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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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geschickt worden, um mich zu verändern, wenigstens
nicht in meinem Charakter und meiner Unterhaltung.
Und ob ich mich sonst verändert habe? Nun, cher
ami, nous verrons
."

"Matrone?"

Sie hielt ihm den Finger auf den Mund und
schlug den Reiseschleier wieder zurück, der ihr halb
über das Gesicht gefallen war, gleich danach aber
passirten sie den Potsdamer Bahnviadukt, über dessen
Eisengebälk eben ein Courierzug hinbrauste. Das
gab ein Zittern und Donnern zugleich und als sie
die Brücke hinter sich hatten, sagte sie: "Mir ist es
immer unangenehm gerade drunter zu sein."

"Aber die drüber haben es nicht besser."

"Vielleicht nicht. Aber es liegt in der Vorstellung.
Vorstellungen sind überhaupt so mächtig. Meinst
Du nicht auch?" Und sie seufzte, wie wenn sich ihr
plötzlich etwas Schreckliches und tief in ihr Leben
Eingreifendes vor die Seele gestellt hätte. Dann
aber fuhr sie fort: "In England, so sagte mir Mr.
Armstrong, eine Badebekanntschaft, von der ich Dir
noch ausführlicher erzählen muß, übrigens mit einer
Alvensleben verheirathet, in England, sagte er,
würden die Todten 15 Fuß tief begraben. Nun
15 Fuß tief ist nicht schlimmer als 5, aber ich fühlte
ordentlich, während er mir's erzählte, wie sich mir
der clay, das ist nämlich das richtige englische Wort,

geſchickt worden, um mich zu verändern, wenigſtens
nicht in meinem Charakter und meiner Unterhaltung.
Und ob ich mich ſonſt verändert habe? Nun, cher
ami, nous verrons
.“

„Matrone?“

Sie hielt ihm den Finger auf den Mund und
ſchlug den Reiſeſchleier wieder zurück, der ihr halb
über das Geſicht gefallen war, gleich danach aber
paſſirten ſie den Potsdamer Bahnviadukt, über deſſen
Eiſengebälk eben ein Courierzug hinbrauſte. Das
gab ein Zittern und Donnern zugleich und als ſie
die Brücke hinter ſich hatten, ſagte ſie: „Mir iſt es
immer unangenehm gerade drunter zu ſein.“

„Aber die drüber haben es nicht beſſer.“

„Vielleicht nicht. Aber es liegt in der Vorſtellung.
Vorſtellungen ſind überhaupt ſo mächtig. Meinſt
Du nicht auch?“ Und ſie ſeufzte, wie wenn ſich ihr
plötzlich etwas Schreckliches und tief in ihr Leben
Eingreifendes vor die Seele geſtellt hätte. Dann
aber fuhr ſie fort: „In England, ſo ſagte mir Mr.
Armſtrong, eine Badebekanntſchaft, von der ich Dir
noch ausführlicher erzählen muß, übrigens mit einer
Alvensleben verheirathet, in England, ſagte er,
würden die Todten 15 Fuß tief begraben. Nun
15 Fuß tief iſt nicht ſchlimmer als 5, aber ich fühlte
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[266/0276] geſchickt worden, um mich zu verändern, wenigſtens nicht in meinem Charakter und meiner Unterhaltung. Und ob ich mich ſonſt verändert habe? Nun, cher ami, nous verrons.“ „Matrone?“ Sie hielt ihm den Finger auf den Mund und ſchlug den Reiſeſchleier wieder zurück, der ihr halb über das Geſicht gefallen war, gleich danach aber paſſirten ſie den Potsdamer Bahnviadukt, über deſſen Eiſengebälk eben ein Courierzug hinbrauſte. Das gab ein Zittern und Donnern zugleich und als ſie die Brücke hinter ſich hatten, ſagte ſie: „Mir iſt es immer unangenehm gerade drunter zu ſein.“ „Aber die drüber haben es nicht beſſer.“ „Vielleicht nicht. Aber es liegt in der Vorſtellung. Vorſtellungen ſind überhaupt ſo mächtig. Meinſt Du nicht auch?“ Und ſie ſeufzte, wie wenn ſich ihr plötzlich etwas Schreckliches und tief in ihr Leben Eingreifendes vor die Seele geſtellt hätte. Dann aber fuhr ſie fort: „In England, ſo ſagte mir Mr. Armſtrong, eine Badebekanntſchaft, von der ich Dir noch ausführlicher erzählen muß, übrigens mit einer Alvensleben verheirathet, in England, ſagte er, würden die Todten 15 Fuß tief begraben. Nun 15 Fuß tief iſt nicht ſchlimmer als 5, aber ich fühlte ordentlich, während er mir's erzählte, wie ſich mir der clay, das iſt nämlich das richtige engliſche Wort,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/276>, abgerufen am 24.11.2024.