Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.keiner, oder doch ganz auf seine Weise, die von der unsrigen sehr abweicht. Darüber aber kein Wort zu Mama; die ist im stande und schreibt es ihm, und dann bin ich an den Pranger gestellt. Jch bin ohnehin schon immer verlegen, wenn er bei mir in die Stube tritt. Er hat so 'n verdammt superiores Lächeln, und ich muß mich ducken. Ueberhaupt - und das ist das Fatale der ganzen Carriere -, man muß sich immer ducken. Aber statt dieser Konfessions lieber zurück zur Hauptsache, zu der zu schreibenden Ruhmesbroschüre. Wendelin, wie gesagt, will nicht und ich selber kann nicht, kann nicht und wenn sich's darum handelte, die Königin von Madagaskar als Braut heimzuführen. Ach, Manon! ... "über Madagaskar fern im Osten seh' ich Frühlicht glänzen," - ja dahin muß ich, damit endet's, damit muß es enden! Denn ich werde Flora nie "mein nennen" (so drücken sich manche aus), wenn die Familiengeschichte durchaus geschrieben werden muß. Und daneben, und das ist das Schlimmste, weil zugleich das Beschämendste, daneben hab' ich die Leidenschaft Esthers für mich stark überschätzt. Oder vielleicht auch, daß mir über Nacht ein Rival, ein bevorzugter Mitbewerber erstanden. Jn diesem Falle würde ich Esther hassen müssen. Und um mit nichts zurückzuhalten, ach, Manon, auch von dem Quitzow- keiner, oder doch ganz auf seine Weise, die von der unsrigen sehr abweicht. Darüber aber kein Wort zu Mama; die ist im stande und schreibt es ihm, und dann bin ich an den Pranger gestellt. Jch bin ohnehin schon immer verlegen, wenn er bei mir in die Stube tritt. Er hat so ’n verdammt superiores Lächeln, und ich muß mich ducken. Ueberhaupt – und das ist das Fatale der ganzen Carriere –, man muß sich immer ducken. Aber statt dieser Konfessions lieber zurück zur Hauptsache, zu der zu schreibenden Ruhmesbroschüre. Wendelin, wie gesagt, will nicht und ich selber kann nicht, kann nicht und wenn sich’s darum handelte, die Königin von Madagaskar als Braut heimzuführen. Ach, Manon! … „über Madagaskar fern im Osten seh’ ich Frühlicht glänzen,“ – ja dahin muß ich, damit endet’s, damit muß es enden! Denn ich werde Flora nie „mein nennen“ (so drücken sich manche aus), wenn die Familiengeschichte durchaus geschrieben werden muß. Und daneben, und das ist das Schlimmste, weil zugleich das Beschämendste, daneben hab’ ich die Leidenschaft Esthers für mich stark überschätzt. Oder vielleicht auch, daß mir über Nacht ein Rival, ein bevorzugter Mitbewerber erstanden. Jn diesem Falle würde ich Esther hassen müssen. Und um mit nichts zurückzuhalten, ach, Manon, auch von dem Quitzow- <TEI> <text> <body> <div> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0135" n="128"/> keiner, oder doch ganz auf seine Weise, die von der unsrigen sehr abweicht. Darüber aber kein Wort zu Mama; die ist im stande und schreibt es ihm, und dann bin ich an den Pranger gestellt. Jch bin ohnehin schon immer verlegen, wenn er bei mir in die Stube tritt. Er hat so ’n verdammt superiores Lächeln, und ich muß mich ducken. Ueberhaupt – und das ist das Fatale der ganzen Carriere –, man muß sich immer ducken. Aber statt dieser Konfessions lieber zurück zur Hauptsache, zu der zu schreibenden Ruhmesbroschüre. Wendelin, wie gesagt, will nicht und ich selber kann nicht, kann nicht und wenn sich’s darum handelte, die Königin von Madagaskar als Braut heimzuführen. Ach, Manon! … „über Madagaskar fern im Osten seh’ ich Frühlicht glänzen,“ – ja dahin muß ich, damit endet’s, damit muß es enden! Denn ich werde Flora nie „mein nennen“ (so drücken sich manche aus), wenn die Familiengeschichte durchaus geschrieben werden muß. Und daneben, und das ist das Schlimmste, weil zugleich das Beschämendste, daneben hab’ ich die Leidenschaft Esthers für mich stark überschätzt. Oder vielleicht auch, daß mir über Nacht ein Rival, ein bevorzugter Mitbewerber erstanden. Jn diesem Falle würde ich Esther hassen müssen. Und um mit nichts zurückzuhalten, ach, Manon, auch von dem Quitzow-<lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [128/0135]
keiner, oder doch ganz auf seine Weise, die von der unsrigen sehr abweicht. Darüber aber kein Wort zu Mama; die ist im stande und schreibt es ihm, und dann bin ich an den Pranger gestellt. Jch bin ohnehin schon immer verlegen, wenn er bei mir in die Stube tritt. Er hat so ’n verdammt superiores Lächeln, und ich muß mich ducken. Ueberhaupt – und das ist das Fatale der ganzen Carriere –, man muß sich immer ducken. Aber statt dieser Konfessions lieber zurück zur Hauptsache, zu der zu schreibenden Ruhmesbroschüre. Wendelin, wie gesagt, will nicht und ich selber kann nicht, kann nicht und wenn sich’s darum handelte, die Königin von Madagaskar als Braut heimzuführen. Ach, Manon! … „über Madagaskar fern im Osten seh’ ich Frühlicht glänzen,“ – ja dahin muß ich, damit endet’s, damit muß es enden! Denn ich werde Flora nie „mein nennen“ (so drücken sich manche aus), wenn die Familiengeschichte durchaus geschrieben werden muß. Und daneben, und das ist das Schlimmste, weil zugleich das Beschämendste, daneben hab’ ich die Leidenschaft Esthers für mich stark überschätzt. Oder vielleicht auch, daß mir über Nacht ein Rival, ein bevorzugter Mitbewerber erstanden. Jn diesem Falle würde ich Esther hassen müssen. Und um mit nichts zurückzuhalten, ach, Manon, auch von dem Quitzow-
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/135>, abgerufen am 17.02.2025. |