Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

aus Eitelkeit, denn ein glatter egaler Teint sei doch
eigentlich das Beste, was' man haben könne. Und
dabei sah er mich so an, daß ich nicht gleich eine
Antwort finden konnte. Ach, Ihr Männer! Aber
das ist doch wahr, ich hatte von Anfang an ein
rechtes Attachement für ihn und nahm nicht Anstoß
an seiner Redeweise, die sich mitunter in langen
Ausführungen, aber doch viel, viel lieber noch in
einem beständigen Hin und Her erging. Einer
seiner Lieblingssätze war: "Ich kann es nicht leiden,
wenn ein einziges Gericht eine Stunde lang auf
dem Tische steht; nur nicht immer dasselbe, mir ist
es angenehmer, wenn die Gänge rasch wechseln."
Und so sprang er immer vom Hundertsten ins
Tausendste.

"Nun, da müßt' ihr euch freilich gefunden
haben." lachte Botho.

"Haben wir auch. Und wir wollen uns Briefe
schreiben, ganz in dem Stil, wie wir mit einander
gesprochen; das haben wir beim Abschied gleich
ausgemacht. Unsere Herren, auch Deine Freunde,
sind immer so gründlich. Und Du bist der gründ¬
lichste, was mich mitunter recht bedrückt und unge¬
duldig macht. Und Du mußt mir versprechen, auch
so zu sein, wie Mr. Armstrong und ein bischen
mehr einfach und harmlos plaudern zu wollen und
ein bischen rascher und nicht immer dasselbe Thema."

aus Eitelkeit, denn ein glatter egaler Teint ſei doch
eigentlich das Beſte, was' man haben könne. Und
dabei ſah er mich ſo an, daß ich nicht gleich eine
Antwort finden konnte. Ach, Ihr Männer! Aber
das iſt doch wahr, ich hatte von Anfang an ein
rechtes Attachement für ihn und nahm nicht Anſtoß
an ſeiner Redeweiſe, die ſich mitunter in langen
Ausführungen, aber doch viel, viel lieber noch in
einem beſtändigen Hin und Her erging. Einer
ſeiner Lieblingsſätze war: „Ich kann es nicht leiden,
wenn ein einziges Gericht eine Stunde lang auf
dem Tiſche ſteht; nur nicht immer dasſelbe, mir iſt
es angenehmer, wenn die Gänge raſch wechſeln.“
Und ſo ſprang er immer vom Hundertſten ins
Tauſendſte.

„Nun, da müßt' ihr euch freilich gefunden
haben.“ lachte Botho.

„Haben wir auch. Und wir wollen uns Briefe
ſchreiben, ganz in dem Stil, wie wir mit einander
geſprochen; das haben wir beim Abſchied gleich
ausgemacht. Unſere Herren, auch Deine Freunde,
ſind immer ſo gründlich. Und Du biſt der gründ¬
lichſte, was mich mitunter recht bedrückt und unge¬
duldig macht. Und Du mußt mir verſprechen, auch
ſo zu ſein, wie Mr. Armſtrong und ein bischen
mehr einfach und harmlos plaudern zu wollen und
ein bischen raſcher und nicht immer dasſelbe Thema.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0284" n="274"/>
aus Eitelkeit, denn ein glatter egaler Teint &#x017F;ei doch<lb/>
eigentlich das Be&#x017F;te, was' man haben könne. Und<lb/>
dabei &#x017F;ah er mich &#x017F;o an, daß ich nicht gleich eine<lb/>
Antwort finden konnte. Ach, Ihr Männer! Aber<lb/>
das i&#x017F;t doch wahr, ich hatte von Anfang an ein<lb/>
rechtes Attachement für ihn und nahm nicht An&#x017F;toß<lb/>
an &#x017F;einer Redewei&#x017F;e, die &#x017F;ich mitunter in langen<lb/>
Ausführungen, aber doch viel, viel lieber noch in<lb/>
einem be&#x017F;tändigen Hin und Her erging. Einer<lb/>
&#x017F;einer Lieblings&#x017F;ätze war: &#x201E;Ich kann es nicht leiden,<lb/>
wenn ein einziges Gericht eine Stunde lang auf<lb/>
dem Ti&#x017F;che &#x017F;teht; nur nicht immer das&#x017F;elbe, mir i&#x017F;t<lb/>
es angenehmer, wenn die Gänge ra&#x017F;ch wech&#x017F;eln.&#x201C;<lb/>
Und &#x017F;o &#x017F;prang er immer vom Hundert&#x017F;ten ins<lb/>
Tau&#x017F;end&#x017F;te.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun, da müßt' ihr euch freilich gefunden<lb/>
haben.&#x201C; lachte Botho.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Haben wir auch. Und wir wollen uns Briefe<lb/>
&#x017F;chreiben, ganz in dem Stil, wie wir mit einander<lb/>
ge&#x017F;prochen; das haben wir beim Ab&#x017F;chied gleich<lb/>
ausgemacht. Un&#x017F;ere Herren, auch Deine Freunde,<lb/>
&#x017F;ind immer &#x017F;o gründlich. Und Du bi&#x017F;t der gründ¬<lb/>
lich&#x017F;te, was mich mitunter recht bedrückt und unge¬<lb/>
duldig macht. Und Du mußt mir ver&#x017F;prechen, auch<lb/>
&#x017F;o zu &#x017F;ein, wie Mr. Arm&#x017F;trong und ein bischen<lb/>
mehr einfach und harmlos plaudern zu wollen und<lb/>
ein bischen ra&#x017F;cher und nicht immer das&#x017F;elbe Thema.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0284] aus Eitelkeit, denn ein glatter egaler Teint ſei doch eigentlich das Beſte, was' man haben könne. Und dabei ſah er mich ſo an, daß ich nicht gleich eine Antwort finden konnte. Ach, Ihr Männer! Aber das iſt doch wahr, ich hatte von Anfang an ein rechtes Attachement für ihn und nahm nicht Anſtoß an ſeiner Redeweiſe, die ſich mitunter in langen Ausführungen, aber doch viel, viel lieber noch in einem beſtändigen Hin und Her erging. Einer ſeiner Lieblingsſätze war: „Ich kann es nicht leiden, wenn ein einziges Gericht eine Stunde lang auf dem Tiſche ſteht; nur nicht immer dasſelbe, mir iſt es angenehmer, wenn die Gänge raſch wechſeln.“ Und ſo ſprang er immer vom Hundertſten ins Tauſendſte. „Nun, da müßt' ihr euch freilich gefunden haben.“ lachte Botho. „Haben wir auch. Und wir wollen uns Briefe ſchreiben, ganz in dem Stil, wie wir mit einander geſprochen; das haben wir beim Abſchied gleich ausgemacht. Unſere Herren, auch Deine Freunde, ſind immer ſo gründlich. Und Du biſt der gründ¬ lichſte, was mich mitunter recht bedrückt und unge¬ duldig macht. Und Du mußt mir verſprechen, auch ſo zu ſein, wie Mr. Armſtrong und ein bischen mehr einfach und harmlos plaudern zu wollen und ein bischen raſcher und nicht immer dasſelbe Thema.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/284
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/284>, abgerufen am 24.11.2024.