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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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Un er war so was wie Klempner oder Schlosser
oder Maschinenarbeiter, aber als er sah, daß es nich
ging, wurd er Doktor und zog 'rum mit lauter
kleine Flaschen und soll auch gepredigt haben. Un
weil er so gut predigte, wurd' er angestellt bei. . .
Ja, nun hab' ich es wieder vergessen. Aber es
sollen lauter sehr fromme Leute sein und auch sehr
anständige."

"Herr Du meine Güte,"sagte Frau Dörr."Er
wird doch nich. . . Jott, wie heißen sie doch, die so
viele Frauen haben, immer gleich sechs oder sieben
und manche noch mehre. . . Ich weiß nich was sie
mit so viele machen."

Es war ein Thema, wie geschaffen für Frau
Dörr. Aber die Nimptsch beruhigte die Freundin
und sagte: "Nein, liebe Dörr, es is doch anders.
Ich hab' erst auch so was gedacht, aber da hat er
gelacht und gesagt: "I bewahre, Frau Nimptsch.
Ich bin Junggesell. Und wenn ich mich verheirathe,
da denk' ich mir, eine ist grade genug."

"Na, da fällt mir ein Stein vom Herzen," sagte
die Dörr. "Und wie kam es denn nachher?" Ich
meine drüben in Amerika."

"Nu, nachher kam es ganz gut und dauerte gar
nich lange, so war ihm geholfen. Denn was die
Frommen sind, die helfen sich immer untereinander.
Und hatte wieder Kundschaft gekriegt und auch sein

Fontane, Irrungen. 13

Un er war ſo was wie Klempner oder Schloſſer
oder Maſchinenarbeiter, aber als er ſah, daß es nich
ging, wurd er Doktor und zog ’rum mit lauter
kleine Flaſchen und ſoll auch gepredigt haben. Un
weil er ſo gut predigte, wurd' er angeſtellt bei. . .
Ja, nun hab' ich es wieder vergeſſen. Aber es
ſollen lauter ſehr fromme Leute ſein und auch ſehr
anſtändige.“

„Herr Du meine Güte,“ſagte Frau Dörr.„Er
wird doch nich. . . Jott, wie heißen ſie doch, die ſo
viele Frauen haben, immer gleich ſechs oder ſieben
und manche noch mehre. . . Ich weiß nich was ſie
mit ſo viele machen.“

Es war ein Thema, wie geſchaffen für Frau
Dörr. Aber die Nimptſch beruhigte die Freundin
und ſagte: „Nein, liebe Dörr, es is doch anders.
Ich hab' erſt auch ſo was gedacht, aber da hat er
gelacht und geſagt: „I bewahre, Frau Nimptſch.
Ich bin Junggeſell. Und wenn ich mich verheirathe,
da denk' ich mir, eine iſt grade genug.“

„Na, da fällt mir ein Stein vom Herzen,“ ſagte
die Dörr. „Und wie kam es denn nachher?“ Ich
meine drüben in Amerika.“

„Nu, nachher kam es ganz gut und dauerte gar
nich lange, ſo war ihm geholfen. Denn was die
Frommen ſind, die helfen ſich immer untereinander.
Und hatte wieder Kundſchaft gekriegt und auch ſein

Fontane, Irrungen. 13
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[193/0203] Un er war ſo was wie Klempner oder Schloſſer oder Maſchinenarbeiter, aber als er ſah, daß es nich ging, wurd er Doktor und zog ’rum mit lauter kleine Flaſchen und ſoll auch gepredigt haben. Un weil er ſo gut predigte, wurd' er angeſtellt bei. . . Ja, nun hab' ich es wieder vergeſſen. Aber es ſollen lauter ſehr fromme Leute ſein und auch ſehr anſtändige.“ „Herr Du meine Güte,“ſagte Frau Dörr.„Er wird doch nich. . . Jott, wie heißen ſie doch, die ſo viele Frauen haben, immer gleich ſechs oder ſieben und manche noch mehre. . . Ich weiß nich was ſie mit ſo viele machen.“ Es war ein Thema, wie geſchaffen für Frau Dörr. Aber die Nimptſch beruhigte die Freundin und ſagte: „Nein, liebe Dörr, es is doch anders. Ich hab' erſt auch ſo was gedacht, aber da hat er gelacht und geſagt: „I bewahre, Frau Nimptſch. Ich bin Junggeſell. Und wenn ich mich verheirathe, da denk' ich mir, eine iſt grade genug.“ „Na, da fällt mir ein Stein vom Herzen,“ ſagte die Dörr. „Und wie kam es denn nachher?“ Ich meine drüben in Amerika.“ „Nu, nachher kam es ganz gut und dauerte gar nich lange, ſo war ihm geholfen. Denn was die Frommen ſind, die helfen ſich immer untereinander. Und hatte wieder Kundſchaft gekriegt und auch ſein Fontane, Irrungen. 13

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/203>, abgerufen am 24.11.2024.