Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.in der Gestalt von Vorbereitungstag, eigentlichem Festtag und Resteressen wiederkehrte. Welchem dieser drei Tage der Preis gebührte, mag unentschieden bleiben, doch glaube ich fast, daß mir der erste Tag der liebste war. Er verlief zwar unmateriell und entsagungsreich, hatte dafür aber die Vorahnung kommender Herrlichkeiten. An diesem Vorbereitungstage erschien, wie in allen anderen Häusern, so auch bei uns die Wittwe Gaster, eine renommirte Kochfrau. Sie vereinigte Behagen und Würdigkeit in ihrer Erscheinung und wurde, dieser letzteren Eigenschaft entsprechend, mit Respekt und unbedingtem Vertrauen behandelt. Sie lebte, bei begreiflicher Abneigung gegen alles das (besonders Süßigkeiten,) was sie tagaus tagein zu produziren hatte, beinah ausschließlich von Rothwein und entlehnte das Wenige, was sie nebenher noch an Nahrung brauchte, dem beständigen Fettwrasen in dem sie stand. Ihr Eintritt in unser Haus war für mich gleichbedeutend mit Postofassen in Nähe der Küche, wo nun Alles, was sich vollzog, von mir beobachtet, beziehungsweise bewundert wurde. Den Anfang machte immer die Herstellung eines Baumkuchens. Als die Gaster, die darüber Buch führte, den Tausendsten fertig hatte, gaben ihr die Swinemünder Hausfrauen ein wohlverdientes Fest. in der Gestalt von Vorbereitungstag, eigentlichem Festtag und Resteressen wiederkehrte. Welchem dieser drei Tage der Preis gebührte, mag unentschieden bleiben, doch glaube ich fast, daß mir der erste Tag der liebste war. Er verlief zwar unmateriell und entsagungsreich, hatte dafür aber die Vorahnung kommender Herrlichkeiten. An diesem Vorbereitungstage erschien, wie in allen anderen Häusern, so auch bei uns die Wittwe Gaster, eine renommirte Kochfrau. Sie vereinigte Behagen und Würdigkeit in ihrer Erscheinung und wurde, dieser letzteren Eigenschaft entsprechend, mit Respekt und unbedingtem Vertrauen behandelt. Sie lebte, bei begreiflicher Abneigung gegen alles das (besonders Süßigkeiten,) was sie tagaus tagein zu produziren hatte, beinah ausschließlich von Rothwein und entlehnte das Wenige, was sie nebenher noch an Nahrung brauchte, dem beständigen Fettwrasen in dem sie stand. Ihr Eintritt in unser Haus war für mich gleichbedeutend mit Postofassen in Nähe der Küche, wo nun Alles, was sich vollzog, von mir beobachtet, beziehungsweise bewundert wurde. Den Anfang machte immer die Herstellung eines Baumkuchens. Als die Gaster, die darüber Buch führte, den Tausendsten fertig hatte, gaben ihr die Swinemünder Hausfrauen ein wohlverdientes Fest. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0159" n="151"/> in der Gestalt von Vorbereitungstag, eigentlichem Festtag und Resteressen wiederkehrte. Welchem dieser drei Tage der Preis gebührte, mag unentschieden bleiben, doch glaube ich fast, daß mir der erste Tag der liebste war. Er verlief zwar unmateriell und entsagungsreich, hatte dafür aber die Vorahnung kommender Herrlichkeiten.</p> <p>An diesem Vorbereitungstage erschien, wie in allen anderen Häusern, so auch bei uns die Wittwe Gaster, eine renommirte Kochfrau. Sie vereinigte Behagen und Würdigkeit in ihrer Erscheinung und wurde, dieser letzteren Eigenschaft entsprechend, mit Respekt und unbedingtem Vertrauen behandelt. Sie lebte, bei begreiflicher Abneigung gegen alles das (besonders Süßigkeiten,) was sie tagaus tagein zu produziren hatte, beinah ausschließlich von Rothwein und entlehnte das Wenige, was sie nebenher noch an Nahrung brauchte, dem beständigen Fettwrasen in dem sie stand. Ihr Eintritt in unser Haus war für mich gleichbedeutend mit Postofassen in Nähe der Küche, wo nun Alles, was sich vollzog, von mir beobachtet, beziehungsweise bewundert wurde. Den Anfang machte immer die Herstellung eines Baumkuchens. Als die Gaster, die darüber Buch führte, den Tausendsten fertig hatte, gaben ihr die Swinemünder Hausfrauen ein wohlverdientes Fest. </p> </div> </body> </text> </TEI> [151/0159]
in der Gestalt von Vorbereitungstag, eigentlichem Festtag und Resteressen wiederkehrte. Welchem dieser drei Tage der Preis gebührte, mag unentschieden bleiben, doch glaube ich fast, daß mir der erste Tag der liebste war. Er verlief zwar unmateriell und entsagungsreich, hatte dafür aber die Vorahnung kommender Herrlichkeiten.
An diesem Vorbereitungstage erschien, wie in allen anderen Häusern, so auch bei uns die Wittwe Gaster, eine renommirte Kochfrau. Sie vereinigte Behagen und Würdigkeit in ihrer Erscheinung und wurde, dieser letzteren Eigenschaft entsprechend, mit Respekt und unbedingtem Vertrauen behandelt. Sie lebte, bei begreiflicher Abneigung gegen alles das (besonders Süßigkeiten,) was sie tagaus tagein zu produziren hatte, beinah ausschließlich von Rothwein und entlehnte das Wenige, was sie nebenher noch an Nahrung brauchte, dem beständigen Fettwrasen in dem sie stand. Ihr Eintritt in unser Haus war für mich gleichbedeutend mit Postofassen in Nähe der Küche, wo nun Alles, was sich vollzog, von mir beobachtet, beziehungsweise bewundert wurde. Den Anfang machte immer die Herstellung eines Baumkuchens. Als die Gaster, die darüber Buch führte, den Tausendsten fertig hatte, gaben ihr die Swinemünder Hausfrauen ein wohlverdientes Fest.
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