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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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"Wie alle Märker."

"Bin auch einer."

"Tant mieux. Da wissen Sie's von sich selbst.
Aber heraus mit der Sprache. Was sagte der
Alte?"

"Vielerlei. Das Politische kaum der Rede
werth, aber ein Anderes desto wichtiger: Rienäcker
steht vor einer scharfen Ecke."

"Und vor welcher?"

"Er soll heirathen."

"Und das nennen Sie eine scharfe Ecke? Ich
bitte Sie, Wedell, Rienäcker steht vor einer viel
schärferen: er hat 9000 jährlich und giebt 12 000
aus und das ist immer die schärfste aller Ecken,
jedenfalls schärfer als die Heiraths-Ecke. Heirathen
ist für Rienäcker keine Gefahr, sondern die Rettung.
Uebrigens hab' ich es kommen sehen. Und wer ist
es denn?"

"Eine Cousine!"

"Natürlich. Retterin und Cousine sind heut¬
zutage fast identisch. Und ich wette, daß sie Paula
heißt. Alle Cousinen heißen jetzt Paula."

"Diese nicht."

"Sondern?"

"Käthe."

"Käthe? Ah, da weiß ich's. Käthe Sellenthin.
Hm, nicht übel, glänzende Parthie. Der alte Sellen¬

„Wie alle Märker.“

„Bin auch einer.“

Tant mieux. Da wiſſen Sie's von ſich ſelbſt.
Aber heraus mit der Sprache. Was ſagte der
Alte?“

„Vielerlei. Das Politiſche kaum der Rede
werth, aber ein Anderes deſto wichtiger: Rienäcker
ſteht vor einer ſcharfen Ecke.“

„Und vor welcher?“

„Er ſoll heirathen.“

„Und das nennen Sie eine ſcharfe Ecke? Ich
bitte Sie, Wedell, Rienäcker ſteht vor einer viel
ſchärferen: er hat 9000 jährlich und giebt 12 000
aus und das iſt immer die ſchärfſte aller Ecken,
jedenfalls ſchärfer als die Heiraths-Ecke. Heirathen
iſt für Rienäcker keine Gefahr, ſondern die Rettung.
Uebrigens hab' ich es kommen ſehen. Und wer iſt
es denn?“

„Eine Couſine!“

„Natürlich. Retterin und Couſine ſind heut¬
zutage faſt identiſch. Und ich wette, daß ſie Paula
heißt. Alle Couſinen heißen jetzt Paula.“

„Dieſe nicht.“

„Sondern?“

„Käthe.“

„Käthe? Ah, da weiß ich's. Käthe Sellenthin.
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[78/0088] „Wie alle Märker.“ „Bin auch einer.“ „Tant mieux. Da wiſſen Sie's von ſich ſelbſt. Aber heraus mit der Sprache. Was ſagte der Alte?“ „Vielerlei. Das Politiſche kaum der Rede werth, aber ein Anderes deſto wichtiger: Rienäcker ſteht vor einer ſcharfen Ecke.“ „Und vor welcher?“ „Er ſoll heirathen.“ „Und das nennen Sie eine ſcharfe Ecke? Ich bitte Sie, Wedell, Rienäcker ſteht vor einer viel ſchärferen: er hat 9000 jährlich und giebt 12 000 aus und das iſt immer die ſchärfſte aller Ecken, jedenfalls ſchärfer als die Heiraths-Ecke. Heirathen iſt für Rienäcker keine Gefahr, ſondern die Rettung. Uebrigens hab' ich es kommen ſehen. Und wer iſt es denn?“ „Eine Couſine!“ „Natürlich. Retterin und Couſine ſind heut¬ zutage faſt identiſch. Und ich wette, daß ſie Paula heißt. Alle Couſinen heißen jetzt Paula.“ „Dieſe nicht.“ „Sondern?“ „Käthe.“ „Käthe? Ah, da weiß ich's. Käthe Sellenthin. Hm, nicht übel, glänzende Parthie. Der alte Sellen¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/88>, abgerufen am 23.11.2024.