Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

was ich seitdem so oft empfunden habe, daß es mit den Schreckensdingen eine eigene Bewandtniß hat, gerade so wie mit der Einwirkung von Sturm und Unwetter auf uns. Einige können bei Sturm nicht schlafen, Andere aber schlafen dann am besten und wickeln sich mit einem ganz besonderen Behagen in ihre Decke.



Mein Vater, als wir vom Rathhausplatze sammt seinem, seine Pfeife schmauchenden Aktuarius wieder nach Hause kamen, erzählte natürlich von meinem Entsetzen über das wieder bewohnte Haus. Alle lachten mich aus, besonders die Dienstleute, und die gute Schröder sagte: "das fehlte auch noch, daß solch Kerl wie Mohr arme Leute um ihre Miethe bringt." Ich mußte mir den Spott gefallen lassen und mein Vater, der guten Schröder zustimmend, sprach von Weichlichkeit und Schwäche. Trotzdem traf es sich so, daß dasselbe Jahr noch, mir und meinem Angstgefühle zu einer Art Rechtfertigung verhalf und zwar war es mein Papa selber, den die längst abgethane Geschichte, sehr gegen seinen Willen, doch wieder gepackt haben mußte.

Der November hatte mit einem richtigen Nordwester eingesetzt und was nicht hinaus mußte, saß

was ich seitdem so oft empfunden habe, daß es mit den Schreckensdingen eine eigene Bewandtniß hat, gerade so wie mit der Einwirkung von Sturm und Unwetter auf uns. Einige können bei Sturm nicht schlafen, Andere aber schlafen dann am besten und wickeln sich mit einem ganz besonderen Behagen in ihre Decke.



Mein Vater, als wir vom Rathhausplatze sammt seinem, seine Pfeife schmauchenden Aktuarius wieder nach Hause kamen, erzählte natürlich von meinem Entsetzen über das wieder bewohnte Haus. Alle lachten mich aus, besonders die Dienstleute, und die gute Schröder sagte: „das fehlte auch noch, daß solch Kerl wie Mohr arme Leute um ihre Miethe bringt.“ Ich mußte mir den Spott gefallen lassen und mein Vater, der guten Schröder zustimmend, sprach von Weichlichkeit und Schwäche. Trotzdem traf es sich so, daß dasselbe Jahr noch, mir und meinem Angstgefühle zu einer Art Rechtfertigung verhalf und zwar war es mein Papa selber, den die längst abgethane Geschichte, sehr gegen seinen Willen, doch wieder gepackt haben mußte.

Der November hatte mit einem richtigen Nordwester eingesetzt und was nicht hinaus mußte, saß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0182" n="174"/>
was ich seitdem so oft empfunden habe, daß es mit den Schreckensdingen eine eigene Bewandtniß hat, gerade so wie mit der Einwirkung von Sturm und Unwetter auf uns. Einige können bei Sturm nicht schlafen, Andere aber schlafen dann am besten und wickeln sich mit einem ganz besonderen Behagen in ihre Decke.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Mein Vater, als wir vom Rathhausplatze sammt seinem, seine Pfeife schmauchenden Aktuarius wieder nach Hause kamen, erzählte natürlich von meinem Entsetzen über das wieder bewohnte Haus. Alle lachten mich aus, besonders die Dienstleute, und die gute Schröder sagte: &#x201E;das fehlte auch noch, daß solch Kerl wie Mohr arme Leute um ihre Miethe bringt.&#x201C; Ich mußte mir den Spott gefallen lassen und mein Vater, der guten Schröder zustimmend, sprach von Weichlichkeit und Schwäche. Trotzdem traf es sich so, daß dasselbe Jahr noch, mir und meinem Angstgefühle zu einer Art Rechtfertigung verhalf und zwar war es mein Papa selber, den die längst abgethane Geschichte, sehr gegen seinen Willen, doch wieder gepackt haben mußte.</p>
        <p>Der November hatte mit einem richtigen Nordwester eingesetzt und was nicht hinaus mußte, saß
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0182] was ich seitdem so oft empfunden habe, daß es mit den Schreckensdingen eine eigene Bewandtniß hat, gerade so wie mit der Einwirkung von Sturm und Unwetter auf uns. Einige können bei Sturm nicht schlafen, Andere aber schlafen dann am besten und wickeln sich mit einem ganz besonderen Behagen in ihre Decke. Mein Vater, als wir vom Rathhausplatze sammt seinem, seine Pfeife schmauchenden Aktuarius wieder nach Hause kamen, erzählte natürlich von meinem Entsetzen über das wieder bewohnte Haus. Alle lachten mich aus, besonders die Dienstleute, und die gute Schröder sagte: „das fehlte auch noch, daß solch Kerl wie Mohr arme Leute um ihre Miethe bringt.“ Ich mußte mir den Spott gefallen lassen und mein Vater, der guten Schröder zustimmend, sprach von Weichlichkeit und Schwäche. Trotzdem traf es sich so, daß dasselbe Jahr noch, mir und meinem Angstgefühle zu einer Art Rechtfertigung verhalf und zwar war es mein Papa selber, den die längst abgethane Geschichte, sehr gegen seinen Willen, doch wieder gepackt haben mußte. Der November hatte mit einem richtigen Nordwester eingesetzt und was nicht hinaus mußte, saß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-21T13:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Digitale Drucke der Uni Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-21T13:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-21T13:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/182
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/182>, abgerufen am 23.11.2024.