Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.Malicen, aber wenn man sich so verschwindend klein fühlt, hat man nichts als Schändlichkeiten, um sich vor sich und andern zu behaupten. Der Wurm krümmt sich. Jch schreibe morgen wieder, vielleicht noch heute, wenn mir das Rekrutenexerzieren nicht den Lebensodem nimmt. "Dobry, dobry" und dazwischen "Schafskopp". Tausend Grüße. Dein Leo. An den Rand der Karte war noch eine Nachschrift gekritzelt. "Eben kommt eine Einladung zu heut abend; engster Zirkel. Wohin, brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen. Esther übrigens heute früh schon am Fenster gesehen, - pompös, ja, fast Pomposissima, was mich ein wenig ängstigt. Denn sie ist erst 18. Wohin soll das am Ende führen?" Drei Tage nach Empfang antwortete Manon. Berlin, 12. Januar. Mein lieber Leo! Habe Dank für Deine Zeilen, die mich herzlich erfreut haben, weil sie so ganz Du selbst waren. Deine Karte, glücklicherweise couvertiert, kam zugleich mit einem Briefe von Sophie. Da sah man so recht den Unterschied. Sophie immer ich möchte sagen Palette in Hand, immer künstlerisch, immer gefühlvoll und immer dankbar. Namentlich Malicen, aber wenn man sich so verschwindend klein fühlt, hat man nichts als Schändlichkeiten, um sich vor sich und andern zu behaupten. Der Wurm krümmt sich. Jch schreibe morgen wieder, vielleicht noch heute, wenn mir das Rekrutenexerzieren nicht den Lebensodem nimmt. „Dobry, dobry“ und dazwischen „Schafskopp“. Tausend Grüße. Dein Leo. An den Rand der Karte war noch eine Nachschrift gekritzelt. „Eben kommt eine Einladung zu heut abend; engster Zirkel. Wohin, brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen. Esther übrigens heute früh schon am Fenster gesehen, – pompös, ja, fast Pomposissima, was mich ein wenig ängstigt. Denn sie ist erst 18. Wohin soll das am Ende führen?“ Drei Tage nach Empfang antwortete Manon. Berlin, 12. Januar. Mein lieber Leo! Habe Dank für Deine Zeilen, die mich herzlich erfreut haben, weil sie so ganz Du selbst waren. Deine Karte, glücklicherweise couvertiert, kam zugleich mit einem Briefe von Sophie. Da sah man so recht den Unterschied. Sophie immer ich möchte sagen Palette in Hand, immer künstlerisch, immer gefühlvoll und immer dankbar. Namentlich <TEI> <text> <body> <div> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0127" n="120"/> Malicen, aber wenn man sich so verschwindend klein fühlt, hat man nichts als Schändlichkeiten, um sich vor sich und andern zu behaupten. Der Wurm krümmt sich. Jch schreibe morgen wieder, vielleicht noch heute, wenn mir das Rekrutenexerzieren nicht den Lebensodem nimmt. „Dobry, dobry“ und dazwischen „Schafskopp“. Tausend Grüße.</p><lb/> <closer> <signed>Dein Leo.</signed> </closer><lb/> </div> </body> </floatingText> <p>An den Rand der Karte war noch eine Nachschrift gekritzelt.</p><lb/> <p>„Eben kommt eine Einladung zu heut abend; engster Zirkel. Wohin, brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen. Esther übrigens heute früh schon am Fenster gesehen, – pompös, ja, fast Pomposissima, was mich ein wenig ängstigt. Denn sie ist erst 18. Wohin soll das am Ende führen?“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Drei Tage nach Empfang antwortete Manon.</p><lb/> <floatingText> <body> <div type="letter"> <dateline>Berlin, 12. Januar.</dateline><lb/> <p>Mein lieber Leo! Habe Dank für Deine Zeilen, die mich herzlich erfreut haben, weil sie so ganz Du selbst waren. Deine Karte, glücklicherweise couvertiert, kam zugleich mit einem Briefe von Sophie. Da sah man so recht den Unterschied. Sophie immer ich möchte sagen Palette in Hand, immer künstlerisch, immer gefühlvoll und immer dankbar. Namentlich<lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [120/0127]
Malicen, aber wenn man sich so verschwindend klein fühlt, hat man nichts als Schändlichkeiten, um sich vor sich und andern zu behaupten. Der Wurm krümmt sich. Jch schreibe morgen wieder, vielleicht noch heute, wenn mir das Rekrutenexerzieren nicht den Lebensodem nimmt. „Dobry, dobry“ und dazwischen „Schafskopp“. Tausend Grüße.
Dein Leo.
An den Rand der Karte war noch eine Nachschrift gekritzelt.
„Eben kommt eine Einladung zu heut abend; engster Zirkel. Wohin, brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen. Esther übrigens heute früh schon am Fenster gesehen, – pompös, ja, fast Pomposissima, was mich ein wenig ängstigt. Denn sie ist erst 18. Wohin soll das am Ende führen?“
Drei Tage nach Empfang antwortete Manon.
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Mein lieber Leo! Habe Dank für Deine Zeilen, die mich herzlich erfreut haben, weil sie so ganz Du selbst waren. Deine Karte, glücklicherweise couvertiert, kam zugleich mit einem Briefe von Sophie. Da sah man so recht den Unterschied. Sophie immer ich möchte sagen Palette in Hand, immer künstlerisch, immer gefühlvoll und immer dankbar. Namentlich
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/127>, abgerufen am 17.02.2025. |