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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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und um so herzlicher, als sie sich, ebenso wie die
Nimptsch, seit dem Umzuge sichtlich erholt hatte.
Das Einrichten, Anschaffen und Instandsetzen hatte
sie, wie sich denken läßt, von Anfang an von ihren
Betrachtungen abgezogen und was noch wichtiger
und für ihre Gesundheit und Erholung erst recht
von Vortheil gewesen war, war das, daß sie nun
keine Furcht mehr vor einer Begegnung mit Botho
zu haben brauchte. Wer kam nach dem Luisen-Ufer?
Botho gewiß nicht. All das vereinigte sich, sie ver¬
gleichsweise wieder frisch und munter erscheinen zu
lassen, und nur Eines war geblieben, das auch
äußerlich an zurückliegende Kämpfe gemahnte: mitten
durch ihr Scheitelhaar zog sich eine weiße Strähne.
Mutter Nimptsch hatte kein Auge dafür oder machte
nicht viel davon, die Dörr aber, die nach ihrer
Art mit der Mode ging und vor allem ungemein
stolz auf ihren ächten Zopf war, sah die weiße
Strähne gleich und sagte zu Lene: "Jott, Lene. Un
grade links. Aber natürlich . . . da sitzt ja . . .
links muß es ja sein."

Es war bald nach dem Umzuge, daß dies Ge¬
spräch geführt wurde. Sonst geschah im Allgemeinen
weder Botho's noch der alten Zeiten Erwähnung,
was einfach darin seinen Grund hatte, daß Lene,
wenn die Plauderei speziell diesem Thema sich zu¬
wandte, jedesmal rasch abbrach oder auch wohl aus

und um ſo herzlicher, als ſie ſich, ebenſo wie die
Nimptſch, ſeit dem Umzuge ſichtlich erholt hatte.
Das Einrichten, Anſchaffen und Inſtandſetzen hatte
ſie, wie ſich denken läßt, von Anfang an von ihren
Betrachtungen abgezogen und was noch wichtiger
und für ihre Geſundheit und Erholung erſt recht
von Vortheil geweſen war, war das, daß ſie nun
keine Furcht mehr vor einer Begegnung mit Botho
zu haben brauchte. Wer kam nach dem Luiſen-Ufer?
Botho gewiß nicht. All das vereinigte ſich, ſie ver¬
gleichsweiſe wieder friſch und munter erſcheinen zu
laſſen, und nur Eines war geblieben, das auch
äußerlich an zurückliegende Kämpfe gemahnte: mitten
durch ihr Scheitelhaar zog ſich eine weiße Strähne.
Mutter Nimptſch hatte kein Auge dafür oder machte
nicht viel davon, die Dörr aber, die nach ihrer
Art mit der Mode ging und vor allem ungemein
ſtolz auf ihren ächten Zopf war, ſah die weiße
Strähne gleich und ſagte zu Lene: „Jott, Lene. Un
grade links. Aber natürlich . . . da ſitzt ja . . .
links muß es ja ſein.“

Es war bald nach dem Umzuge, daß dies Ge¬
ſpräch geführt wurde. Sonſt geſchah im Allgemeinen
weder Botho's noch der alten Zeiten Erwähnung,
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[190/0200] und um ſo herzlicher, als ſie ſich, ebenſo wie die Nimptſch, ſeit dem Umzuge ſichtlich erholt hatte. Das Einrichten, Anſchaffen und Inſtandſetzen hatte ſie, wie ſich denken läßt, von Anfang an von ihren Betrachtungen abgezogen und was noch wichtiger und für ihre Geſundheit und Erholung erſt recht von Vortheil geweſen war, war das, daß ſie nun keine Furcht mehr vor einer Begegnung mit Botho zu haben brauchte. Wer kam nach dem Luiſen-Ufer? Botho gewiß nicht. All das vereinigte ſich, ſie ver¬ gleichsweiſe wieder friſch und munter erſcheinen zu laſſen, und nur Eines war geblieben, das auch äußerlich an zurückliegende Kämpfe gemahnte: mitten durch ihr Scheitelhaar zog ſich eine weiße Strähne. Mutter Nimptſch hatte kein Auge dafür oder machte nicht viel davon, die Dörr aber, die nach ihrer Art mit der Mode ging und vor allem ungemein ſtolz auf ihren ächten Zopf war, ſah die weiße Strähne gleich und ſagte zu Lene: „Jott, Lene. Un grade links. Aber natürlich . . . da ſitzt ja . . . links muß es ja ſein.“ Es war bald nach dem Umzuge, daß dies Ge¬ ſpräch geführt wurde. Sonſt geſchah im Allgemeinen weder Botho's noch der alten Zeiten Erwähnung, was einfach darin ſeinen Grund hatte, daß Lene, wenn die Plauderei ſpeziell dieſem Thema ſich zu¬ wandte, jedesmal raſch abbrach oder auch wohl aus

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/200>, abgerufen am 27.11.2024.