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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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Mütterchen, daß es hier in Berlin einen berühmten
Dichter gegeben hat, der ein Gedicht auf seine alte
Waschfrau gemacht hat?"

"Is es möglich?"

"Freilich ist es möglich. Es ist sogar gewiß.
Und wissen Sie, was er zum Schluß gesagt hat?
Da hat er gesagt, er möchte so leben und sterben
wie die alte Waschfrau. Ja, das hat er gesagt."

"Is es möglich?" simperte die Alte noch einmal
vor sich hin.

"Und wissen Sie, Mutterchen, um auch das nicht
zu vergessen, daß er ganz Recht gehabt hat und
daß ich ganz dasselbe sage? Ja, Sie lachen so vor
sich hin. Aber sehen Sie sich mal um hier, wie
leben Sie? Wie Gott in Frankreich. Erst haben
Sie das Haus und diesen Herd und dann den
Garten und dann Frau Dörr. Und dann haben
Sie die Lene. Nicht wahr? Aber wo steckt sie nur?"

Er wollte noch weiter sprechen, aber im selben
Augenblicke kam Lene mit einem Kaffeebrett zurück,
auf dem eine Karaffe mit Wasser sammt Apfelwein
stand, Apfelwein, für den der Baron, weil er ihm
wunderbare Heilkraft zuschrieb, eine sonst schwer
begreifliche Vorliebe hatte.

"Ach Lene, wie Du mich verwöhnst. Aber Du
darfst es mir nicht so feierlich präsentiren, das ist
ja wie wenn ich im Klub wäre. Du mußt es mir

Mütterchen, daß es hier in Berlin einen berühmten
Dichter gegeben hat, der ein Gedicht auf ſeine alte
Waſchfrau gemacht hat?“

„Is es möglich?“

„Freilich iſt es möglich. Es iſt ſogar gewiß.
Und wiſſen Sie, was er zum Schluß geſagt hat?
Da hat er geſagt, er möchte ſo leben und ſterben
wie die alte Waſchfrau. Ja, das hat er geſagt.“

„Is es möglich?“ ſimperte die Alte noch einmal
vor ſich hin.

„Und wiſſen Sie, Mutterchen, um auch das nicht
zu vergeſſen, daß er ganz Recht gehabt hat und
daß ich ganz daſſelbe ſage? Ja, Sie lachen ſo vor
ſich hin. Aber ſehen Sie ſich mal um hier, wie
leben Sie? Wie Gott in Frankreich. Erſt haben
Sie das Haus und dieſen Herd und dann den
Garten und dann Frau Dörr. Und dann haben
Sie die Lene. Nicht wahr? Aber wo ſteckt ſie nur?“

Er wollte noch weiter ſprechen, aber im ſelben
Augenblicke kam Lene mit einem Kaffeebrett zurück,
auf dem eine Karaffe mit Waſſer ſammt Apfelwein
ſtand, Apfelwein, für den der Baron, weil er ihm
wunderbare Heilkraft zuſchrieb, eine ſonſt ſchwer
begreifliche Vorliebe hatte.

„Ach Lene, wie Du mich verwöhnſt. Aber Du
darfſt es mir nicht ſo feierlich präſentiren, das iſt
ja wie wenn ich im Klub wäre. Du mußt es mir

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[31/0041] Mütterchen, daß es hier in Berlin einen berühmten Dichter gegeben hat, der ein Gedicht auf ſeine alte Waſchfrau gemacht hat?“ „Is es möglich?“ „Freilich iſt es möglich. Es iſt ſogar gewiß. Und wiſſen Sie, was er zum Schluß geſagt hat? Da hat er geſagt, er möchte ſo leben und ſterben wie die alte Waſchfrau. Ja, das hat er geſagt.“ „Is es möglich?“ ſimperte die Alte noch einmal vor ſich hin. „Und wiſſen Sie, Mutterchen, um auch das nicht zu vergeſſen, daß er ganz Recht gehabt hat und daß ich ganz daſſelbe ſage? Ja, Sie lachen ſo vor ſich hin. Aber ſehen Sie ſich mal um hier, wie leben Sie? Wie Gott in Frankreich. Erſt haben Sie das Haus und dieſen Herd und dann den Garten und dann Frau Dörr. Und dann haben Sie die Lene. Nicht wahr? Aber wo ſteckt ſie nur?“ Er wollte noch weiter ſprechen, aber im ſelben Augenblicke kam Lene mit einem Kaffeebrett zurück, auf dem eine Karaffe mit Waſſer ſammt Apfelwein ſtand, Apfelwein, für den der Baron, weil er ihm wunderbare Heilkraft zuſchrieb, eine ſonſt ſchwer begreifliche Vorliebe hatte. „Ach Lene, wie Du mich verwöhnſt. Aber Du darfſt es mir nicht ſo feierlich präſentiren, das iſt ja wie wenn ich im Klub wäre. Du mußt es mir

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/41>, abgerufen am 23.11.2024.