Vernünftigen auch. Außerdem hab’ ich die Einleitung ganz intus, und wenn ich merke, daß ich mich zu verwickeln anfange, so sag’ ich bloß: ‚… Und so möcht’ ich Sie denn fragen, Sie alle, die Sie hier versammelt sind, sind wir Preußen? Jch bin Jhrer Antwort sicher. Und in diesem Sinne fordre ich Sie auf …‘ Und dann das Hoch.“
All das gab ihm seine Haltung einigermaßen
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/149>, abgerufen am 17.02.2025. |