Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.

Bild:
<< vorherige Seite

lieber Leo, wer hat das? Jn einem Damenkomitee für das Magdalenum sitzt Frau Melanie, das ist der Vorname der Frau Bartenstein, seit einer Reihe von Jahren, Dryander zeichnet sie bei jeder erdenklichen Gelegenheit aus ... Und dann Esther und Flora selbst! Es ist ein Unterschied, muß ein Unterschied sein. Jch beschwöre Dich: überlege - vor allem aber - und das ist das, was ich Dir nicht genug ans Herz legen kann - vor allem wiege Dich nicht in der eitlen Vorstellung, daß man hier, bloß weil ich es im stillen so sehr, sehr wünsche, daß man hier etwa bang und sehnlichst auf Dich wartete. Die Wünsche beider Eltern, auch Floras selbst, gehen unzweifelhaft nach der Adelsseite hin, aber doch sehr mit Auswahl, und wenn beispielsweise bei Frau Melanie - die sich ihrer und ihres Hauses Vorzüge sehr wohl bewußt ist - die Entscheidung läge, so weiß ich ganz bestimmt, daß sie's unter einem Arnim oder Bülow nicht gern thun würde. Und nun berechne danach die Chancen der Poggenpuhls! Sie sind, trotz Therese, nicht eben überwältigend, und Deine persönliche Liebenswürdigkeit würde schließlich doch viel, viel mehr den Ausschlag zu geben haben, als das Maß unsrer historischen Berühmtheit. Demunerachtet ist auch diese ein durchaus in Rechnung zu stellender Faktor, ganz besonders Flora gegenüber, die, im Gegensatz zu beiden

lieber Leo, wer hat das? Jn einem Damenkomitee für das Magdalenum sitzt Frau Melanie, das ist der Vorname der Frau Bartenstein, seit einer Reihe von Jahren, Dryander zeichnet sie bei jeder erdenklichen Gelegenheit aus … Und dann Esther und Flora selbst! Es ist ein Unterschied, muß ein Unterschied sein. Jch beschwöre Dich: überlege – vor allem aber – und das ist das, was ich Dir nicht genug ans Herz legen kann – vor allem wiege Dich nicht in der eitlen Vorstellung, daß man hier, bloß weil ich es im stillen so sehr, sehr wünsche, daß man hier etwa bang und sehnlichst auf Dich wartete. Die Wünsche beider Eltern, auch Floras selbst, gehen unzweifelhaft nach der Adelsseite hin, aber doch sehr mit Auswahl, und wenn beispielsweise bei Frau Melanie – die sich ihrer und ihres Hauses Vorzüge sehr wohl bewußt ist – die Entscheidung läge, so weiß ich ganz bestimmt, daß sie’s unter einem Arnim oder Bülow nicht gern thun würde. Und nun berechne danach die Chancen der Poggenpuhls! Sie sind, trotz Therese, nicht eben überwältigend, und Deine persönliche Liebenswürdigkeit würde schließlich doch viel, viel mehr den Ausschlag zu geben haben, als das Maß unsrer historischen Berühmtheit. Demunerachtet ist auch diese ein durchaus in Rechnung zu stellender Faktor, ganz besonders Flora gegenüber, die, im Gegensatz zu beiden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0132" n="125"/>
lieber Leo, wer hat das? Jn einem                                  Damenkomitee für das Magdalenum sitzt Frau Melanie, das ist der                                  Vorname der Frau Bartenstein, seit einer Reihe von Jahren, Dryander                                  zeichnet sie bei jeder erdenklichen Gelegenheit aus &#x2026; Und dann                                  Esther und Flora selbst! Es <hi rendition="#g">ist</hi> ein                                  Unterschied, <hi rendition="#g">muß</hi> ein Unterschied sein. Jch                                  beschwöre Dich: überlege &#x2013; vor allem aber &#x2013; und das ist das, was ich                                  Dir nicht genug <choice><sic>aus</sic><corr>ans</corr></choice> Herz legen kann &#x2013; vor allem wiege Dich nicht in                                  der eitlen Vorstellung, daß man hier, bloß weil <hi rendition="#g">ich</hi> es im stillen so sehr, sehr wünsche, daß man hier etwa                                  bang und sehnlichst auf Dich wartete. Die Wünsche beider Eltern,                                  auch Floras selbst, gehen unzweifelhaft nach der Adelsseite hin,                                  aber doch sehr mit Auswahl, und wenn beispielsweise bei Frau Melanie                                  &#x2013; die sich ihrer und ihres Hauses Vorzüge sehr wohl bewußt ist &#x2013; die                                  Entscheidung läge, so weiß ich ganz bestimmt, daß sie&#x2019;s unter einem                                  Arnim oder Bülow nicht gern thun würde. Und nun berechne danach die                                  Chancen der Poggenpuhls! Sie sind, trotz Therese, nicht eben                                  überwältigend, und Deine persönliche Liebenswürdigkeit würde                                  schließlich doch viel, viel mehr den Ausschlag zu geben haben, als                                  das Maß unsrer historischen Berühmtheit. <choice><sic>Demungerachtet</sic><corr>Demunerachtet</corr></choice> ist auch                                  diese ein durchaus in Rechnung zu stellender Faktor, ganz besonders                                  Flora gegenüber, die, im Gegensatz zu beiden<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0132] lieber Leo, wer hat das? Jn einem Damenkomitee für das Magdalenum sitzt Frau Melanie, das ist der Vorname der Frau Bartenstein, seit einer Reihe von Jahren, Dryander zeichnet sie bei jeder erdenklichen Gelegenheit aus … Und dann Esther und Flora selbst! Es ist ein Unterschied, muß ein Unterschied sein. Jch beschwöre Dich: überlege – vor allem aber – und das ist das, was ich Dir nicht genug ans Herz legen kann – vor allem wiege Dich nicht in der eitlen Vorstellung, daß man hier, bloß weil ich es im stillen so sehr, sehr wünsche, daß man hier etwa bang und sehnlichst auf Dich wartete. Die Wünsche beider Eltern, auch Floras selbst, gehen unzweifelhaft nach der Adelsseite hin, aber doch sehr mit Auswahl, und wenn beispielsweise bei Frau Melanie – die sich ihrer und ihres Hauses Vorzüge sehr wohl bewußt ist – die Entscheidung läge, so weiß ich ganz bestimmt, daß sie’s unter einem Arnim oder Bülow nicht gern thun würde. Und nun berechne danach die Chancen der Poggenpuhls! Sie sind, trotz Therese, nicht eben überwältigend, und Deine persönliche Liebenswürdigkeit würde schließlich doch viel, viel mehr den Ausschlag zu geben haben, als das Maß unsrer historischen Berühmtheit. Demunerachtet ist auch diese ein durchaus in Rechnung zu stellender Faktor, ganz besonders Flora gegenüber, die, im Gegensatz zu beiden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T11:03:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T11:03:16Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/132
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/132>, abgerufen am 24.11.2024.