so zärtlich wäre. Du glaubst es nich, immer is er da. Un nu sieh ihn Dir an. Es is doch eigent¬ lich man ein Jammer mit ihm un dabei richtige 56 un vielleicht is es noch ein Jahr mehr. Denn lügen thut er auch, wenn's ihm gerade paßt. Un da hilft auch nichts, gar nichts. Ich erzähl' ihm immer von Schlag und Schlag und zeig' ihm welche, die so humpeln und einen schiefen Mund haben, aber er lacht blos immer und glaubt es nich. Es kommt aber doch so. Ja, Leneken, ich glaub' es ganz gewiß, daß es so kommt. Und vielleicht balde. Na, verschrieben hat er mir alles un so sag' ich weiter nichts. Wie einer sich legt, so liegt er. Aber was reden wir von Schlag und Dörr un daß er blos O-Beine hat. Jott, mein Lenechen, da giebt es ganz andere Leute, die sind so grade ge¬ wachsen wie 'ne Tanne. Nich wahr. Lene?"
Lene wurde hierbei noch röther, als sie schon war, und sagte: "Der Bolzen ist kalt geworden." Und vom Plättbrett zurücktretend, ging sie bis an den eisernen Ofen und schüttete den Bolzen in die Kohlen zurück, um einen neuen heraus zu nehmen. Alles war das Werk eines Augenblicks. Und nun ließ sie mit einem geschickten Ruck den neuen glühenden Bolzen vom Feuerhaken in das Plätt¬ eisen niedergleiten, klappte das Thürchen wieder ein und sah nun erst, daß Frau Dörr noch immer auf
ſo zärtlich wäre. Du glaubſt es nich, immer is er da. Un nu ſieh ihn Dir an. Es is doch eigent¬ lich man ein Jammer mit ihm un dabei richtige 56 un vielleicht is es noch ein Jahr mehr. Denn lügen thut er auch, wenn's ihm gerade paßt. Un da hilft auch nichts, gar nichts. Ich erzähl' ihm immer von Schlag und Schlag und zeig' ihm welche, die ſo humpeln und einen ſchiefen Mund haben, aber er lacht blos immer und glaubt es nich. Es kommt aber doch ſo. Ja, Leneken, ich glaub' es ganz gewiß, daß es ſo kommt. Und vielleicht balde. Na, verſchrieben hat er mir alles un ſo ſag' ich weiter nichts. Wie einer ſich legt, ſo liegt er. Aber was reden wir von Schlag und Dörr un daß er blos O-Beine hat. Jott, mein Lenechen, da giebt es ganz andere Leute, die ſind ſo grade ge¬ wachſen wie 'ne Tanne. Nich wahr. Lene?“
Lene wurde hierbei noch röther, als ſie ſchon war, und ſagte: „Der Bolzen iſt kalt geworden.“ Und vom Plättbrett zurücktretend, ging ſie bis an den eiſernen Ofen und ſchüttete den Bolzen in die Kohlen zurück, um einen neuen heraus zu nehmen. Alles war das Werk eines Augenblicks. Und nun ließ ſie mit einem geſchickten Ruck den neuen glühenden Bolzen vom Feuerhaken in das Plätt¬ eiſen niedergleiten, klappte das Thürchen wieder ein und ſah nun erſt, daß Frau Dörr noch immer auf
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0030"n="20"/>ſo zärtlich wäre. Du glaubſt es nich, immer is er<lb/>
da. Un nu ſieh ihn Dir an. Es is doch eigent¬<lb/>
lich man ein Jammer mit ihm un dabei richtige 56<lb/>
un vielleicht is es noch ein Jahr mehr. Denn<lb/>
lügen thut er auch, wenn's ihm gerade paßt. Un<lb/>
da hilft auch nichts, gar nichts. Ich erzähl' ihm<lb/>
immer von Schlag und Schlag und zeig' ihm welche,<lb/>
die ſo humpeln und einen ſchiefen Mund haben,<lb/>
aber er lacht blos immer und glaubt es nich. Es<lb/>
kommt aber doch ſo. Ja, Leneken, ich glaub' es<lb/>
ganz gewiß, daß es ſo kommt. Und vielleicht balde.<lb/>
Na, verſchrieben hat er mir alles un ſo ſag' ich<lb/>
weiter nichts. Wie einer ſich legt, ſo liegt er.<lb/>
Aber was reden wir von Schlag und Dörr un daß<lb/>
er blos O-Beine hat. Jott, mein Lenechen, da<lb/>
giebt es ganz andere Leute, die ſind ſo grade ge¬<lb/>
wachſen wie 'ne Tanne. Nich wahr. Lene?“</p><lb/><p>Lene wurde hierbei noch röther, als ſie ſchon<lb/>
war, und ſagte: „Der Bolzen iſt kalt geworden.“<lb/>
Und vom Plättbrett zurücktretend, ging ſie bis an<lb/>
den eiſernen Ofen und ſchüttete den Bolzen in die<lb/>
Kohlen zurück, um einen neuen heraus zu nehmen.<lb/>
Alles war das Werk eines Augenblicks. Und nun<lb/>
ließ ſie mit einem geſchickten Ruck den neuen<lb/>
glühenden Bolzen vom Feuerhaken in das Plätt¬<lb/>
eiſen niedergleiten, klappte das Thürchen wieder ein<lb/>
und ſah nun erſt, daß Frau Dörr noch immer auf<lb/></p></div></body></text></TEI>
[20/0030]
ſo zärtlich wäre. Du glaubſt es nich, immer is er
da. Un nu ſieh ihn Dir an. Es is doch eigent¬
lich man ein Jammer mit ihm un dabei richtige 56
un vielleicht is es noch ein Jahr mehr. Denn
lügen thut er auch, wenn's ihm gerade paßt. Un
da hilft auch nichts, gar nichts. Ich erzähl' ihm
immer von Schlag und Schlag und zeig' ihm welche,
die ſo humpeln und einen ſchiefen Mund haben,
aber er lacht blos immer und glaubt es nich. Es
kommt aber doch ſo. Ja, Leneken, ich glaub' es
ganz gewiß, daß es ſo kommt. Und vielleicht balde.
Na, verſchrieben hat er mir alles un ſo ſag' ich
weiter nichts. Wie einer ſich legt, ſo liegt er.
Aber was reden wir von Schlag und Dörr un daß
er blos O-Beine hat. Jott, mein Lenechen, da
giebt es ganz andere Leute, die ſind ſo grade ge¬
wachſen wie 'ne Tanne. Nich wahr. Lene?“
Lene wurde hierbei noch röther, als ſie ſchon
war, und ſagte: „Der Bolzen iſt kalt geworden.“
Und vom Plättbrett zurücktretend, ging ſie bis an
den eiſernen Ofen und ſchüttete den Bolzen in die
Kohlen zurück, um einen neuen heraus zu nehmen.
Alles war das Werk eines Augenblicks. Und nun
ließ ſie mit einem geſchickten Ruck den neuen
glühenden Bolzen vom Feuerhaken in das Plätt¬
eiſen niedergleiten, klappte das Thürchen wieder ein
und ſah nun erſt, daß Frau Dörr noch immer auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/30>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.